Sieh, so ist Tod im Leben. Beides läuftso durcheinander, wie in einem Teppichdie Fäden laufen; und daraus entstehtfür einen, der vorübergeht, ein Bild.Wenn jemand stirbt, das nicht allein ist Tod.Tod ist, wenn einer lebt und es nicht weiß.Tod ist, wenn einer gar nicht sterben kann.Vieles ist Tod; man kann es nicht begraben.In uns ist täglich Sterben und Geburt,und wir sind rücksichtslos wie die Natur,die über beidem dauert, trauerlosund ohne Anteil. Leid und Freude sindnur Farben für den Fremden, der uns schaut.Darum bedeutet es für uns so viel,den Schauenden zu finden, ihn, der sieht,der uns zusammenfaßt in seinem Schauenund einfach sagt: ich sehe das und das,wo andere nur raten oder lügen.
Alldieweil Lieb bei Lieb ist,weiß Lieb nicht wie lieb Lieb ist;wenn aber Lieb von Lieb scheidet, weiß lieb Lieb wohl,was lieb Lieb war.
Uns überfüllts. Wir ordnens. Es zerfällt. Wir ordnens wieder und zerfallen selbst. Wer hat uns also umgedreht, daß wir, was wir auch tun, in jener Haltung sind von einem, welcher fortgeht? Wie er auf dem letzten Hügel, der ihm ganz sein Tal noch einmal zeigt, sich wendet, anhält, weilt –, so leben wir und nehmen immer Abschied.
Ob auch die Stunden uns wieder entfernen ...wir sind immer zusammen im Traum,wie unter einem aufblühendem Baum.Wir werden die Worte, die laut sind, verlernenund von uns reden wie Sterne von Sternen.Alle lauten Worte verlernen,wie unter einem aufblühenden Baum.
Das Märchen von der Wolke Der Tag ging aus mit mildem Tone,so wie ein Hammerschlag verklang.Wie eine gelbe Goldmelonelag groß der Mond im Kraut am Hang. Ein Wölkchen wollte davon naschen,und es gelang ihm, ein paar Zolldes hellen Rundes zu erhaschen,rasch kaut es sich die Bäckchen voll. Es hielt sich lange auf der Flucht aufund sog sich ganz mit Lichte an; -da hob die Nacht die goldne Frucht auf:Schwarz ward die Wolke und zerrann.
Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt,wo nach stummen Gesetzensich die Gassen mit Gassen vernetzenund sich Plätze fügen zu Plätzen,und die bald an die tausend Türme hat.Aber die Häuser der schwarzen Stadt, –du weißt nicht, wer darin siedelt.In ihrer Gärten schweigendem Glanzreihen sich reigende Träume zum Tanz, –und du weißt nicht, wer ihnen fiedelt...
Es wäre gut viel nachzudenken, umvon so Verlornem etwas auszusagen,von jenen langen Kindheit-Nachmittagen,die so nie wiederkamen - und warum? Noch mahnt es uns - vielleicht in einem Regnen,aber wir wissen nicht mehr was das soll:nie wieder war das Leben von Begegnen,von Wiedersehn und Weitergehn so voll wie damals, da uns nichts geschah als nurwas einem Ding geschieht und einem Tiere:da lebten wir, wie Menschliches, das Ihreund wurden bis zum Rande voll Figur. Und wurden so vereinsamt wie ein Hirtund so mit großen Fernen überladenund wie von weit berufen und berührtund langsam wie ein langer neuer Fadenin jene Bilder-Folgen eingeführt,in welchen nun zu dauern uns verwirrt.
Da dich das geflügelte EntzückenÜber manchen frühen Abgrund trug,Baue jetzt der unerhörten BrückenKühn berechenbaren Bug.Wunder ist nicht nur im unerklärtenÜberstehen der Gefahr;Erst in einer klaren reingewährtenLeistung wird das Wunder wunderbar.Mitzuwirken, ist nicht ÜberhebungAn dem unbeschreiblichen Bezug,Immer inniger wird die Verwebung,Nur Getragensein ist nicht genug.
Wieder duftet der Wald. Es heben die schwebenden Lerchen mit sich den Himmel empor, der unseren Schultern schwer war; zwar sah man noch durch die Äste den Tag, wie er leer war, – aber nach langen, regnenden Nachmittagen kommen die goldübersonnten neueren Stunden, vor denen flüchtend an fernen Häuserfronten alle die wunden Fenster furchtsam mit Flügeln schlagen. Dann wird es still. Sogar der Regen geht leiser über der Steine ruhig dunkelnden Glanz. Alle Geräusche ducken sich ganz in die glänzenden Knospen der Reiser.
Denn das verstandest du: Die vollen Früchte.Die legtest du auf Schalen vor dich hinUnd wogst ihre Schwere auf.und sahst dich selbst zuletzt als Frucht,Nahmst dich heraus aus deinen Kleidern, trugstDich vor den Spiegel, ließest dich hineinBis auf dein Schauen; das blieb groß davorUnd sagte nicht: Das bin ich: nein: Dies ist.So ohne Neugier war zuletzt dein SchauenUnd so besitzlos, von so wahrer Anmut,Daß es dich selbst nicht mehr begehrte: Heilig´