Berühre ruhigBerühre ruhig mit dem Zauberstabedas Ungenaue, das du um mich scharst,und du wirst wieder wissen, wie du Knabeund in der Dinge Freundschaft warst.Berühre nochmals, und es wird sich zeigen,daß dich die Liebende empfing,weil aller Glanz, den Himmlische verschweigen,aus deinem Neigen in sie überging.Ein drittes Mal berühr, um zu erfahren,daß Macht sich giebt und sich entzieht,und nun sei rein in deinem Offenbarenund sage dienend, was geschieht.
Gerüchte gehen, die dich vermuten,und Zweifel gehen, die dich verwischen.Die Trägen und Träumerischenmißtrauen ihren eignen Glutenund wollen, daß die Berge bluten,denn eher glauben sie dich nicht.Du aber senkst dein Angesicht.Du könntest den Bergen die Adern aufschneidenals Zeichen eines großen Gerichts;aber dir liegt nichtsan den Heiden.Du willst nicht streiten mit allen Listenund nicht suchen die Liebe des Lichts;denn dir liegt nichtsan den Christen.Dir liegt an den Fragenden nichts.Sanften GesichtsSiehst du den Tragenden zu.
Und doch, obwohl ein jeder von sich strebt wie aus dem Kerker, der ihn haßt und hält, – es ist ein großes Wunder in der Welt: ich fühle: alles Leben wird gelebt. Wer lebt es denn? Sind das die Dinge, die wie eine ungespielte Melodie im Abend wie in einer Harfe stehn? Sind das die Winde, die von Wassern wehn, sind das die Zweige, die sich Zeichen geben, sind das die Blumen, die die Düfte weben, sind das die langen alternden Alleen? Sind das die warmen Tiere, welche gehn, sind das die Vögel, die sich fremd erheben? Wer lebt es denn? Lebst du es, Gott, – das Leben?
Alles ist eins(Einmal, am Rande des Hains)Einmal, am Rande des Hains,stehn wir einsam beisammenund sind festlich, wie Flammen -fühlen: Alles ist Eins. Halten uns fest umfaßt;werden im lauschenden Landedurch die weichen Gewandewachsen wie Ast an Ast.Wiegt ein erwachender Hauchdie Dolden des Oleanders:sieh, wir sind nicht mehr anders,und wir wiegen uns auch. Meine Seele spürt,daß wir am Tore tasten.Und sie fragt dich im Rasten:Hast Du mich hergeführt?Und du lächelst daraufso herrlich und heiterund: bald wandern wir weiter:Tore gehn auf. Und wir sind nicht mehr zag,unser Weg wird kein Weh sein,wird eine lange Allee seinaus dem vergangenen Tag.
Immer ist es Welt(aus: Die achte Elegie)Wir haben nie, nicht einen einzigen Tag,den reinen Raum vor uns, in den die Blumenunendlich aufgehn. Immer ist es Weltund niemals Nirgends ohne Nicht: das Reine,Unüberwachte, das man atmet undunendlich weiß und nicht begehrt.
Und sie schweigen, weil die Scheidewändeweggenommen sind aus ihrem Sinn,und die Stunden, da man sie verstände,heben an und gehen hin.Nächtens oft, wenn sie ans Fenster treten:plötzlich ist alles gut.Ihre Hände liegen im Konkreten,und das Herz ist hoch und könnte beten,und die Augen schauen ausgeruhtauf den unverhofften, oftenstelltenGarten im beruhigten Geviert,der im Widerschein der fremden Weltenweiterwächst und niemals sich verliert.
Bis wohin reicht mein Leben(Die Liebende)Das ist mein Fenster. Ebenbin ich so sanft erwacht.Ich dachte, ich würde schweben.Bis wohin reicht mein Leben,und wo beginnt die Nacht? Ich könnte meinen, alleswäre noch Ich ringsum;durchsichtig wie eines KristallesTiefe, verdunkelt, stumm. Ich könnte auch noch die Sternefassen in mir; so großscheint mir mein Herz; so gerneließ es ihn wieder los. den ich vielleicht zu lieben,vielleicht zu halten begann.Fremd, wie nie beschriebensieht mich mein Schicksal an. Was bin ich unter dieseUnendlichkeit gelegt,duftend wie eine Wiese,hin und her bewegt, rufend zugleich und bange,daß einer den Ruf vernimmt,und zum Untergangein einem Andern bestimmt.
Sie hindern mich nicht. Sie lassen mich gehn. Sie sagen es könne nichts geschehn. Wie gut. Es kann nichts geschehn. Alles kommt und kreist immerfort um den heiligen Geist, um den gewissen Geist (du weißt) –, wie gut. Nein man muss wirklich nicht meinen es sei irgend eine Gefahr dabei. Da ist freilich das Blut. Das Blut ist das Schwerste. Das Blut ist schwer. Manchmal glaub ich, ich kann nicht mehr –. (Wie gut.) Ah was ist das für ein schöner Ball rot und rund wie ein Überall. Gut, dass ihr ihn erschuft. Ob der wohl kommt wenn man ruft? Wie sich das alles seltsam benimmt, ineinandertreibt, auseinanderschwimmt: freundlich, ein wenig unbestimmt. Wie gut.
Aus unendlichen Sehnsüchten steigen endliche Taten wie schwache Fontänen, die sich zeitig und zitternd neigen. Aber, die sich uns sonst verschweigen, unsere fröhlichen Kräfte – zeigen sich in diesen tanzenden Tränen.
Vorüber die Flut. Noch braust es fern. Wild Wasser und oben Stern an Stern. Wer sah es wohl, O selig Land, Wie dich die Welle Überwand. Noch braust es fern. Der Nachtwind bringt Erinnerung und eine Welle Verlief im Sand.