Leben lassen, um zu leben,gelten lassen, um zu gelten;nicht, was dir nicht ansteht, schelten,weil es andern ansteht eben;diese Lehre laß dir geben;eine bessere gab man selten.
Den Rosenzweig benagt ein Lämmchen auf der Weide,Es tuts nur sich zur Lust, es tuts nicht ihm zuleide.Dafür hat Rosendorn dem Lämmchen abgezwacktEin Flöckchen Wolle nur; es ward davon nicht nackt.Das Flöckchen hielt der Dorn in scharfen Fingern fest;Da kam die Nachtigall und wollte baun ihr Nest.Sie sprach: – Tu auf die Hand und gib das Flöckchen mir,Und ist mein Nest gebaut, sing ich zum Danke Dir.Er gab, sie nahm und baut, und als sie nun gesungen,Da ist am Rosendorn vor Lust die Ros entsprungen!
Sechs Wörtchen nehmen mich in Anspruch jeden Tag:Ich soll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag.Ich soll, ist das Gesetz, von Gott ins Herz geschrieben,Das Ziel, nach welchem ich bin von mir selbst getrieben.Ich muß, das ist die Schrank´, in welcher mich die WeltVon einer, die Natur von andrer Seite hält.Ich kann, das ist das Maß der mir verlieh´nen Kraft,Der That, der Fertigkeit, der Kunst und Wissenschaft.Ich will, die höchste Kron´ ist dieses, die mich schmückt,Der Freiheit Siegel, das mein Geist sich aufgedrückt.Ich darf, das ist zugleich die Inschrift bei dem Siegel,Beim aufgethanen Thor der Freiheit auch ein Riegel.Ich mag, das endlich ist, was zwischen allen schwimmt,Ein Unbestimmtes, das der Augenblick bestimmt.Ich soll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag,Die sechse nehmen mich in Anspruch jeden Tag.Nur wenn du stets mich lehrst, weiß ich, was jeden TagIch soll, ich muß, ich kann, ich will, ich darf, ich mag.
Du glaubtest längst dich vorbereitetMit willigem Entsagen;Und nun das Schicksal dich bestreitet,So mußt du dennoch klagen.Der Kämpfer war mit Muth gebrüstet,Und glaubte sich wie gut! gerüstet;Doch wenn hervor der Schrecken schreitetDes Kampfes, wird er zagen.Was hilfts auch, die Gedanken lenkenAuf das im Voraus, und sie senkenIn das, was gar sich nicht läßt denken,Eh man es muß ertragen!
O glaube nicht, daß du nicht seiest mitgezählt;Die Weltzahl ist nicht voll, wenn deine Ziffer fehlt.Die große Rechnung zwar ist ohne dich gemacht,Allein du selber bist in Rechnung mitgebracht.Ja mitgerechnet ist auf dich in alle Weise;Dein kleiner Ring greift ein in jene größeren Kreise.Zum Guten, Schönen will vom mangelhaften BösenDie Welt erlöst sein, und sollst sie mit erlösen.Vom Bösen mache dich, vom Mangelhaften frei;Zur Güt´ und Schöne so der Welten trägst du bei.
Warum ich Weib und Kinder nenneSo oft in meinen Liedern?Weil ich sie im Gefühl nicht trenneVon meinen eignen Gliedern.Und wie man spricht von seinem Leibe,Von seinem Aug´ und Herzen,So sprech´ ich auch von Kind und WeibeIn Freuden und in Schmerzen.
Du hast zwei Ohren und einen Mund;Willst du´s beklagen?Gar vieles sollst du hören undWenig darauf sagen.Du hast zwei Augen und einen Mund;Mach dir´s zu eigen!Gar manches sollst du sehen undManches verschweigen.Du hast zwei Hände und einen Mund;Lern´ es ermessen!Zweie sind zur Arbeit undEiner zum Essen.
Die Liebe sprach: In der Geliebten BlickeMußt du den Himmel suchen, nicht die Erde,Daß sich die beßre Kraft daran erquicke,Und dir das Sternbild nicht zum Irrlicht werde.Die Liebe sprach: In der Geliebten AugeMußt du das Licht dir suchen, nicht das Feuer,Daß dir´s zur Lamp´ in dunkler Klause tauge,Nicht dir verzehre deines Lebens Scheuer.Die Liebe sprach: In der Geliebten WonneMußt du die Flügel suchen, nicht die Fesseln,Daß sie dich aufwärts tragen zu der Sonne,Nicht niederziehn zu Rosen und zu Nesseln.
Leb´ wohl und sehen wir uns wieder,So schlage du die Augen nieder,Und gehn will ich an dir vorbei.Als ob ichs nicht gewesen sei;Als ob ich nicht es sei gewesen,Der dir im Aug´ einst durfte lesen.Was würd´ ich lesen jetzt darin?Daß ich dir fremd geworden bin.Ich wills nicht in dem Auge lesen,Das einst mein Himmel ist gewesen,Daß ich daraus verstoßen bin,Und nie ein Rückweg ist dahin.
Beim Hauch des Morgens und der Mitternächte SchauerFühl ich die Trauer, daß die Welt hat keine Dauer;Daß wir am Anfang schon dem End entgegen gehnUnd doch am Ende noch beim Anfang immer stehn.Bald haben wirs verwacht, bald haben wirs verträumt,Nie säumend Tag und Nacht, das Glück ist stets versäumt.