Ich war bei dir, in einem andern Leben, und doch, ein andres Leben war es nicht. Ich sah dich wie in Lichtes Fluten schweben,und doch und doch gebrach es mir an Licht.War bei dir, ich weiß nicht, ob am Tage,ob auch vielleicht in sternenarmer Nacht, und finde keine Antwort auf die Frage, welch Intervall mich dir emporgebracht.Es schien mir wie in unbekannter Ferne, und doch war diese Ferne mir bekannt; du strahltest wie auf einem andern Sterne, und doch war dieser Stern mein Vaterland. Wir trafen uns so weltenabgelegen,ich weiß es nicht, in welchem Geisterreich; du kamst wie eine Fremde mir entgegen, und doch und doch erkannte ich dich gleich.Ich hatte dich so oft, so gern gesehen, als pilgernd ich zum Morgenlande kam; ich sah dich leiden, und so ist´s geschehen, daß ich dein Bild im Herzen mit mir nahm. Du gingst von dort nach allen, allen Landen. Doch, wo du grüßtest, dankte man dir kaum. So bliebst du unbeachtet, unverstanden,ein armes Weib der Menschheit Jugendtraum.Nun war ich bei dir, jetzt, emporgetragen von meiner Liebe, die dir treu verblieb,denn wie sie dich geliebt in jenen Tagen, so hat dich meine Seele jetzt noch lieb.Und wie mein Herz dein Weh mit dir gelitten, der Menschheit großes, selbstverschuldet Leid, so hab ich mutig stets für dich gestrittenund bin für dich auch ferner kampfbereit. Mir ist ja die Erkenntnis aufgegangen, die leider nicht ein Jeder in sich trägt,daß der Verwandtschaft Bande uns umfangen und daß mein Puls grad wie der deine schlägt. Ich weiß es, daß ich mit dir steh und falle;daß deine Zukunft auch die meine ist und daß als leiser Ton ich mit erschalle in dem Akkorde; dessen Klang du bist. Als dieser Ton bin ich emporgeklungen auch heut zu dir und klinge fort und fort; als dieser Ton hab ich auch mitgesungen dein Klagelied, dein holdes Friedenswort. Ich weiß es wohl, es wird umsonst erklingen, so viel der Mensch vom Völkerfrieden spricht; ihn kann ja nur die wahre Liebe bringen,und diese, diese kennt der Mensch noch nicht. Ich dachte dein und durfte zu dir steigen;es war so licht, so hell, so klar bei dir,und dennoch konntest du dich mir nicht zeigen, denn dunkel, menschendunkel war´s bei mir.Du gingst vorüber, und in frommer Feier verklang in mir der Wehmut heilger Ton;es legte sich um mich der Hoffnung Schleier - - du warst verschwunden; warst der Welt entflohn.
Ergib dich drein, du liebes Menschenkind, daß deine Wege nicht die meinen sind. Es kann nicht Alles so, wie du willst, sein; du bist nicht Herr; ergib dich ruhig drein!Ergib dich drein, und forsch und hadre nicht; tu, was die heilge Stimme in dir spricht.Sie flüstert dir das einzig Richtge ein;sie täuscht dich nicht; ergib dich ruhig drein!Ergib dich drein. Beschwerlich ist der Steg, der deiner harrt, fernab vom breiten Weg. Schlägst du ihn ein, schlägst du ihn gläubig ein, so wird er dir ein Pfad zum Himmel sein!
Frag doch einmal, und laß dir endlich zeigen,wohin du kommst, wenn du so weitergehst.Du sollst nicht abwärts sondern aufwärts steigen;drum halte ein, und siehe, wo du stehst!Frag nicht die Welt, nicht sterbliche Propheten;schon mancher, mancher frug sie und beklagts.Frag nur die Wahrheit, und sie wird dann reden;frag nur den Himmel, und der Himmel sagts!Und weißt du, wo du diese Wahrheit findest?Und weißt du auch, wo dieser Himmel ist?Ich sehe, wie du dich verlegen windest;du weißt es nicht! Nun sag, bist du ein – Christ?
