Die Sturmnacht hat uns vermählt In Brausen und Toben und Bangen: Was unsre Seelen sich lange verhehlt, Da ist´s uns aufgegangen. Ich las so tief in deinem Blick Beim Strahl vom Wetterleuchten: Ich las darin mein flammend Glück, In seinem Glanz, dem feuchten. Es warf der Wind dein duft´ges Haar Mir spielend um Stirn und Wangen, Es flüsterte lockend die Wellenschar Von heißem tiefem Verlangen. Die Lippen waren sich so nah, Ich hielt dich fest umschlungen; Mein Werben und dein stammelnd Ja, Die hat der Wind verschlungen ...
Was ist die Welt? Ein ewiges Gedicht,Daraus der Geist der Gottheit strahlt und glüht,Daraus der Wein der Weisheit schäumt und sprüht,Daraus der Laut der Liebe zu uns spricht,Und jedes Menschen wechselndes Gemüth,Ein Strahl ist´s, der aus dieser Sonne bricht,Ein Vers, der sich an tausend and´re flicht,Der unbemerkt verhallt, verlischt, verblüht.Und doch auch eine Welt für sich allein,Voll süß-geheimer, nie vernomm´ner Töne,Begabt mit eig´ner, unentweihter Schöne,Und keines Andern Nachhall, Widerschein.Und wenn du gr zu lesen drin verstündest,Ein Buch, das du im Leben nicht ergründest.
Unser Leiden, unsre WonnenSpiegelt uns die Allnatur,Ewig gilt es unsrer Spur,Alles wird zum Gleichnisbronnen.Erstes Grün der frischen FlurMahnst an Neigung zart begonnen,Heißes Sengen reifer SonnenBist der Liebe Abglanz nur!Schlingt sich um den Baum die Winde,Denken wir an uns aufs neue,Sehnen uns nach einer Treue,Die uns fest und zärtlich binde ...Und wir fühlen uns verwandt,Wie wir unser Bild erkannt.
Es läuft der Frühlingswind Durch kahle Alleen, Seltsame Dinge sind In seinem Wehn. Er hat sich gewiegt, Wo Weinen war, Und hat sich geschmiegt In zerrüttetes Haar. Er schüttelte nieder Akazienblüten Und kühlte die Glieder, Die atmend glühten. Lippen im Lachen Hat er berührt, Die weichen und wachen Fluren durchspürt. Er glitt durch die Flöte Als schluchzender Schrei, An dämmernder Röte Flog er vorbei. Er flog mit Schweigen Durch flüsternde Zimmer Und löschte im Neigen Der Ampel Schimmer. Es läuft der Frühlingswind Durch kahle Alleen, Seltsame Dinge sind In seinem Wehn. Durch die glatten Kahlen Alleen Treibt sein Wehn Blasse Schatten. Und den Duft, Den er gebracht, Von wo er gekommen Seit gestern Nacht.
Und Kinder wachsen auf mit tiefen Augen,Die von nichts wissen, wachsen auf und sterben,Und alle Menschen gehen ihre Wege.Und süße Früchte werden aus den herbenUnd fallen nachts wie tote Vögel niederUnd liegen wenig Tage und verderben.Und immer weht der Wind, und immer wiederVernehmen wir und reden viele WorteUnd spüren Lust und Müdigkeit der Glieder.Und Straßen laufen durch das Gras, und OrteSind da und dort, voll Fackeln, Bäumen, Teichen,Und drohende, und totenhaft verdorrte . . .Wozu sind diese aufgebaut? und gleichenEinander nie? und sind unzählig viele?Was wechselt Lachen, Weinen und Erbleichen?Was frommt das alles uns und diese Spiele,Die wir doch groß und ewig einsam sindUnd wandernd nimmer suchen irgend Ziele?Was frommt´s, dergleichen viel gesehen haben?Und dennoch sagt der viel, der "Abend" sagt,Ein Wort, daraus Tiefsinn und Trauer rinntWie schwerer Honig aus den hohlen Waben.
Am nächtigen Himmel Ein Drängen und Dehnen, Wolkengewimmel In hastigem Sehnen, In lautloser Hast – Von welchem Zug Gebietend erfaßt? – Gleitet ihr Flug, Es schwankt gigantisch Im Mondesglanz Auf meiner Seele Ihr Schattentanz, Wogende Bilder, Kaum noch begonnen, Wachsen sie wilder, Sind sie zerronnen, Ein loses Schweifen ... Ein Halb-Verstehn ... Ein Flüchtig-Ergreifen ... Ein Weiterwehn ... Ein lautloses Gleiten, Ledig der Schwere, Durch aller Weiten Blauende Leere.
Das ist der Frühling nicht allein, Der durch die Bäume dränget Und wie im Faß der junge Wein Die Reifen fast zersprenget, Der Frühling ist ja zart und kühl, Ein mädchenhaftes Säumen, Jetzt aber wogt es reif und schwül Wie Julinächte träumen. Es blinkt der See, es rauscht die Bucht, Der Mond zieht laue Kreise, Der Hauch der Nachtluft füllt die Frucht, Das Gras erschauert leise. Das ist der Frühling nicht allein, Der weckt nicht solche Bilder.
Leben, Traum und Tod ... Wie die Fackel loht! Wie die Erzquadrigen Über Brücken fliegen, Wie es drunten saust, An die Bäume braust, Die an steilen Ufern hängen, Schwarze Riesenwipfel aufwärts drängen ... Leben, Traum und Tod ... Leise treibt das Boot ... Grüne Uferbänke Feucht im Abendrot, Stiller Pferde Tränke, Herrenloser Pferde ... Leise treibt das Boot ... Treibt am Park vorbei, Rote Blumen, Mai ... In der Laube wer? Sag, wer schläft im Gras? Gelb Haar, Lippen rot? Leben, Traum und Tod.
Jede Seele, sie durchwandelt der Geschöpfe Stufenleiter:Formentauschend, rein und reiner, immer höher, hell und heiter,Lebt sie fort im Wurm, im Frosche, im Vampir, im niedern Sklaven,Dann im Tänzer, im Poet, im Trunkenbold, im edlen Streiter ...Sehet: eine gleiche Reihe Seelenhüllen, TruggestaltenMuß der Dichtergeist durchwandeln, stets verklärter, stets befreiter:Und er war im Werden Gaukler, war Vampir und war Brahmane,Leere Formen läßt er leblos und strebt höher, wahrer, weiter ...Aber wissend seines Werdens, hat er werdend auch erschaffen:Hat Gestalten nachgebildet der durchlaufnen Wesensleiter:Den Vampir, den niedern Sklaven, Gaukler, Trunkenbold und Streiter.
Lieben, Hassen, Hoffen, Zagen,Alle Lust und alle Qual,Alles kann ein Herz ertragen,Einmal um das andere Mal.Aber weder Lust noch Schmerzen,Abgestorben auch der Pein,Das ist tödlich deinem Herzen,Und so darfst du mir nicht sein!Mußt dich aus dem Dunkel heben,Wär es auch um neue Qual,Leben mußt du, liebes Leben,Leben noch dies eine Mal!