Seht dort den Regentropfen beben An jenes Baumes dunkelm Stamm! Als Demant glänzt er hell im Schweben, Doch sinkt er nieder, wird er Schlamm. – Allein, ihn wieder aufzuraffen Und ihn, der farblos erst und fahl, Aufs Neu´ zum Demant umzuschaffen, Genügt´s an einem Sonnenstrahl. So zittert auch am Baum des Lebens Das Frauenherz im Sturm der Welt, Sein Ringen, Kämpfen ist vergebens, Zu schwach ist seine Kraft, es fällt! Doch um sich leuchtend zu erheben, Von seinem tiefen Sündenfall, Und ätherklar empor zu schweben Braucht es nur einen Liebesstrahl.
So lang uns noch die Jugend blüht,Ergreift oft, ehe wir´s gedacht,Grundlose Trauer das Gemüt,Und unsre Thränen fließen sacht.Doch wem des Alters EulenflugDie Stirne streifte kalt und schwer,Zur Trauer hätt´ er Grund genug,Nur hat er keine Thränen mehr.
Ich hoffte einst auf schöne TageUnd lauschte mit erschloß´ner BrustDer mährchenhaften WundersageVon ewig heitrer Liebeslust.In jugendfrohem ÜbermutheGlaubt´ ich von jedem Glück und Gute,Daß es mir zugewiesen sei –Es ist vorbei!Und als der fromme Wahn entschwunden,Da fleht´ ich, stolz auf meine Qual:Bleibt ewig offen, meine Wunden,Als unvergänglich Liebesmahl.Und mußten Freud und Glück verwehen,So soll mein heil´ger Schmerz bestehen,Daß Eines doch unsterblich sei –Es ist vorbei!
Die Tugend, die ich meine,Für die mein Herz in Brand,Abhold dem eitlen Scheine,Trägt sie ein schlicht Gewand.Sie rührt den Sinn der MengeMit holdem Reize nicht;Aus ihrem Aug´ blickt Strenge,Ernst ist ihr Angesicht.Spät reifen ihre Saaten,Und karg scheint ihr Gewinn;Es reißen ihre ThatenNicht zur Bewund´rung hin.Nach ewig heil´gen ZielenFährt sie auf rauher Spur,Gehaßt, verfolgt von vielen,Geliebt von wen´gen nur.Wer kühn sich ihr will weihen,Der nehme wohl in acht:Ihm Lorbeer´n zu verleihen,Steht nicht in ihrer Macht!Mit schmetternden FanfarenBegrüßt ihn nicht der RuhmIn seinem unscheinbaren,Selbstlosen Heldentum.Sie aber, die er schützet,Der er sich zugesellt,Nur sie erhält und stützetUnd trägt den Bau der Welt.Es ist die Hehre, ReineZu höchstem Dienst geweiht!Die Tugend, die ich meine,Ist die Gerechtigkeit.
Wenn ich dereinst entrückt dem Lebensstande,Wenn die in mir, dem flüchtigen Phantome,Für kurze Zeit vereinigten AtomeEinst wieder frei und ledig ihrer Bande:Was dann aus ihnen wird? mich soll´s nicht kümmern,Ob sie der Tiernatur sich einverleiben,Als Wirbel Staubes durch die Lüfte treiben,Im Farbenglanze duft´ger Blumen schimmern!An einem Wunsche laß ich mir´s genügen:Was auch ihr Schicksal sei, ob hoch, ob nieder,Sie mögen sich nur nimmer, nimmer wiederZu einem Menschenbild zusammenfügen!
Es hat der bangen, schreckerfüllten WeltDie Kirche einst den Lehrsatz aufgestellt,Daß zu der Pein der ew´gen HöllenflammeDer Irrthum schon, nicht bloß die Schuld verdamme.Doch eine lich´tre, bess´re Zeit begann,Des alten Molochglaubens Spuk zerrann;Die Kirche selber mußte anerkennen,Daß Irrthum von der Sünde wohl zu trennen.Das Schicksal nur, das Thränen mir erpreßt,hält noch an jenem grausen Dogma fest,Und straft mich für den Wahn, der mich befangen,Als hätt´ ich Frevel sonder Zahl begangen.Wenn, daß ich schmerzlich mich in Dir geirrt,Mir nicht als Sünde angerechnet wirdDann, wahrlich! habe ich sie nicht verschuldetDie bitt´re Qual, die jetzt mein Herz erduldet!
An einem Frühlingsmorgen Mir hat die Nacht nicht Schlummer,Erquickung nicht gebracht!Allein mit meinem KummerHab´ ich sie still durchwacht. Gottlob! nun seh´ ich blinkenDes Morgens dämmernd Grau,Und alle Blumen trinkenDen milden Segensthau. Es wenden meine BlickeSich hoffend himmelwärts -Mit deinem Thau erquicke,O Herr! auch dieses Herz.
Was dir zumeist am Herzen nagt? O prüfe dich! du wirst gestehen, Das Leid nicht ist´s, das dir geschehen, Und nicht die Sorge, die dich plagt. Du könntest sie zur Not vergessen, Doch nimmermehr das Traumbild dessen Was dein Geschick dir streng versagt. Nur dieses, und nur dies allein, Steht immerdar vor deinen Augen, Es darf dir Kraft und Mut entsaugen, Zerrütten dir dein innerst Sein; O Thorheit! Thorheit, unermessen! Für Güter, die du nie besessen, Erträgst du des Verlustes Pein!
Vor allen deinen SchwesternGepriesen seist du mirDu, die so heut wie gesternDes Gartens blüh´nde Zier.Die, wenn die andern langeDen letzten Duft verstreut,In freud´gem LebensdrangeSich immerfort erneut!Laß sie nur prunkend stehenUnd hauchen würz´gen Brand!Sie blühen und verwehen,Du aber hast Bestand.Du rankst an welken HagenUnd zauberst unserm BlickNoch in des Herbstes TagenDen Rosenmond zurück. –Mir spiegelt sich in jenenDas Glück, das lockend gleißtUnd, wenn wir´s unser wähnen,Sich unserm Arm entreißt;In dir der stete Segen,Den mild ein guter GeistAuf unsern ErdenwegenUns still begleiten heißt.Hold tritt er uns entgegen,Wenn bang die Seele ringt,Der unscheinbare Segen,Den jeder Tag uns bringt!
Wenn dich bittres Weh durchfuhr,Trachte dann, eh´ dich´s bezwungen,Zu verfolgen seine SpurBis zum Quell, dem es entsprungen.Findest du dann, daß der Gram,Störend deiner Nächte Schlummer,Von dem Schicksal zu Dir kam,So bezwinge deinen Kummer.Denkend, daß des Schicksals WitzNeu will sein an jedem MorgenUnd daß drum ein gleicher BlitzKünftig nicht mehr zu besorgen.Wohl verschieden ist der Fall,Doch nicht größer sei die Beugniß,Nennt dich Ursach Deiner QualDeines Geist´s wahrhaft´ges Zeugnis.Suche dann ohn´ Ruh und RastDeinen Fehler zu entdecken;Wenn du ihn gefunden hast,Wirf hinaus den dunklen Flecken!Kämpfe, bis, was dich bethört,Du besiegt und überwunden.Ist sein böser Keim zerstört,Ist das Unglück bald verschwunden.So kannst du in jeder Art,Hoffend glauben, daß das Leiden,Trübend deine Gegenwart,Deine Zukunft werde meiden.