Ring dich nieder; ring dich nieder! Welch ein Wort und wie so wahr.Sag dir´s täglich, stündlich wieder; werde dir darüber klar!Ring dich nieder, um zu zeigen, daß du deine Psyche kennst.Du kannst dich nur dann erreichen, wenn du von dir selbst dich trennst.Ring dich nieder, bis zerronnen ist dein ganzes, ganzes Ich; dann hast Alles du gewonnen, was verloren ist für dich.Ring dich nieder; gehe unter, bis du gänzlich dir entschwebst; dann geschieht das große Wunder, daß du tausendfältig lebst.Ring dich nieder; ring dich nieder; lös dich auf, und gehe ein; sterbend auferstehst du wiederund wirst ein Verklärter sein!
Denk oft zurück ins eigne Leben; verlang von andern nicht zu viel!Du weißt, es führte dich dein Streben auch nur so nach und nach ans Ziel.Du hast den Schwachen gern zu schonen; du wurdest doch wohl auch geschont. Die Liebe wird bei ihm sich lohnen,wie sie sich einst bei dir gelohnt.Und bist du auch nicht ganz zufrieden mit dem, was er für dich gemacht, wir Menschen sind ja so verschieden: Er hat es anders sich gedacht.Du solltest dich darüber freuen, daß er dir guten Willen zeigt.Auch du hast manches zu bereuen, auch dir fiel wohl nicht alles leicht.Drum laß den Zorn nicht überfließen; üb´ immer Nachsicht, hab´ Geduld; denn wenn dich etwas will verdrießen, bist du vielleicht auch selbst mit schuld.
Der Schlehdorn steht in Blüten, nun da ich scheiden muß.Die Schwalbe aus dem Süden bringt mir den Abschiedsgruß.Der Schlehdorn steht in Blüten; so blühst, mein Kind, auch du. Brich sie für mich, den Müden, deck mich mit ihnen zu.Der Schlehdorn steht in Blüten; welch eine süße Last.Mag dich der Herr behüten, wenn du mich nicht mehr hast!
Sei still in Gott, still wie das Meer! Nur seine Fläche streift der Wind, und tobt als Sturm er noch so sehr, wiß, daß die Tiefen ruhig sind.Sei weit in Gott, weit wie das Meer!Es wogt nicht bloß am heim´schen Strand, und wird dir´s auch zu glauben schwer, wiß, drüben gibt´s doch wieder Land.Sei tief in Gott, tief wie das Meer!Nach dort, wo dich die Welt vergißt,sei dein Verlangen, dein Begehr, wiß, daß die Tiefe Höhe ist.Ja, sei, mein Herz, stets wie das Meer in Gott so still, so tief, so weit!Dann landest du nicht hoffnungsleer am Küstensaum der Ewigkeit.
Ich schlafe ein an meiner Mutter Brust; o welche Wonne, welche selge Lust! Die Mutter ist so fromm; sie ist so rein,und ich will so wie sie auch immer sein.Ich schlafe ein an meiner Mutter Brust; o welche Wonne, welche selge Lust! Sie ist so lieb; sie ist so mild, so gut; ich sag ihr Alles, was mir wehe tut.Ich schlafe ein an meiner Mutter Brust; o welche Wonne, welche selge Lust! Geht sie dereinst in Gottes Himmel ein, wird sie mein Engel, o mein Engel sein!
Gib dich nicht hin dem irrigen Gedanken, daß du ein Spielball blinden Loses seist. Befreie dich von deinen engen Schranken, und such nach ihm, der für dich Zufall heißt.Du wirst sehr bald ein göttlich Walten spüren, wohin du blickst, sei nah es oder fern,und dies Empfinden wird dich weiter führen, bis du sie deutlich fühlst, die Hand des Herrn.Zwar wird von ihr dem Unverstande nimmer das, was er will, schnell in den Schoß gelegt, doch kennt die Weisheit und die Liebe immer den Wunsch, der sich in deinem Herzen regt.Und ist die Sonne heute dir entschwunden, so wirst du sie schon morgen wiederschaun.Es hängt der Ratschluß Gottes nicht an Stunden; er fordert nur Gehorsam und Vertraun.