Willst du erschau´n, wie viel ein Herz kann tragen,O blick´ in mein´s!So reich an Wunden, vom Geschick geschlagen,War wohl noch kein´s.Doch mitten in den wütendsten OrkanenErhob ich mich,Und schritt dahin auf meinen fernen Bahnen –Wie stark war ich!Wie ward mir doch nun so mit einemmaleDie Kraft geraubt?Es trotzte mutig dem GewitterstrahleMein stolzes Haupt,Doch als du zu mir sprachst mit leisem Grüßen:"Ich liebe dich!"Da sank ich still und weinend dir zu Füßen –Wie schwach bin ich!
Gieb es auf, mir deine Pein,Stolzen Sinnes, zu verhehlen!Andre täuschen mag der Schein,Doch nicht schmerzverwandte Seelen!Diese sind, ob auch ihr BundFremdem Aug´ nicht sichtbar scheine,Auf dem weiten ErdenrundEine mystische Gemeine.Wer an seines Glückes Bahr Hielt die ernste Todtenwache,Zählt zu der geweihten Schaar,Und versteht des Schmerzens Sprache.Und die Brüder kennen sichAn geheimen Ordenszeichen,Wenn sie, wie jetzt du und ich,Still bewegt die Hand sich reichen.
Nicht wahr, ihr Alle wünscht, wenn einst die StundeGekommen, wo die andern Wünsche enden,In eurer Lieben Mitte zu entsendenDen letzten Hauch vom todesblassen Munde?Verlangt es mich im tiefsten SeelengrundeNach solchen Glückes heilig süßen Spenden,Muß ich mich an den holden Frühling wenden,Den einz´gen Freund, mit welchem ich im Bunde.Und weil kein and´rer Gruß die dunkle GruftMit Liebesschimmer sanft mir wird umfärben,Wenn nicht sein Gruß als Licht und Sang und Duft,Möcht ich mir dieses milde Loos erwerben:Zur Zeit der Blühten und der sonn´gen LuftAn schönen Frühling´s schönstem Tag zu sterben!
Als uns´rer Seelen AeolsharfensaitenVom Gotteshauch der Liebe laut erklangen,Als uns´re Geister glühend sich durchdrangen,Nicht wahr, mein Freund! Das waren schöne Zeiten!Das ist vorbei, und jene Seligkeiten,Zu süß in ird´schem Gefild´ zu prangen,Sie sind in Nacht und Tod dahingegangenAls ich dein schwankend Herz sah von mir gleiten.Doch, ob auch liebeleer nun deine Brust;Ein starkes Band wird ewig uns vermählen,Im Innersten ist´s trostvoll mir bewußt:Denn ewig werden uns´re düstern Seelen,Gefall´nen Engeln ähnlich, von der LustVerlornen Edens trauernd sich erzählen.
So lang uns noch die Jugend blüht,Ergreift oft, ehe wir´s gedacht,Grundlose Trauer das Gemüt,Und unsre Thränen fließen sacht.Doch wem des Alters EulenflugDie Stirne streifte kalt und schwer,Zur Trauer hätt´ er Grund genug,Nur hat er keine Thränen mehr.
Wie süß du meiner Seele bist,Ich weiß es nicht zu sagen!Was still in meinem Innern sprießt,Will nicht an´s Licht sich wagen.Vom Lenze, der in meiner BrustGeweckt ein neues Leben,Vermag ich, wollend und bewußt,Den Schleier nicht zu heben.Es sei! Wozu versucht ich auchIhn absichtsvoll zu lüften?Du merkst den warmen FrühlingshauchAn seinen linden Düften.In meinen feuchten Augen siehstDu Licht des Morgens tagen –Wie süß du meiner Seele bistBrauch´ ich dir nicht zu sagen!
Wenn deine Schönheit, dein Talent man preist,Sei der Gedanke stets dir gegenwärtig:Das Leben wird mit allem, allem fertig,Und wie das Antlitz altert auch der Geist.Du meinst: »Verschmerzen läßt sich der Verlust,Die Zeit mag ihres strengen Amtes walten,Bleibt mir nur eins, das Köstlichste, erhalten:Die tiefe Liebeskraft in meiner Brust!«So wisse: müd, erschöpft und abgehetztFühlst du dereinst auch diese Kraft dir schwinden,Dein Herz vertrocknet, stumpf wird dein Empfinden,Nicht lieben kannst du mehr – was bleibt zuletzt?!
Weiße Rose, die so bleichUnd so duftig blüht!Liebe, die so schmerzenreichUnd so selig glüht!Was an ew´ger GeistessaatMir der Herr geschenkt,Meine ganze Seele hatSich darein versenkt! –Pflanzen laß die Rose michIn den Staub vor dir,Nicht zum Schmuck und Stolz für dich,Doch zur Wonne mir.
Das Meer hat die Spuren des Sommers gelöschtbald wird auch die Sonne vereisenin der Januarnebelwandsetz deine Gedanken dort in den Kahnvon Fischern an den Strand geschobenzum Winterschlafhäng deine Gedankenin das kahle Astwerk der Bäumeunter den Orgeltönen der rauhen Seeerst auf dem Rückweghol sie dir wiedersammel sie einGeläutert
Wähne nicht, daß in dem Weltgewühle,Je ein Herz so wie das Deine fühle,Daß ein andres folge Deiner Spur.Wähne nicht, in sehnendem Umschlingen,Andrer Herzen also durchzudringen,Daß sie mit dem Deinen eines nur. Einsam bist du, ob die bunte Menge,Lobend oder tadelnd Dich umdränge,Einsam in dem Kampf wie in der Ruh.Einsam, bei der Freunde Scheinerbarmen,Einsam selbst in Deines Liebsten Armen,Denn sie alle sind nur sie, nicht Du. Lerne drum, aus ihrem Kreis verschwinden,Dich in Deiner eigenen Brust zurechtzufinden,Lerne Du, Dein eigener Freund zu sein!Alle Schwüre, die sie Dir versprechen,Unwillkürlich werden sie sie brechen.Deines Lebens Losung heißt: Allein!