Alldieweil Lieb bei Lieb ist,weiß Lieb nicht wie lieb Lieb ist;wenn aber Lieb von Lieb scheidet, weiß lieb Lieb wohl,was lieb Lieb war.
Sieh, so ist Tod im Leben. Beides läuftso durcheinander, wie in einem Teppichdie Fäden laufen; und daraus entstehtfür einen, der vorübergeht, ein Bild.Wenn jemand stirbt, das nicht allein ist Tod.Tod ist, wenn einer lebt und es nicht weiß.Tod ist, wenn einer gar nicht sterben kann.Vieles ist Tod; man kann es nicht begraben.In uns ist täglich Sterben und Geburt,und wir sind rücksichtslos wie die Natur,die über beidem dauert, trauerlosund ohne Anteil. Leid und Freude sindnur Farben für den Fremden, der uns schaut.Darum bedeutet es für uns so viel,den Schauenden zu finden, ihn, der sieht,der uns zusammenfaßt in seinem Schauenund einfach sagt: ich sehe das und das,wo andere nur raten oder lügen.
Uns überfüllts. Wir ordnens. Es zerfällt. Wir ordnens wieder und zerfallen selbst. Wer hat uns also umgedreht, daß wir, was wir auch tun, in jener Haltung sind von einem, welcher fortgeht? Wie er auf dem letzten Hügel, der ihm ganz sein Tal noch einmal zeigt, sich wendet, anhält, weilt –, so leben wir und nehmen immer Abschied.
Traum ist Brokat, der vor dir niederfließt.Traum ist ein Baum, ein Glanz der geht, ein Laut –ein Fühlen, das in dir beginnt und schließt ist Traum;ein Tier das dir ins Auge schaut ist Traum;ein Engel, welcher dich genießt, ist Traum.Traum ist das Wort, das sanften Falles in dein Gefühlfällt wie ein Blütenblatt,das dir im Haar bleibt: licht, verwirrt und matt –,hebst du die Hände auf: auch dann kommt Traum,kommt in sie wie das Fallen eines Balles –;fast alles träumt –, du aber trägst das alles.
O Lächeln, erstes Lächeln, unser Lächeln.Wie war das Eines: Duft der Linden atmen,Parkstille hören –, plötzlich in einanderaufschaun und staunen bis heran ans Lächeln.In diesem Lächeln war ErinnerungAn einen Hasen, der da eben drübenIm Rasen spielte; dieses war die KindheitDes Lächelns. Ernster schon war ihm des SchwanesBewegung eingegeben, den wir späterDen Weiher teilen sahen in zwei HälftenLautlosen Abends. – Und der Wipfel RänderGegen den reinen, freien, ganz schon künftig nächtigen Himmel hatten diesem LächelnRänder gezogen gegen die entzückteZukunft im Antlitz.
Nur wer die Leier schon hobAuch unter Schatten,Darf das unendliche LobAhnend erstatten.Nur wer mit Toten vom MohnAß, von dem ihren,Wird nicht den leisesten TonWieder verlieren.Mag auch die Spieglung im TeichOft uns verschwimmen:Wisse das Bild.Erst in dem DoppelbereichWerden die StimmenEwig und mild.
Ob auch die Stunden uns wieder entfernen ...wir sind immer zusammen im Traum,wie unter einem aufblühendem Baum.Wir werden die Worte, die laut sind, verlernenund von uns reden wie Sterne von Sternen.Alle lauten Worte verlernen,wie unter einem aufblühenden Baum.
Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden,in welchen meine Sinne sich vertiefen;in ihnen hab ich, wie in alten Briefen,mein täglich Leben schon gelebt gefundenund wie Legende weit und überwunden.Aus ihnen kommt mir Wissen, daß ich Raumzu einem zweiten zeitlos breiten Leben habe.Und manchmal bin ich wie der Baum,der, reif und rauschend, über einem Grabeden Traum erfüllt, den der vergangne Knabe(um den sich seine warmen Wurzeln drängen)verlor in Traurigkeiten und Gesängen.
Ich war einmal so kinderkühl:da traf mich alles wie ein Bangen.Jetzt ist mir jede Angst vergangen,nur diese wärmt mir noch die Wangen: ich fürchte mich vor dem Gefühl.Es ist nicht mehr das Tal, darin ein Liedwie schützend seine lichten Schwingen breitet, –es ist ein Turm, der vor den Fluren flieht,bis meine Sehnsucht hoch vom Saume siehtund zitternd mit der fremden Stärke streitet,die sie so selig von den Zinnen zieht.
Gott, wie begreif ich deine Stunde,als du, daß sie im Raum sich runde,die Stimme vor dich hingestellt;dir war das Nichts wie eine Wunde,da kühltest du sie mit der Welt.Jetzt heilt es leise unter uns.Denn die Vergangenheiten trankendie vielen Fieber aus dem Kranken,w i r fühlen schon in sanftem Schwankenden ruhigen Puls des Hintergrunds.Wir liegen lindernd auf dem Nichtsund wir verhüllen alle Risse;du aber wächst ins Ungewisseim Schatten deines Angesichts.