An einem Frühlingsmorgen Mir hat die Nacht nicht Schlummer,Erquickung nicht gebracht!Allein mit meinem KummerHab´ ich sie still durchwacht. Gottlob! nun seh´ ich blinkenDes Morgens dämmernd Grau,Und alle Blumen trinkenDen milden Segensthau. Es wenden meine BlickeSich hoffend himmelwärts -Mit deinem Thau erquicke,O Herr! auch dieses Herz.
Wenn dich bittres Weh durchfuhr,Trachte dann, eh´ dich´s bezwungen,Zu verfolgen seine SpurBis zum Quell, dem es entsprungen.Findest du dann, daß der Gram,Störend deiner Nächte Schlummer,Von dem Schicksal zu Dir kam,So bezwinge deinen Kummer.Denkend, daß des Schicksals WitzNeu will sein an jedem MorgenUnd daß drum ein gleicher BlitzKünftig nicht mehr zu besorgen.Wohl verschieden ist der Fall,Doch nicht größer sei die Beugniß,Nennt dich Ursach Deiner QualDeines Geist´s wahrhaft´ges Zeugnis.Suche dann ohn´ Ruh und RastDeinen Fehler zu entdecken;Wenn du ihn gefunden hast,Wirf hinaus den dunklen Flecken!Kämpfe, bis, was dich bethört,Du besiegt und überwunden.Ist sein böser Keim zerstört,Ist das Unglück bald verschwunden.So kannst du in jeder Art,Hoffend glauben, daß das Leiden,Trübend deine Gegenwart,Deine Zukunft werde meiden.
Als uns´rer Seelen AeolsharfensaitenVom Gotteshauch der Liebe laut erklangen,Als uns´re Geister glühend sich durchdrangen,Nicht wahr, mein Freund! Das waren schöne Zeiten!Das ist vorbei, und jene Seligkeiten,Zu süß in ird´schem Gefild´ zu prangen,Sie sind in Nacht und Tod dahingegangenAls ich dein schwankend Herz sah von mir gleiten.Doch, ob auch liebeleer nun deine Brust;Ein starkes Band wird ewig uns vermählen,Im Innersten ist´s trostvoll mir bewußt:Denn ewig werden uns´re düstern Seelen,Gefall´nen Engeln ähnlich, von der LustVerlornen Edens trauernd sich erzählen.
Es gab der Gott, zu dem wir beten,Dem Lenz der Blüten bunt Gewirr,Den Sonnen gab er die Planeten,Und meine Seele gab er dir.Er gab dem nachtbedeckten MeereDes Mondesstrahles lichte Zier,Dem dunkeln Grund die gold´ne Ähre,Und deine Liebe gab er mir!
Für jene mag man Haß empfinden,In deren Freveln noch die Spur,Ein leiser Schimmer noch zu findenDer ewig menschlichen Natur.Allein der Schlangen falsch Gezücht,Das, wenn es giftig uns verwundet,Nur seine Eigenart bekundet,Zertritt man, doch man haßt es nicht!
Mit jenen nicht, die mich umgeben, Verbring´ ich diesen Rest von Leben, Nein! mit der Heimgegang´nen Schaar. Mit ihnen, die in fernen Tagen Mich sah´n in meiner Blüte ragen, Und deren Zeit die meine war! Beim Fest, im dicht gedrängten Saale, Im stillen Wald beim Mondesstrahle Verfolg´ ich träumend ihre Spur; Und hier wie dort, auf allen Wegen Tritt mir vertraut ihr Bild entgegen, Nur reiner und verklärter nur! Und aus dem Mund der teuren Schemen Mein´ ich die Frage zu vernehmen, Die mir im eig´nen Herzen brennt: »Allein, allein auf dieser Erde, Was hoffst du wohl, daß dir noch werde? Was hält dich noch von uns getrennt?«
Daß ich dich liebe tief und heiß,Das hab ich oft empfunden,Wenn deiner Nähe ZauberkreisGlückatmend mich umwunden;Wenn mich dein Arm so fest umschlang,Dein Wort in seiner SüßeZu meinem tiefsten Herzen drang,Wie tausend Jenseitsgrüße.Doch daß du selbst mein innerst SeinUnd Herz von meinem Herzen,Daß du nur in der Seele meinWach rufest Lust und Schmerzen,Daß du ein heil’ger Engel bist,Für mich als Mensch geboren,Das weiß ich erst seit kurzer Frist:Erst seit ich dich verloren.
Mir ist als legten leiseSich Nebel um mich her,Vom bunten MenschenkreiseMich scheidend mehr und mehr.Erinnerungen sind es,Aus Lust und Leid gewebt,Die man, will´s ein gelindesGeschick, mit mir begräbt!Mir ist, als brauste, grollteUm mich ein Ocean,Den ich, wie gern ich wollteNicht überbrücken kann.Dieß Meer, deß banger KlageDie Seele träumend lauscht,Es sind die fernen Tage,Die an mir hingerauscht!Vereinsamt im Gewühle,Das rastlos drängt und schafft,Vergangenheit! wie fühleIch mich in deiner Haft!Erschöpft vom Lebensstreite,Den Wunsch auf nichts gestellt,Ein dunkler Schatten gleiteIch durch die blüh´nde Welt!
Wenn ich dereinst entrückt dem Lebensstande,Wenn die in mir, dem flüchtigen Phantome,Für kurze Zeit vereinigten AtomeEinst wieder frei und ledig ihrer Bande:Was dann aus ihnen wird? mich soll´s nicht kümmern,Ob sie der Tiernatur sich einverleiben,Als Wirbel Staubes durch die Lüfte treiben,Im Farbenglanze duft´ger Blumen schimmern!An einem Wunsche laß ich mir´s genügen:Was auch ihr Schicksal sei, ob hoch, ob nieder,Sie mögen sich nur nimmer, nimmer wiederZu einem Menschenbild zusammenfügen!