Gib mir deine Hand: ich küsse sie.Schenk mir deinen Blick: ich fühle ihn.Gib mir deine Wahrheit, Frau, die ganze,Bis zur letzten Nacktheit gib sie mir: ich heilige sie.Denn ich muß Göttliches in meinem Herzen haben und wieder einen Glauben,Ein Heiligtum muß ich haben und einen Altar,Kränze darauf zu legen, Weihrauch meiner Seele,Und mein Herz selber als Flamme, die sich gerne verzehrt.
Ihr armen Schächer, wie thut ihr mir leidIn eurer Tugend engem Kleid,Darunter die Triebe zu Krankheiten werden,Zu bösen Dünsten und allen BeschwerdenDer Leibeslüge und Heuchelei.Nie seid ihr froh, nie seid ihr frei,Denn euer Wahn hat zur Sünde verdacht,Was Kreaturen selig macht.Des Lebens Quell mit Schmutz zu verschlammen,Tragt alle Unnatur ihr zusammen;Was fröhlich, rein, lebendig fließt,Wird euch und uns zum faulen Bache,Zur giftigen Sünden-Unken-Lache,Wenn eure ›Moral‹ hinein ihr gießt.Oh Jammermißbrauch mit dem Wort!Was blüht, ist Leben, tot, was dorrt;Ihr aber streut Salz auf des Lebens Fluren,Was keimt und treibt, ist euch verhaßt,Dem Leben grabt ihr ohne RastDas Grab, ihr ›sittlichen‹ Lemuren.
Mir war die Liebe lange nur ein Spiel;Leicht setzt ich wenig ein und holte viel,Und lustig warf den goldenen GewinnIch gerne bald in andre Schürzen hin.Oh ja, das Herz, es war wohl auch dabei,Leis klang es mit wie ferne MelodeiDem lauten Sang der tanzbewegten Lust,Doch Stille war im Innersten der Brust.Was da, von Friedensrosen mild umblüht,Dem einen Herzen heiß entgegenglüht,Du hasts zuerst geweckt; – nun ist es weh,Das leichte Herz, ein wildbewegter SeeVoll Ungetümen, die die Qual gebar,Die doch nur Liebe, Liebe, Liebe war.Ich weiß, du lachst, wenn du von Qualen liest,In deinem Herzen eine Blume sprießt,Die leicht im Winde ihre Blüte trägt,Die nichts nach Qualenungetümen frägt;Im eigenen Dufte wiegt sie her und hin – :Die Blume ist dein glücklich-leichter Sinn.Sie soll dir nie im Herzensfrost vergehn,Aus jedem Leide soll sie auferstehnWie Maitaghelle, da der Winter schwandDem Sonnensiege in das Nebelland…Was mir die Liebe und ihr Leid beschied?Ich fühl es schon; es keimt ein neues Lied.Das wird von dir ein glühend Singen sein,Das wird aus Qualenwust mein Herz befrein.Wie Thränensturz schwillt heiß sein starker Fluß,Und aus dem Herzen kommts in einem Guss,Ich halte nichts, ich halte nichts zurück,Im Lied verströme ich mein ganzes Glück.Ob du es fühlst, was ich dir hier gesteh?Das fühlst du wohl, es ist ein tiefes WehUnd eine Gnade doch; es raubt und giebt…Oh, Mädchen du, wie hab ich dich geliebt.
Denn der ist König über alle Dinge,und den berührt der Engel goldne Schwinge,der seine Blicke so aussenden kann,daß sie wie die Adler Beute heimwärts tragen,und dem die Morgenstunden leuchtend sagen:Du Mensch mit hellen Augen,nimm uns an!
Es ist ein Reihen geschlungenein Reihen auf dem grünen Plan,und ist ein Lied gesungen,das hebt mit Sehnen an,mit Sehnen allso süße,daß Weinen sich mit Lachen paart:Hebt, hebt im Tanz die Füße.
Alles das ist nur ein Träumen,Und ich sollte nie erwachen:Das wär schön.Denn der Tag hat kalte Farben,Und die Wahrheit geht in Wolle,Rauh und grau.Wirklichkeit, die alte Vettel,Zückt schon ihre KlapperschereUnd sie grinst:Weg die bunten Seidenbänder,Weg die langen Ringellocken,Weg den Tand!Und ein kurzer Krampf im HerzenUnd das alte böse Lachen:Siehst du wohl?
Meines Vaters UhrLiegt auf meinem Tische,Vieles Unglück maß sie einem Braven zu.Sterbend ließ er sieAls mein einzig ErbeArm, doch liebend, mir. Und nun tickt sie: du,Denk an ihn und seiTapfer, treu und tätigSo wie er, und gehe einmal gern zur Ruh.
Wie eine leise Glocke klingtDie Sehnsucht in mir an;Weiß nicht, woher, wohin sie singt,Weil ich nicht lauschen kann.Es treibt das Leben mich wild um,Dröhnt um mich mit Gebraus,Und mählich wird die Glocke stumm,Und leise klingt sie aus.Sie ist nur für den FeiertagGemacht und viel zu fein,Als daß ihr bebebanger SchlagDräng in die Lärmlust ein.Sie ist ein Ton von dorten her,Wo alles Feier ist;Ich wollte, daß ich dorten wär,Wo man den Lärm vergißt.
Laß es gehen Herz, laß dich treiben,Alles hat hier seine Bahn,Wenig gilt hier: Mitgetan,Alles gilt: im Strome bleiben.Ist es dir bestimmt zu wohnen,Wo die Schönheit Ruhe gibt,Wirst du, wie du bist, geliebt, –Liebe schenkt sich, ist kein Lohnen.Laß es gehen, Herz, laß dich treiben,Spare dir des Zweifels Qual,Und findest doch einmalEinen Herd, beglückt zu bleiben.
Bei einem beinah alten MannMeldete sich klein Amor an(Ein Mädchen wars in einer Hosenrolle).Der Überraschte fragte, was er wolle."Dich prüfen will ich", sprach das liebe Ding(Halb Gassenbub, halb Schmetterling),"Ob du noch brennen kannst" und küßt ihn so,Daß augenblicks er Feuer fing.Darüber war der Mann natürlich froh.Denn allzulange war er wie ein Besen,Zwar dürr, doch ohne Glut gewesen.Wie aber dann der Kleine wieder ging,Da trat herein zur Türe großMadam Vernunft, setzt schwer sich auf den SchoßNoch warm von Amors HinterteilchenUnd sprach: Herr Lichterloh, glaubt nicht dem Mädel,Das jetzt zu Euch in Amors Maske kamUnd augenblicks Besitz von Euerm Schädel,Von Euerm Torenschädel nahm,Denn es vertrieb sich bloß ein Langeweilchen.Da bot der Mann Madam Vernunft den ArmUnd führte sie zur Tür und sprach: "Au revoir,Ihr sprecht wahrscheinlich wie gewöhnlich wahr,Doch allzukühle, und ich bin von HerzenFroh, daß mir endlich wieder einmal warmZumute ist. Der Liebe helle KerzenLösch ich nicht aus. Wer weiß, wie bald ein WindSie niederweht und ich im Finstern träumeVon hellen Kerzen, die erloschen sind."