»Was rinnen dir die Tränen,Die Tränen stumm und heißDurch deine feinen Finger,Die Finger fein und weiß?«Mein Schleier ist zerrissenUnd wehet doch kein WindUnd bin doch nirgends gangenNiemals, wo Dornen sind ...Die Glocken haben heuteSo sonderbaren Klang,Gott weiß, warum ich weine,Mir ist zum Sterben bang.
Ich ging den Weg einmal: da war ich sieben,So arm und reich!Mir war, ich hielt ein nacktes Schwert in Händen,Und selbst die Sterne bebten seinem Streich.Mit siebzehn ging ich wiederum den WegErst recht allein:Ein Etwas huschte in den blassen Winden,Von oben kam der fremden Welten Schein.Nun führ ich dich, du spürst nur meine Hand:Einst war ich sieben ...Und das Vergangne glimmt, von GeisterhandMit blassem Schein ins Dunkel hingeschrieben!
Wohl mir, mein müder GeistWird wieder Staub,Wird, wie der Weltlauf kreist,Wurzel und Laub;Wird sich des keimenden Daseins freuen,Frühlingstriebe still erneuen,Saftige Früchte zur Erde streuen;Freilich sein spreitendes Dach zu belauben,Wird er andern die Säfte rauben,Andern stehlen Leben und Lust:Wohl mir, er frevelt unbewußt!
Unser Leiden, unsre WonnenSpiegelt uns die Allnatur,Ewig gilt es unsrer Spur,Alles wird zum Gleichnisbronnen.Erstes Grün der frischen FlurMahnst an Neigung zart begonnen,Heißes Sengen reifer SonnenBist der Liebe Abglanz nur!Schlingt sich um den Baum die Winde,Denken wir an uns aufs neue,Sehnen uns nach einer Treue,Die uns fest und zärtlich binde ...Und wir fühlen uns verwandt,Wie wir unser Bild erkannt.
Du hast mich an Dinge gemahnet,Die heimlich in mir sind,Du warst für die Saiten der SeeleDer nächtige flüsternde WindUnd wie das rätselhafteDas Rufen der atmenden Nacht,Wenn draußen die Wolken gleitenUnd man aus dem Traum erwacht,Zu blauer weicher WeiteDie enge Nähe schwillt,Durch Zweige vor dem MondeEin leises Zittern quillt.
Die wahre Ernte aller Dinge bleibt Und blüht in hoher Luft wie lichte Zinken, Das andere war nur da um wegzusinken.Und irgendwie geheimnisvoll erträgt Es unser Geist nur immer auszuruhen Auf Gleitendem, wie die Meervögel tuen.
Ich lösch das Licht Mit purpurner Hand, Streif ab die Welt Wie ein buntes Gewand Und tauch ins Dunkel Nackt und allein: Das tiefe Reich Wird mein, ich sein. Groß´ Wunder huschen Durch Dickicht hin, Quelladern springen Im tiefsten Sinn, O spräng noch manche, Ich käm in´ Kern,
Wie die Lieder wirbelnd erklingen!Wie sie fiedeln, zwitschern und singen!Wie aus den Blicken die Funken springen!Wie sich die Glücklichen liebend umschlingen!Jauchzend und schrankenlos,Sorglos, gedankenlosDreht sich der Reigen,Der Lebensreigen. –Ich muß schweigen,Kann mich nicht freuen,Mir ist so angst ...Finster am BergesrandWandelt die Wolke,Hebt sich des Herren HandDräuend dem Volke:Und meine Augen, sie sehens alleine,Und meine Sorgen verstehens alleine ...Es fiel auf mich in der schweigenden Nacht,Und es läßt mich nicht los,Wie dumpfer hallender Glockenlaut,Es folgt mir durch die Frühlingspracht,Ich hör es durch der Wellen Getos:Ich habe den Frevel des Lebens geschaut!Ich sah den Todeskeim, der aus dem Leben sprießt,Das Meer von Schuld, das aus dem Leben fließt,Ich sah die Fluten der Sünden branden,Die wir ahnungslos begehen,Weil wir andere nicht verstanden,Weil uns andere nicht verstehen.
Priester, du willst die Seele erkennen,Willst Gesundes vom Kranken trennen,Irrt dein Sinn oder lügt dein Mund?Was ist krank?! Was ist gesund?!Richter, eh du den Stab gebrochen,Hat keine Stimme in dir gesprochen:Ist das Gute denn nicht schlecht?Ist das Unrecht denn nicht Recht?Mensch, eh du einen Glauben verwarfst,Weißt du denn auch, ob du es darfst?Wärest du tief genug nur gedrungen,Wär dir derselbe Quell nicht entsprungen?
Der wandernde Wind auf den WegenWar angefüllt mit süßem Laut,Der dämmernde rieselnde RegenWar mit Verlangen feucht betaut.Das rinnende rauschende WasserBerauschte verwirrend die StimmenDer Träume, die blasser und blasserIm schwebenden Nebel verschwimmen.Der Wind in den wehenden Weiden,Am Wasser der wandernde Wind,Berauschte die sehnenden Leiden,Die in der Dämmerung sind.Der Weg im dämmernden Wehen,Er führte zu keinem Ziel,Doch war er gut zu gehenIm Regend, der rieselnd fiel.