Schließ ab, schließ ab an jedem Tag des Lebens, und frage dich, zu welchem Zweck du lebst.Stets mußt du wissen, ob du wohl vergebens, ob mit Erfolg nach diesem Ziele strebst.Ein kluger Mann will keine einz´ge Stunde im Zweifel über seine Lage sein;er fordert von ihr klare, sichre Kundeund prägt sich, was sie sagt, für immer ein.Wer das nicht tut, der gleicht den armen Frauen, die ohne Öl und nie gerüstet sind.Sie schlafen fort im blinden Selbstvertrauen und sind, wie dies Vertrauen, selbst auch blind.
Nun gehst du hin in Frieden, du schöner, goldner Tag. Bist du von uns geschieden, ich doch nicht trauern mag.Du kehrst doch morgen wieder; nicht ewig währt die Nacht;dann steigst du vom Himmel hernieder in neuer uns segnender Pracht.So werd auch ich in Frieden von hinnen scheiden gehn; es gibt doch schon hinieden ein geistig Auferstehn. Am Firmament geschrieben steht mein und euer Glück:Als segnender Engel, ihr Lieben, kehr täglich zu euch ich zurück.
Siehst du ein Menschenkind in Tränen, verhaltnes Schluchzen in der Brust,so wolle ja nicht, ja nicht wähnen, daß du mit Worten trösten mußt.Vermeide es, ihn zu beraten; geh weiter, aber sende dann die Liebe, die in stillen Tatenihm heimlich, heimlich helfen kann.Berührt ein kalter Schall die Wunde, so schmerzt er nur und heilt sie nicht; der Trost wohnt nicht im leeren Munde, er ist des Herzens tiefste Pflicht.Vor einem Wort am rechten Orte kehrt wohl der Harm beruhigt um, doch wahrer Schmerz hat keine Worte, und auch der wahre Trost ist stumm.
Hast du gelebt? O, wolle Antwort geben:Hältst du dein Leben wirklich für ein Leben,das dich zu sich zurück, zum Leben, führt?Wie weit bist du zum Urquell vorgedrungen,dem deine Seele, dem dein Sein entsprungen,dem deine ganze Strebenskraft gebührt?Hast du geglaubt? O, wolle mir doch sagen,wie viele wohl von deinen Erdentagenden wahren, ächten Sonnenschein gekannt.Der Glaube gibt Unendlichkeit des Schauensim klaren, warmen Lichte des Vertrauensund zeigt dir jenes, nicht nur dieses Land.Hast du gewirkt? O, wolle mich verstehen:Ich sehe fleißig dich zur Arbeit gehen;du sorgst und kämpfest in und mit der Zeit.Doch, öffnet sich dir einst die dunkle Pforte,so knarren in den Angeln dir die Worte:»Hast du gewirkt auch für die Ewigkeit?«
Sprich nie ein liebeloses Wort,denn es ist nicht ein leerer Schall.Du sendest es zwar von dir fort,doch bleibt es bei dir überall.Es geht mit dir, wohin du gehst,begleitet dich auf Schritt und Tritt,und ob du es auch nicht verstehst,es nimmt sogar noch andre mit.So wächst die liebelose Schar,die nichts als Böses von dir spricht,und was zuerst ein Wort nur war,das wird zum Spruch einst im Gericht.
O Liebe, die ich endlich nun erfaßtund die du mich so ganz ergriffen hast, daß ich nur dir, nur dir zu eigen bin,nimm mich; nimm mich; ich gebe mich dir hin.Wer sich mit seinem Sein in dich versenkt, dem wird von dir ein besseres geschenkt,denn was du von ihm nimmst, gibst du als Glück, als Seligkeit ihm tausendfach zurück.So will ich durch dich und in dir alleinnur im Beglücken selbst auch glücklich sein, will nimmer rasten und will nimmer ruhn, nur was du willst, nichts Anderes tun.Jedoch damit ich ja nicht irre geh und unter Lieben schwach zu sein versteh, so gib mir deinen Bruder an die Hand, den klugen Lebensführer, den Verstand!
