Ich will den Schatten einziger Geschicke Groß an den Boden der Gedichte legen, Der jungen Helden ungeheure Blicke Und andre Götter, die den Sinn bewegen: Dann sollst du über ihren Rand dich neigen Und völlig hingegeben jenen Werken Spät nur dein gleitend Bild darin bemerken Mit einem wundervoll erschrocknen Schweigen.
Du hast mich an Dinge gemahnet,Die heimlich in mir sind,Du warst für die Saiten der SeeleDer nächtige flüsternde WindUnd wie das rätselhafteDas Rufen der atmenden Nacht,Wenn draußen die Wolken gleitenUnd man aus dem Traum erwacht,Zu blauer weicher WeiteDie enge Nähe schwillt,Durch Zweige vor dem MondeEin leises Zittern quillt.
Zuweilen kommen niegeliebte FrauenIm Traum als kleine Mädchen uns entgegenUnd sind unsäglich rührend anzuschauen,Als wären sie mit uns auf fernen WegenEinmal an einem Abend lang gegangen,Indes die Wipfel atmend sich bewegenUnd Duft herunterfällt und Nacht und Bangen,Und längs des Weges, unsres Wegs, des dunkeln,Im Abendschein die stummen Weiher prangenUnd, Spiegel unsrer Sehnsucht, traumhaft funkeln,Und allen leisen Worten, allem SchwebenDer Abendluft und erstem SternefunkelnDie Seelen schwesterlich und tief erbebenUnd traurig sind und voll TriumphgeprängeVor tiefer Ahnung, die das große LebenBegreift und seine Herrlichkeit und Strenge.
Lieber Gott und Engelein,Laßt mich gut und fromm seinUnd laßt mir mein HemdleinRecht bald werden viel zu klein.Laßt mich immer weiter gehn,Viele gute Menschen sehn,Wie sie aus den Augen sehn,Laßt sogleich mich sie verstehn.Und mit ihnen fort und fortFreuen mich an gutem Ort,Und zur Zeit der EinsamkeitGibt, daß Sternenglanz mich freut.
Was ist die Welt? Ein ewiges Gedicht,Daraus der Geist der Gottheit strahlt und glüht,Daraus der Wein der Weisheit schäumt und sprüht,Daraus der Laut der Liebe zu uns spricht,Und jedes Menschen wechselndes Gemüth,Ein Strahl ist´s, der aus dieser Sonne bricht,Ein Vers, der sich an tausend and´re flicht,Der unbemerkt verhallt, verlischt, verblüht.Und doch auch eine Welt für sich allein,Voll süß-geheimer, nie vernomm´ner Töne,Begabt mit eig´ner, unentweihter Schöne,Und keines Andern Nachhall, Widerschein.Und wenn du gr zu lesen drin verstündest,Ein Buch, das du im Leben nicht ergründest.
Jede Seele, sie durchwandelt der Geschöpfe Stufenleiter:Formentauschend, rein und reiner, immer höher, hell und heiter,Lebt sie fort im Wurm, im Frosche, im Vampir, im niedern Sklaven,Dann im Tänzer, im Poet, im Trunkenbold, im edlen Streiter ...Sehet: eine gleiche Reihe Seelenhüllen, TruggestaltenMuß der Dichtergeist durchwandeln, stets verklärter, stets befreiter:Und er war im Werden Gaukler, war Vampir und war Brahmane,Leere Formen läßt er leblos und strebt höher, wahrer, weiter ...Aber wissend seines Werdens, hat er werdend auch erschaffen:Hat Gestalten nachgebildet der durchlaufnen Wesensleiter:Den Vampir, den niedern Sklaven, Gaukler, Trunkenbold und Streiter.
Großer Garten liegt erschlossen,Weite schweigende Terrassen:Müßt mich alle Teile kennen,Jeden Teil genießen lassen!Schauen auf vom Blumenboden,Auf zum Himmel durch Gezweige,Längs dem Bach ins Fremde schreiten,Niederwandeln sanfte Neige:Dann, erst komme ich zum Weiher,Der in stiller Mitte spiegelt,Mir des Gartens ganze FreudeTräumerisch vereint entriegelt.Aber solchen VollbesitzesTiefe Blicke sind so selten!Zwischen Finden und Verlierenmüssen sie als göttlich gelten.All in einem, Kern und Schale,Dieses Glück gehört dem TraumTief begreifen und besitzen!Hat dies wo im Leben Raum?
Vater, dir drohet nichts, Siehe, es schwindet schon, Mutter, das Ängstliche, Das dich beirrte! Wäre denn je ein Fest, Wären nicht insgeheim Wir die Geladenen, Wir auch die Wirte?
Nimm dich in acht! Seltsame Kreise Spinnen sich leise Aus klagenden Augen Und sie saugen An deinem Glück! Einen Andern Hätten die Kreise Golden umgeben, Kraft ihm entzündend, Liebe verkündend; Dich aber quälen sie, Schweigend erzählen sie Dir von Entbehrung, Die du verschuldet hast, Dir von Entehrung, Die du geduldet hast, Und von Wünschen, unerfüllbar, Und von Sehnsucht, die unstillbar Ihr betrognes Herz durchbebt, Wie die Ahnung des Verlornen, Die um blasse Kinderwangen Und um frühverwelkte Blumen Traurig und verklärend webt.
Lieben, Hassen, Hoffen, Zagen,Alle Lust und alle Qual,Alles kann ein Herz ertragen,Einmal um das andere Mal.Aber weder Lust noch Schmerzen,Abgestorben auch der Pein,Das ist tödlich deinem Herzen,Und so darfst du mir nicht sein!Mußt dich aus dem Dunkel heben,Wär es auch um neue Qual,Leben mußt du, liebes Leben,Leben noch dies eine Mal!