Wohl endet Tod des Lebens Not,Doch schauert Leben vor dem Tod.Das Leben sieht die dunkle Hand,Den hellen Kelch nicht, den sie bot.So schauert vor der Lieb´ ein Herz,Als wie vom Untergang bedroht.Denn wo die Lieb´ erwachet, stirbtDas Ich, der dunkele Despot.Du laß ihn sterben in der NachtUnd atme frei im Morgenrot!
In einem Lande möcht´ ich wohnen,Wo der Natur gesetzter ZwangHinwandeln läßt durch glüh´nde ZonenDes Jahres unverrückten Gang;Wo nach des Winters RegengüssenEin langer fester Sommer kommtUnd auch die Menschen fühlen müssen,Daß nicht ein wirrer Wechsel frommt.Und wäre das mir nicht beschieden,So möcht´ ich wohnen an dem Pol,Wo eines tiefen Winters FriedenIch mir ließ auch gefallen wohl;Da muß des Menschen Geist versenkenSich können in des Daseins SchachtUnd still sich nach den Sternen lenkenIn ewig heller Winternacht.Unselig ist der Mitte Schwanken,Dem hier wir unterworfen sind,Wo Stunden wechseln wie GedankenUnd die Gedanken wie der Wind;Wo keine ruhige EntfaltungErlaubt des Jahrlaufs wilde HastUnd in verworrner WelthaushaltungMensch und Natur hat nirgends Rast.
Ich bin müde, sterbensmüde;Ich bin müde, lebensmüde;Dieses Bangens und Verlangens,Dieses Hoffens, Bebens müde;Dieses zwischen Erd´ und HimmelAuf- und Niederschwebens müde;Dieses spinnengleichen WesensHirngespinste-Webens müde;Müde dieser TorenweisheitStolzen Überhebens müde.Auf, o Geist, in diesen FesselnRing dich nicht vergebens müde!Schwing dich auf zu deinem Äther,Des am Staube Klebens müde.
Nie stille steht die Zeit, der Augenblick entschwebt,Und den du nicht benutzt, den hast du nicht gelebt.Und du auch stehst nie still, der gleiche bist du nimmer,Und wer nicht besser wird, ist schon geworden schlimmer.Wer einen Tag der Welt nicht nutzt, hat ihr geschadet,Weil er versäumt, wozu ihn Gott mit Kraft begnadet.
Der Frost hat mir bereifet des Hauses Dach;Doch warm ist mirs geblieben im Wohngemach.Der Winter hat die Scheitel mir weiß gedeckt;Doch fließt das Blut, das rote, durchs Herzgemach.Der Jugendflor der Wangen, die Rosen sindGegangen, all gegangen einander nach.Wo sind sie hingegangen? ins Herz hinab:Da blühn sie nach Verlangen, wie vor so nach.Sind alle Freudenströme der Welt versiegt?Noch fließt mir durch den Busen ein stiller Bach.Sind alle Nachtigallen der Flur verstummt?Noch ist bei mir im stillen hier eine wach.Sie singet: Herr des Hauses! verschleuß dein Tor,Daß nicht die Welt, die kalte, dring ins Gemach.Schleuß aus den rauhen Odem der Wirklichkeit,Und nur dem Duft der Träume gib Dach und Fach.Ich habe Wein und Rosen in jedem Lied,Und habe solcher Lieder noch tausendfach.Vom Abend bis zum Morgen und Nächte durchWill ich dir singen Jugend und Liebesach.
Im Feld der König SalomonSchlägt unterm Himmel auf den Thron;Da sieht er einen Sämann schreiten,Der Körner wirft nach allen Seiten."Was machst du da?" der König spricht;"Der Boden hier trägt Ernte nicht.Laß ab vom thörichten Beginnen;Du wirst die Aussaat nicht gewinnen."Der Sämann, seinen Arm gesenkt,Unschlüssig steht er still und denkt;Dann fährt er fort, ihn rüstig hebend,Dem weisen König Antwort gebend:"Ich habe nichts als dieses Feld,Geackert hab ich´s und bestellt;Was soll ich weitre Rechnung pflegen?Das Korn von mir, von Gott der Segen."
Ich trage still,Weil ich nicht will,Daß man mich höre klagen;Ich trag allein,Die Last ist mein,Kein andrer soll sie tragen.Ich habe bis auf diesen TagSoviel getragen Schmerz und Pein;Ich hoffe, was da kommen mag,Es wird nun auch zu tragen sein.
In allem Leben ist ein TriebNach unten und nach oben;Wer in der rechten Mitte bliebVon beiden, ist zu loben.In Hochmut überheb´ dich nicht,Und laß den Mut nicht sinken!Mit dem Wipfel reich´ in´s Licht,Und laß die Wurzel trinken.
Und wer den Tadel an den Mannnicht bringen kann,in keinerlei Umschreibung,der bringt ihn, wenn er sich besann,zuletzt als Übertreibungdes Lobes an.
Komm, sprach das Mädchen, setze dichUnd nimm mich in die Lehre,Verhöre deine Schülerin,Da hast du die Grammäre.Gut, sprach ich, liebe Schülerin,Allein mir fehlt ein Rütchen;Wenn du den Lehrer zornig machst,Wie kühlt er sich das Mütchen?Er soll, sprach sie, für jedes WortMich an dem Näschen zupfen,Und wenn er härter strafen will,Mich an den Härchen rupfen.Wie? sprach ich, sollen für den MundDie armen Härchen büßen?Für jedes Wort, das du nicht weißt,Sollst du mich einmal küssen.