Und es fragen mich die Leute:»Sag, wie kommts, daß deine LiederSo das Gestern wie das HeuteSpiegeln tausendtönig wieder?Wenn nur einer Stunde BebenSie beseelet und entzündet,Sag, wie kommts, daß all dein LebenBunt und seltsam in sie mündet,All dein Grübeln und dein TräumenIn die Töneflut sich schlinget,Der Gedanken wechselnd SchäumenDumpf durch deine Lieder klinget?«Und ich sage: »Seht, es gleichenMeine Lieder jenen Blüten,Die ja auch in einer weichen,Heißen, einzgen Nacht erblühten,Und im Kelche dennoch tragenEines ganzen Lebens Währen:Sonne von versunknen Tagen,Ferner Frühlingsnächte Gären.«
Und wie wir uns ersehen,Tief eins ins andre gehen,Es bleibt doch nicht bestehen:So wenig wie ein Kuß.Es bleibt um Brust und WangenNichts von so viel Verlangen,Kein Zeichen bleibet hangenAuch von so vielem Glück.Und trügest du ein Zeichen,Ein purpurrotes Zeichen,Es müßte auch verbleichen,Es ginge auch dahin!
Zuweilen kommen niegeliebte FrauenIm Traum als kleine Mädchen uns entgegenUnd sind unsäglich rührend anzuschauen,Als wären sie mit uns auf fernen WegenEinmal an einem Abend lang gegangen,Indes die Wipfel atmend sich bewegenUnd Duft herunterfällt und Nacht und Bangen,Und längs des Weges, unsres Wegs, des dunkeln,Im Abendschein die stummen Weiher prangenUnd, Spiegel unsrer Sehnsucht, traumhaft funkeln,Und allen leisen Worten, allem SchwebenDer Abendluft und erstem SternefunkelnDie Seelen schwesterlich und tief erbebenUnd traurig sind und voll TriumphgeprängeVor tiefer Ahnung, die das große LebenBegreift und seine Herrlichkeit und Strenge.
Was singt in mir zu dieser StundUnd öffnet singend mir den Mund,Wo alle Äste schweigenUnd sich zur Erde neigen?Was drängt aus HerzensgrundeWie Hörnerschall zutagZu dieser stillen Stunde,Wo alles träumen magUnd träumend schweigen mag?An Ästen, die sich neigen,Und braun und dunkel schweigen,Springt auf die weiße BlütenprachtUnd lacht und leuchtet durch die NachtUnd bricht der Bäume Schweigen,Daß sie sich rauschend neigenUnd rauschend ihre BlütenprachtDem dunklen Grase zeigen!So dringt zu dieser stillen StundAus dunklem, tiefem ErdengrundEin Leuchten und ein LebenUnd öffnet singend mir den Mund Und macht die Bäum erbeben,Daß sie in lichter BlütenprachtSich rauschend wiegen in der Nacht!
Unser Leiden, unsre WonnenSpiegelt uns die Allnatur,Ewig gilt es unsrer Spur,Alles wird zum Gleichnisbronnen.Erstes Grün der frischen FlurMahnst an Neigung zart begonnen,Heißes Sengen reifer SonnenBist der Liebe Abglanz nur!Schlingt sich um den Baum die Winde,Denken wir an uns aufs neue,Sehnen uns nach einer Treue,Die uns fest und zärtlich binde ...Und wir fühlen uns verwandt,Wie wir unser Bild erkannt.
Deine kleine SchwesterHat ihre offenen HaareWie einen lebendigen Schleier,Wie eine duftende HeckeVornüberfallen lassenUnd schaut, mit solchen Augen!Durch einen duftenden Schleier,Durch eine dunkle Hecke ...Wie süß ists, nur zu denkenAn diese kleinen Dinge.An allen sehnsüchtigen ZweigenIn deinem nächtigen GartenSind Früchte aufgegangen,Lampions wie rote Früchte,Und wiegen sich und leuchtenAn den sehnsüchtigen Zweigen,Darin der Nachtwind raschelt,In deinem kleinen Garten ...Wie süß ists, nur zu denkenAn diese kleinen Dinge ...
Die Sturmnacht hat uns vermählt In Brausen und Toben und Bangen: Was unsre Seelen sich lange verhehlt, Da ist´s uns aufgegangen. Ich las so tief in deinem Blick Beim Strahl vom Wetterleuchten: Ich las darin mein flammend Glück, In seinem Glanz, dem feuchten. Es warf der Wind dein duft´ges Haar Mir spielend um Stirn und Wangen, Es flüsterte lockend die Wellenschar Von heißem tiefem Verlangen. Die Lippen waren sich so nah, Ich hielt dich fest umschlungen; Mein Werben und dein stammelnd Ja, Die hat der Wind verschlungen ...
Was ist die Welt? Ein ewiges Gedicht,Daraus der Geist der Gottheit strahlt und glüht,Daraus der Wein der Weisheit schäumt und sprüht,Daraus der Laut der Liebe zu uns spricht,Und jedes Menschen wechselndes Gemüth,Ein Strahl ist´s, der aus dieser Sonne bricht,Ein Vers, der sich an tausend and´re flicht,Der unbemerkt verhallt, verlischt, verblüht.Und doch auch eine Welt für sich allein,Voll süß-geheimer, nie vernomm´ner Töne,Begabt mit eig´ner, unentweihter Schöne,Und keines Andern Nachhall, Widerschein.Und wenn du gr zu lesen drin verstündest,Ein Buch, das du im Leben nicht ergründest.
Dein Antlitz war mit Träumen ganz beladen.Ich schwieg und sah dich an mit stummem Beben.Wie stieg das auf! Daß ich mich einmal schonIn frühern Nächten völlig hingegebenDem Mond und dem zuviel geliebten Tal,Wo auf den leeren Hängen auseinanderDie magern Bäume standen und dazwischenDie niedern kleinen Nebelwolken gingen,Und durch die Stille hin die immer frischenUnd immer fremden silberweißen WasserDer Fluß hinrauschen ließ, wie stieg das auf!Wie stieg das auf! Denn allen diesen DingenUnd ihrer Schönheit, die unfruchtbar war,Hingab ich mich in großer Sehnsucht ganz,Wie jetzt für das Anschaun von deinem HaarUnd zwischen deinen Lidern diesen Glanz!
Keiner ahnet, was er verbricht,Keiner die Schuld und keiner die Pflicht.Darfst du leben, wenn jeder SchrittTausend fremde Leben zertritt,Wenn du nicht denken kannst, nichts erspüren,Ohne zu lügen, zu verführen!Wenn dein bloßes Träumen Macht ist,Wenn dein bloßes Leben Schlacht ist,Dunkles Verderben dein dunkles Streben,Dir selbst verborgen, so Nehmen wie Geben!Darfst du sagen »Ich sehe«?Dich rühmen »Ich verstehe«?Dem Irrtum wehren,Rätsel klären,Du selber Rätsel,Dir selber Rätsel,Ewig ungelöst?!