Es hat der bangen, schreckerfüllten Welt
Die Kirche einst den Lehrsatz aufgestellt,
Daß zu der Pein der ew´gen Höllenflamme
Der Irrthum schon, nicht bloß die Schuld verdamme.

Doch eine lich´tre, bess´re Zeit begann,
Des alten Molochglaubens Spuk zerrann;
Die Kirche selber mußte anerkennen,
Daß Irrthum von der Sünde wohl zu trennen.

Das Schicksal nur, das Thränen mir erpreßt,
hält noch an jenem grausen Dogma fest,
Und straft mich für den Wahn, der mich befangen,
Als hätt´ ich Frevel sonder Zahl begangen.

Wenn, daß ich schmerzlich mich in Dir geirrt,
Mir nicht als Sünde angerechnet wird
Dann, wahrlich! habe ich sie nicht verschuldet
Die bitt´re Qual, die jetzt mein Herz erduldet!

Betty Paoli

Mehr von

österreichische Lyrikerin und Essayistin, Novellistin, Übersetzerin
* 30.12. 1814 - Wien
5.7. 1894 - Baden bei Wien
Bitte anmelden, um Kommentare zu sehen und zu posten