Was ich ahnte, was ich träumte,war so viel, doch nicht genug,bis ich weg die Zweifel räumteund die Dunkelheit zerschlug.Ist nun mehr die vielgepries´neEinsicht als der Dämmerflor ?Minder scheint das Klarbewies´ne,als mir dunkel schwebte vor.Reizen mag nur als unendlich,dessen Ziel du nicht gesehn;und was dir erst ward verständlich,ist nicht wert mehr zu verstehn.
Mit jeder Sprache mehr, die du erlernst, befreistDu einen bis daher in dir gebundnen Geist,Der jetzo tätig wird mit eigner Denkverbindung,Dir aufschließt unbekannt gewes´ne Weltempfindung,Empfindung, wie ein Volk sich in der Welt empfunden;Nun diese Menschheitsform hast du in dir gefunden.Ein alter Dichter, der nur dreier Sprachen GabenBesessen, rühmte sich, der Seelen drei zu haben.Und wirklich hätt´ in sich nur alle MenschengeisterDer Geist vereint, der recht wär´ aller Sprachen Meister.
Wenn ein Unglück dich hat betroffen,Darfst du von denen nicht Mitleid hoffen,Denen näher als deine SchmerzenDes Himmels Gerechtigkeit liegt am Herzen.Sie werden forschen, was du verbrochen,Daß es der Himmel so schwer gerochen;Und von den tausend SchuldentitelnLäßt einer sich wohl für dich ausmitteln,Und können sie weiter nichts ergründen,So sind es eben verborgne Sünden.
Du, dieses Jahres Abend, Herbst,Sei meines Lebensabends Bild!Wie langsam du den Hain entfärbst,Und deine Sonn´ ist frühlingsmild:Es lacht das grünende Gefild Tief im Oktober ohne Frost,Und in der Traube schwillt der Most,Wie in der Brust Begeist´rung schwillt.
Chidher, der ewig junge, sprach:Ich fuhr an einer Stadt vorbei,Ein Mann im Garten Früchte brach;Ich fragte, seit wann die Stadt hier sei?Er sprach, und pflückte die Früchte fort:"Die Stadt steht ewig an diesem Ort,Und wird so stehen ewig fort."Und aber nach fünfhundert JahrenKam ich desselbigen Wegs gefahren.Da fand ich keine Spur der Stadt;Ein einsamer Schäfer blies die Schalmei,Die Herde weidete Laub und Blatt;Ich fragte: "Wie lange ist die Stadt vorbei?"Er sprach, und blies auf dem Rohre fort:"Das eine wächst, wenn das Andre dorrt;Das ist mein ewiger Weideort." –Und aber nach fünfhundert JahrenKam ich desselbigen Wegs gefahren.Da fand ich ein Meer, das Wellen schlug,Ein Schiffer warf die Netze frei;Und als er ruhte vom schweren Zug,Fragt´ ich, seit wann das Meer hier sei?Er sprach, und lachte meinem Wort:"So lang als schäumen die Wellen dort,Fischt man und fischt man in diesem Port." –Und aber nach fünfhundert JahrenKam ich desselbigen Wegs gefahren.Da fand ich einen waldigen Raum,Und einen Mann in der Siedelei,Er fällte mit der Axt den Baum;Ich fragte, wie alt der Wald hier sei?Er sprach:" Der Wald ist ein ewiger Hort;Schon ewig wohn´ ich an diesem Ort,Und ewig wachsen die Bäum´ hier fort." –Und aber nach fünfhundert JahrenKam ich desselbigen Wegs gefahren.Da fand ich eine Stadt, und lautErschallte der Markt vom Volksgeschrei.Ich fragte: Seit wann ist die Stadt erbaut?Wohin ist Wald und Meer und Schalmei?Sie schrien, und hörten nicht mein Wort:"So ging es ewig an diesem Ort,Und wird so gehen ewig fort." –Und aber nach fünfhundert JahrenWill ich desselbigen Weges fahren.
Phantasie, das ungeheure Riesenweib,Saß zu Berg,Hatte stehen neben sich zum ZeitvertreibWitz, den Zwerg.Der VerstandSeitwärts stand,Ein proportionierter Mann,Sah das tolle Spiel mit an.Phantasie mit Donnersturm thut auf den Mund,Witz verstummt;Schweigt die Riesin, thut sogleich der Zwerg sich kund,Pfeift und summt.Der VerstandHält nicht Stand,Geht und spricht: das mag ich nicht,Denn das sieht aus wie ein Gedicht.
In Lüften hängt ein LerchentonMein Ohr hat staunend ihn vernommenist´s eine die noch nicht entflohn?Ist´s eine die zurückgekommen,Gelockt von Frühling schonDa rings die Schöpfung noch von Winter ist?Durch meine Seele zieht ein Schwung,denn jeder Ton hat angeschlagen.Ist´s Ahnung, ist´s ErinnerungVon künftigen, von vor´gen Tagen?Ich fühle nur mich jungOb wie ich´s war, ob wie ich sein werd´? Ist zu fragen.Verklungen ist die MelodieVerklungen von SchneewolkenherdenUnd Winter ist´s im Herzen, wieAm Himmel Winter und auf ErdenSo Winter, als ob nieGewesen Frühling sei und nimmer sollte werden.
Ein ewig Lieb´ ist karg und leer,ein wenig Lieb´ ist keine;viel Lieb´ ist eben auch nicht mehr,Lieb´ ist die völlig eine:Lieb´ ist nicht wenig und nicht viel,denn Lieb´ ist ohne Maß und Ziel.
Der Frost hat mir bereifet des Hauses Dach;Doch warm ist mirs geblieben im Wohngemach.Der Winter hat die Scheitel mir weiß gedeckt;Doch fließt das Blut, das rote, durchs Herzgemach.Der Jugendflor der Wangen, die Rosen sindGegangen, all gegangen einander nach.Wo sind sie hingegangen? ins Herz hinab:Da blühn sie nach Verlangen, wie vor so nach.Sind alle Freudenströme der Welt versiegt?Noch fließt mir durch den Busen ein stiller Bach.Sind alle Nachtigallen der Flur verstummt?Noch ist bei mir im stillen hier eine wach.Sie singet: Herr des Hauses! verschleuß dein Tor,Daß nicht die Welt, die kalte, dring ins Gemach.Schleuß aus den rauhen Odem der Wirklichkeit,Und nur dem Duft der Träume gib Dach und Fach.Ich habe Wein und Rosen in jedem Lied,Und habe solcher Lieder noch tausendfach.Vom Abend bis zum Morgen und Nächte durchWill ich dir singen Jugend und Liebesach.
Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde;Du sagst, du drehest dich um mich.Ich weiß es nicht, ich weiß nur, daß ich werdein meinen Nächten hell durch dich. Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde;sie sagen, du veränderst dich. Allein du änderst nur die Lichtgebärdeund liebst mich unveränderlich. Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde,nur mein Erdenschatten hindert dich,die Liebesfackel stets am Sonnenherdezu zünden in der Nacht für mich.