Alldieweil Lieb bei Lieb ist,weiß Lieb nicht wie lieb Lieb ist;wenn aber Lieb von Lieb scheidet, weiß lieb Lieb wohl,was lieb Lieb war.
Sieh, so ist Tod im Leben. Beides läuftso durcheinander, wie in einem Teppichdie Fäden laufen; und daraus entstehtfür einen, der vorübergeht, ein Bild.Wenn jemand stirbt, das nicht allein ist Tod.Tod ist, wenn einer lebt und es nicht weiß.Tod ist, wenn einer gar nicht sterben kann.Vieles ist Tod; man kann es nicht begraben.In uns ist täglich Sterben und Geburt,und wir sind rücksichtslos wie die Natur,die über beidem dauert, trauerlosund ohne Anteil. Leid und Freude sindnur Farben für den Fremden, der uns schaut.Darum bedeutet es für uns so viel,den Schauenden zu finden, ihn, der sieht,der uns zusammenfaßt in seinem Schauenund einfach sagt: ich sehe das und das,wo andere nur raten oder lügen.
Uns überfüllts. Wir ordnens. Es zerfällt. Wir ordnens wieder und zerfallen selbst. Wer hat uns also umgedreht, daß wir, was wir auch tun, in jener Haltung sind von einem, welcher fortgeht? Wie er auf dem letzten Hügel, der ihm ganz sein Tal noch einmal zeigt, sich wendet, anhält, weilt –, so leben wir und nehmen immer Abschied.
Zwei Herzen haben sich gefunden– die Menschen wollen´s nicht verstehn –und die sich innig treu verbunden,sie sollen auseinander gehn!Doch mächtig einen sie die Triebe,man trennt sie, ´s ist des Schicksals Lauf,doch in den Herzen glüht die Liebein Sehnsucht um so mächtger auf.Er ist so bleich – sie sehn´s mit Bangen –und nicht zu ändern ist sein Sinn,es schwanden doch von ihren Wangendie Rosen auch schon längst dahin!Und eines Morgens trug man beide– die Menschen wollen´s nicht verstehn –zur Ruhe nach dem Erdenleide –dorthin, wo still die Kreuze stehn!Dort ruhen selig sie im Friedendes leeren Lebens matt und müd –– geliebt, gehofft, getrennt, geschieden –das ist das alte, alte Lied!
Mit unsern Blicken schließen wir den Kreis,daß weiß in ihm die wirre Spannung schmölze.Schon richtet dein unwissendes GeheißDie Säule auf in meinem Schamgehölze.Von dir gestiftet steht des Gottes Bildam leisen Kreuzweg unter meinem Kleide;mein ganzer Körper heißt nach ihm. Wir beidesind wie ein Gau darin sein Zauber gilt.Doch Hain zu sein und Himmel um die Hermedas ist an dir. Gieb nach. Damitder freie Gott inmitten seiner Schwärmeaus der entzückt zerstörten Säule tritt.
Und doch, obwohl ein jeder von sich strebt wie aus dem Kerker, der ihn haßt und hält, – es ist ein großes Wunder in der Welt: ich fühle: alles Leben wird gelebt. Wer lebt es denn? Sind das die Dinge, die wie eine ungespielte Melodie im Abend wie in einer Harfe stehn? Sind das die Winde, die von Wassern wehn, sind das die Zweige, die sich Zeichen geben, sind das die Blumen, die die Düfte weben, sind das die langen alternden Alleen? Sind das die warmen Tiere, welche gehn, sind das die Vögel, die sich fremd erheben? Wer lebt es denn? Lebst du es, Gott, – das Leben?
Er ging hinauf unter dem grauen Laubganz grau und aufgelöst im Ölgeländeund legte seine Stirne voller Staubtief in das Staubigsein der heißen Hände. Nach allem dies. Und dieses war der Schluß.Jetzt soll ich gehen, während ich erblinde,und warum willst Du, daß ich sagen muß,Du seist, wenn ich Dich selber nicht mehr finde. Ich finde Dich nicht mehr. Nicht in mir, nein.Nicht in den andern. Nicht in diesem Stein.Ich finde Dich nicht mehr. Ich bin allein. Ich bin allein mit aller Menschen Gram,den ich durch Dich zu lindern unternahm,der Du nicht bist. O namenlose Scham... Später erzählte man, ein Engel kam –. Warum ein Engel? Ach es kam die Nachtund blätterte gleichgültig in den Bäumen.Die Jünger rührten sich in ihren Träumen.Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht. Die Nacht, die kam, war keine ungemeine;so gehen hunderte vorbei.Da schlafen Hunde, und da liegen Steine.Ach eine traurige, ach irgendeine,die wartet, bis es wieder Morgen sei. Denn Engel kommen nicht zu solchen Betern,und Nächte werden nicht um solche groß.Die Sich-Verlierenden läßt alles los,und die sind preisgegeben von den Väternund ausgeschlossen aus der Mütter Schoß.
Du im vorausverlorne Geliebte, Nimmergekommene,nicht weiß ich, welche Töne dir lieb sind.Nicht mehr versuch ich, dich, wenn das Kommende wogt,zu erkennen. Alle die großenBilder in mir, im Fernen erfahrene Landschaft,Städte und Türme und Brücken und unvermutete Wendungen der Wegeund das Gewaltige jener von Götterneinst durchwachsenen Länder:steigt zur Bedeutung in mirdeiner, Entgehende, an.Ach, die Gärten bist du,ach, ich sah sie mit solcherHoffnung. Ein offenes Fensterim Landhaus –, und du tratest beinahemir nachdenklich heran. Gassen fand ich, –du warst sie gerade gegangen,und die Spiegel manchmal der Läden der Händlerwaren noch schwindlich von dir und gaben erschrockenmein zu plötzliches Bild. – Wer weiß, ob derselbeVogel nicht hinklang durch unsgestern, einzeln, im Abend?
Weiß die Natur noch den Ruck,Da sich ein Teil der GeschöpfeAbriß vom stetigen Stand?Blumen, geduldig genug,Hoben nur horchend die Köpfe,Blieben im Boden gebannt.Weil sie verzichteten aufGang und gewillte Bewegung,Stehn sie so reich und so rein.Ihren tiefinneren Lauf,Voll von entzückter Erregung,Holt kein Jagender ein.Innere Wege zu tunAn der gebotenen Stelle,Ist es nicht menschliches Los?Anderes drängt den Taifun,Anderes wächst mit der Welle, –Uns sei Blume-sein groß.
Das Märchen von der Wolke Der Tag ging aus mit mildem Tone,so wie ein Hammerschlag verklang.Wie eine gelbe Goldmelonelag groß der Mond im Kraut am Hang. Ein Wölkchen wollte davon naschen,und es gelang ihm, ein paar Zolldes hellen Rundes zu erhaschen,rasch kaut es sich die Bäckchen voll. Es hielt sich lange auf der Flucht aufund sog sich ganz mit Lichte an; -da hob die Nacht die goldne Frucht auf:Schwarz ward die Wolke und zerrann.