Wenn sich die Giraffen recken,Hochlaub sucht die spitze Zunge,Das ihnen so schmeckt, wie jungeFrühkartoffeln mit Butter mir schmecken.Hohe Hälse. Ihre FleckenSehen aus wie schön gerostet.Ihre langsame und weicheRührend warme Schnauze kostetVon dem Heu, das ich nun reiche.Lauscht ihr Ohr nach allen Seiten,sucht nach wild vertrauten Tönen.Da sie von uns weiter schreiten,Träumt in ihren stillen, schönenAugen etwas, was erschüttert, Hoheit. So, als ob sie wüßten,Daß nicht Menschen, sondern daß einSchicksal sie jetzt anders füttert.
Ein Nagel saß in einem Stück Holz.Der war auf seine Gattin sehr stolz.Die trug eine goldene HaubeUnd war eine Messingschraube.Sie war etwas locker und etwas verschraubt,Sowohl in der Liebe, als auch überhaupt.Sie liebte ein Häkchen und traf sich mit ihmIn einem Astloch. Sie wurden intim.Kurz, eines Tages entfernten sie sichUnd ließen den armen Nagel im Stich.Der arme Nagel bog sich vor Schmerz.Noch niemals hatte sein eisernes HerzSo bittere Leiden gekostet.Bald war er beinah verrostet.Da aber kehrte sein früheres Glück,Die alte Schraube wieder zurück.Sie glänzte übers ganze Gesicht.Ja, alte Liebe, die rostet nicht!
Eine trübe, kaltfeuchte Wagenspur:Das ist die herbstliche Natur.Sie hat geleuchtet, geduftet und trugIhre Früchte. – Nun ausgeglichen,Hat sie vom Kämpfen und Wachsen genug. - Scheint´s nicht, als wäre alles BetrugGewesen, was ihr entwichen?Das Händesinken in den Schoß,Das Unbunte und Leise,Das ist so schön, daß es wiederjungBeginnen kann, wenn ErinnerungEs nicht klein macht, sondern weise.Ein Nebel blaut über das Blätterbraun,Das zwischen den Bäumen den Boden bedeckt.Wenn ihr euren Herbst entdeckt:Dann seid darüber nicht traurig, ihr Fraun.
Habt ihr einen Kummer in der BrustAnfang AugustSeht euch einmal bewußtAn, was wir als Kinder übersahn.Da schickt der LöwenzahnSeinen Samen fort in die Luft.Der ist so leicht wie DuftUnd sinnreich rund umgebenVon Faserstrahlen, zart wie Spinnenweben.Und er reist hoch über euer Dach,Von Winden, schon vom Hauch gepustet.Wenn einer von euch hustet,Wirkt das auf ihn wie Krach,Und er entweicht.Luftglücklich leicht.Wird sich sanft wo in Erde betten.Und im Nächstjahr stehnDort die fetten, goldigen Rosetten,Kuhblumen, die wir als Kind übersehn.Zartheit und Freimut lenkenWieder später deren Samen Fahrt.Flöge doch unser aller ZukunftsdenkenSo frei aus und so zart.
Wir Freunde auf einen Faden gereiht,es kam nicht so, wie wir wollten,denn unsere Kette riß mit der Zeit,und wir rollten.Von allen Winden zerstreut und gehetzt,verschlissen und verwittert,meinten wir schon: wir würden zuletztsterben total verbittert.Doch unser Trauern lernte Geduldund lächelt nun ruhig ins Neue.Wir glauben an unsere eigene Schuldund an die Vergeltung von Treue.
Wir haben keinen günstigen Wind.Indem wir die Richtung verlieren,Wissen wir doch, wo wir sind.Aber wir frieren.Und die darüber erhaben sind,Die sollten nicht allzuviel lachen.Denn sie werden nicht lachen, wenn sie blindEines Morgens erwachen.Das Schiff, auf dem ich heute bin,Treibt jetzt in die uferlose,In die offene See. – Fragt ihr: "Wohin?"Ich bin nur ein Matrose.
Es war in Bielefeld so bitter kalt.Ich sah ein Weib, das nichts als eine knappeHemdhose trug. Daß ich erschauerteUnd ihren kalten Zustand heiß bedauerte.Denn sie war nur Attrappe – Fleisch aus Pappe.Ich wäre gar zu gern zu zweit gewesen.Nun stand ich vor der reizenden Gestalt,Mußte herabgesetzte Preise lesen,Und ach, die Ladenscheibe war so kalt.Der Frost entlockte meiner Nase Tränen.Die Dame schwieg. Die Sonne hat gelacht.In mir war qualvoll irgendwas entfacht.Es kann kein Mann vor Damenwäsche gähnen.
Bindfaden, an den ich denke,Kurz warst du, und lang ist´s her.Ohne dich wäre das so schwerUnd so hoffnungslos gewesen.Auf der Straße von mir aufgelesen,Halfst du mir,Mir und meiner Frau. – Wir danken dir,Ich und meine Frau.Bindfaden, du dünne KleinigkeitWurdest mir zum Tau. –Damals war Hungerszeit;Und ich hätte ohne dich in jener NachtDen Kartoffelsack nicht heimgebracht.
Erwirb dir viel und gib das meiste fort. Viel zu behalten hat den Wert von Sport. Behalte Dinge, die du innig liebst, bis du sie gern an Freunde weitergibst. Liebe und halte frei dein Eigentum. Besitz macht ruhelos und bringt nicht Ruhm.
Nun zeigt ein Brief, daß ich zu langeNicht sonderlich zu dir gewesen bin.Ich nahm das Gute als Gewohnheit hin.Und ich vergaß, was ich verlange.Verzeih mir. - Ich weiß, daß frommeGedanken rauh gebettet werden müssen.Ich danke jetzt. - Wenn ich nach Hause komme,Will ich dich so wie vor zehn Jahren küssen.