Schau auf, schau auf zum Firmament, und laß von ihm dir zeigen:Von allen Sternen, die ihr kennt, hat keiner Licht zu eigen.Trotz ihrer Größe, ihrer Zahl sind sie nur Lichtverbreiter;ein jeder nimmt des andern Strahl und gibt ihn folgsam weiter.Der einz´ge Sonnenquell des Lichts ist des Allmächt´gen Liebe,und selbst auch diese wäre nichts, wenn sie nicht leuchtend bliebe. Sie geht im Strahlenkleide aus, sich selbst der Welt zu geben, macht jeden Stern zu Gottes Haus und küßt ihn wach zum Leben.Schau auf, schau auf zum Sternenzelt, und laß von ihm dir sagen:Die Liebe wird von einer Welt der andern zugetragen.Gibt sie ein Stern dem andern nicht, weil er Gott nicht verstanden,so ist er für sie ohne Licht und also nicht vorhanden.
Ich war bei dir, in einem andern Leben, und doch, ein andres Leben war es nicht. Ich sah dich wie in Lichtes Fluten schweben,und doch und doch gebrach es mir an Licht.War bei dir, ich weiß nicht, ob am Tage,ob auch vielleicht in sternenarmer Nacht, und finde keine Antwort auf die Frage, welch Intervall mich dir emporgebracht.Es schien mir wie in unbekannter Ferne, und doch war diese Ferne mir bekannt; du strahltest wie auf einem andern Sterne, und doch war dieser Stern mein Vaterland. Wir trafen uns so weltenabgelegen,ich weiß es nicht, in welchem Geisterreich; du kamst wie eine Fremde mir entgegen, und doch und doch erkannte ich dich gleich.Ich hatte dich so oft, so gern gesehen, als pilgernd ich zum Morgenlande kam; ich sah dich leiden, und so ist´s geschehen, daß ich dein Bild im Herzen mit mir nahm. Du gingst von dort nach allen, allen Landen. Doch, wo du grüßtest, dankte man dir kaum. So bliebst du unbeachtet, unverstanden,ein armes Weib der Menschheit Jugendtraum.Nun war ich bei dir, jetzt, emporgetragen von meiner Liebe, die dir treu verblieb,denn wie sie dich geliebt in jenen Tagen, so hat dich meine Seele jetzt noch lieb.Und wie mein Herz dein Weh mit dir gelitten, der Menschheit großes, selbstverschuldet Leid, so hab ich mutig stets für dich gestrittenund bin für dich auch ferner kampfbereit. Mir ist ja die Erkenntnis aufgegangen, die leider nicht ein Jeder in sich trägt,daß der Verwandtschaft Bande uns umfangen und daß mein Puls grad wie der deine schlägt. Ich weiß es, daß ich mit dir steh und falle;daß deine Zukunft auch die meine ist und daß als leiser Ton ich mit erschalle in dem Akkorde; dessen Klang du bist. Als dieser Ton bin ich emporgeklungen auch heut zu dir und klinge fort und fort; als dieser Ton hab ich auch mitgesungen dein Klagelied, dein holdes Friedenswort. Ich weiß es wohl, es wird umsonst erklingen, so viel der Mensch vom Völkerfrieden spricht; ihn kann ja nur die wahre Liebe bringen,und diese, diese kennt der Mensch noch nicht. Ich dachte dein und durfte zu dir steigen;es war so licht, so hell, so klar bei dir,und dennoch konntest du dich mir nicht zeigen, denn dunkel, menschendunkel war´s bei mir.Du gingst vorüber, und in frommer Feier verklang in mir der Wehmut heilger Ton;es legte sich um mich der Hoffnung Schleier - - du warst verschwunden; warst der Welt entflohn.
›Ich liebe‹ ist ein Gotteswort›Ich liebe‹ dringt ins Herz hinein.›Ich liebe‹ will an jedem Ortgegeben, nur gegeben sein.›Ich liebe‹ kam vom Himmel einst zu dir, zu mir, zu aller Welt.Doch ist es nicht das, was du meinst und was als Liebe sich verstellt.›Ich liebe‹ ist nicht ein Begehr; ›Ich liebe‹ dient und opfert nur, und fällt dir eine Liebe schwer, so ist sie himmlischer Natur.Die Erde lebt seit Anbeginnvon dem, was ihr der Himmel gibt; er aber lebt und gibt sich hin, denn daß er lebt, heißt, daß er liebt.