An der Birke Stamm gelehnt,Sah ich ihn sich biegen,Und die Wolke weißgedehntÜber ihm sich wiegen;Hin mit ihr zu fliegenHab ich mich empor gesehnt.Lieblich steuerst du dein Boot,Wolke, Götterbote,Angehaucht von Morgenrot,Und vom Abendrote;Stände zu GeboteMir dein Zaubermachtgebot!Dich verwandelnd wie ein Traum,Füllest du die LeereMit Gestalt, den HimmelsraumBald mit Schlacht und Heere,Bald im blauen MeereRagst du Fels, und stiebst du Schaum.Was die Seele wünschen mag,Zeigest du im Bilde,Vor der Sonn am heißen TagDienest du zum Schilde,Und von deiner MildeBettelt Tau der Frühlingshag.
Sechs Wörtchen nehmen mich in Anspruch jeden Tag:Ich soll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag.Ich soll, ist das Gesetz, von Gott ins Herz geschrieben,Das Ziel, nach welchem ich bin von mir selbst getrieben.Ich muß, das ist die Schrank´, in welcher mich die WeltVon einer, die Natur von andrer Seite hält.Ich kann, das ist das Maß der mir verlieh´nen Kraft,Der That, der Fertigkeit, der Kunst und Wissenschaft.Ich will, die höchste Kron´ ist dieses, die mich schmückt,Der Freiheit Siegel, das mein Geist sich aufgedrückt.Ich darf, das ist zugleich die Inschrift bei dem Siegel,Beim aufgethanen Thor der Freiheit auch ein Riegel.Ich mag, das endlich ist, was zwischen allen schwimmt,Ein Unbestimmtes, das der Augenblick bestimmt.Ich soll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag,Die sechse nehmen mich in Anspruch jeden Tag.Nur wenn du stets mich lehrst, weiß ich, was jeden TagIch soll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag.
Du, dieses Jahres Abend, Herbst,Sei meines Lebensabends Bild!Wie langsam du den Hain entfärbst,Und deine Sonn´ ist frühlingsmild:Es lacht das grünende Gefild Tief im Oktober ohne Frost,Und in der Traube schwillt der Most,Wie in der Brust Begeist´rung schwillt.
So wahr die Sonne scheinet,So wahr die Wolke weinet,So wahr die Flamme sprüht, So wahr der Frühling blüht;So wahr hab´ ich empfunden,Wie ich dich halt´ umwunden:Du liebst mich, wie ich dich,Dich lieb´ ich, wie du mich.Die Sonne mag verscheinenDie Wolke nicht mehr weinen,Die Flamme mag versprühn,Der Frühling nicht mehr blüh´n!Wir wollen uns umwindenUnd immer so empfinden:Du liebst mich, wie ich dich;Dich lieb ich, wie du mich.
Deine Kinder, hier verloren,wirst du droben wiedersehn;denn was aus dir ist geboren,kann dir nicht verloren gehn.Daß du einst sie wiedersehest,dieses kannst du wohl verstehn,wenn du auch nicht das verstehest,wie du sie wirst wiedersehn.Nicht als Kinder; oder wolltestdu sie ewig halten klein?Nicht gealtert; oder solltestdu entfremdet ihnen seyn?Die hier streitenden Gestalten,dort wo sie verglichen sind,wo nicht Mann und Weib sich spalten,trennt sich auch nicht Greis und Kind.
Den Rosenzweig benagt ein Lämmchen auf der Weide,Es tuts nur sich zur Lust, es tuts nicht ihm zuleide.Dafür hat Rosendorn dem Lämmchen abgezwacktEin Flöckchen Wolle nur; es ward davon nicht nackt.Das Flöckchen hielt der Dorn in scharfen Fingern fest;Da kam die Nachtigall und wollte baun ihr Nest.Sie sprach: – Tu auf die Hand und gib das Flöckchen mir,Und ist mein Nest gebaut, sing ich zum Danke Dir.Er gab, sie nahm und baut, und als sie nun gesungen,Da ist am Rosendorn vor Lust die Ros entsprungen!
Und wer den Tadel an den Mannnicht bringen kann,in keinerlei Umschreibung,der bringt ihn, wenn er sich besann,zuletzt als Übertreibungdes Lobes an.
O Weihnachtsbaum,O Weihnachtstraum!Wie erloschen ist dein Glanz,Wie zerstoben ist der Kranz,Der um dich den FreudentanzSchlang zur Weihnachtsfeier.O Weihnachtsbaum,O Weihnachtstraum!Der du noch an jedem AstHalbverbrannte Kerzen hast;Denn wir löschten sie mit HastMitten in der Feier.O Weihnachtsbaum,O Weihnachtstraum!Jeder Zweig ist noch beschwert,Und kein Naschwerk abgeleert.Ach, daß du so unverheertÜberstandst die Feier.O Weihnachtsbaum,O Weihnachtstraum!Mit den Früchten unverzehrt,Mit den Kerzen unversehrt,Steh, bis Weihnacht wiederkehrt,Steh zur Todtenfeier.O Weihnachtsbaum,O Weihnachtstraum!Wenn wir neu dich zünden an,Kaufen wir kein Englein dran;Unsre beiden Englein nahnDrobenher zur Feier.
Ich habe geklopft an des Reichtums Haus;Man reicht mir ´nen Pfenning zum Fenster heraus.Ich habe geklopft an der Liebe Tür;Da stehen schon fünfzehn andere dafür.Ich klopfte leis an der Ehre Schloß;"Hier tut man nur auf dem Ritter zu Roß!Ich habe gesucht der Arbeit Dach;Da hört´ ich drinnen nur Weh und Ach!Ich suchte das Haus der Zufriedenheit;Es kannt es niemand weit und breit.Nun weiß ich noch ein Häuslein still,Wo ich zuletzt anklopfen will.Zwar wohnt darin schon mancher Gast,Doch ist für viele im Grab noch Rast.
Es ist das Herz ein Totenschrein,Man legt gestorbne Lieb´ hinein;Doch wenn der Mond am Himmel geht,Die tote Liebe auferstehtUnd schwebt um dich im blassen LichtMit tränenfeuchtem Angesicht.