Wie schön, wie schön ist dieses kurze Leben,Wenn es eröffnet alle seine Quellen!Die Tage gleichen klaren Silberwellen,Die sich mit Macht zu überholen streben.Was gestern freudig mocht´ das Herz erheben,wir müssen´s lächelnd heute rückwärts stellen;Wenn die Erfahrungen des Geistes schwellen,Erlebnisse gleich Blumen sie durchweben.So mag man breiter stets den Strom erschauen,auch tiefer mählich sehn den Grund wir winkenUnd lernen täglich mehr der Flut vertrauen.Nun zierliche Geschirre, sie zu trinken,Leiht, Götter! uns, und Marmor, um zu bauenDen festen Damm zur Rechten und zur Linken.
Welch lieblich Wunder nimmt mein Auge wahr?Dort fließt ein Brünnlein, gar so frisch und klar,ein holzgeschnitzter Meergott gießt den Trankin eine ausgehöhlte Eichenbank!Der Westwind hat die Glut herangeweht,der alte Gott in vollen Flammen steht,und aus der Feuersäule quillt der Schwall,des Wasserstrahls lebendiger Kristall!Wie fröhlich tönt der schöne Silberstrang,gleich jenem Kleeblatt, das im Feuer sang!Du klares Leben, ew´ger Wellenschlag,was sendet aus der Tiefe dich zu Tag?Ich glaubt´, ein Brunnenhaus sei feuerfest,nun ist ein Häuflein Kohle hier der Rest!Die Quelle aber rieselt frisch und reinauch über Kohlen in die Welt hinein.Wer weiß, wie lange schon der Bergquell springt?Wer weiß, wie lang´ er noch zu Lichte dringt?Auf, schnitzelt einen neuen Brunnenmann,der wieder hundert Jahr ihn fassen kann!
Siehst du den Stern im fernsten Blau?Der flimmernd fast erbleicht?Sein Licht braucht eine Ewigkeit,Bis es dein Aug´ erreicht.Vielleicht vor tausend Jahren schonZu Asche stob der Stern;Und doch steht dort sein milder ScheinNoch immer still und fern.Dem Wesen solchen Scheines gleicht,Der ist und doch nicht ist,O Lieb, dein anmutvolles Sein,Wenn du gestorben bist.
O Erde, du gedrängtes Meer Unzähliger Gräberwogen, Wie viele Schifflein kummerschwer Hast du hinuntergezogen, Hinab in die wellige grünende Flut, Die reglos starrt und doch nie ruht! Ich sah einen Nachen von Tannenholz, Sechs Bretter von Blumen umwunden, Drin lag eine Schifferin bleich und stolz, Sie ist versunken, verschwunden! Die Leichte fuhr so tief hinein, Und oben blieb der schwere Stein! Ich wandle wie Christ auf den Wellen frei, Als die zagenden Jünger ihn riefen; Ich senke mein Herz wie des Lotsen Blei Hinab in die schweigenden Tiefen; Ein schmales Gitter von feinem Gebein, Das liegt dort unten und schließt es ein. Die Trauerweide umhüllt mich dicht, Rings fließt ihr Haar aufs Gelände, Verstrickt mir die Füße mit Kettengewicht Und bindet mir Arme und Hände: Das ist jene Weide von Eis und Glas, Hier steht sie und würgt mich im grünen Gras.
Man merkte, daß der Wein geraten war:Der alte Bettler wankte aus dem Tor,Die Wangen glühend, wie ein Rosenflor,Mutwillig flatterte sein Silberhaar.Und vor und hinter ihm die KinderscharUmdrängt´ ihn, wie ein Klein-Bacchantenchor,D´raus ragte schwank der Selige empor,Sich spiegelnd in den hundert Äuglein klar.Am Morgen, als die Kinderlein noch schliefen,Von jungen Träumen drollig angelacht,Sah man den braunen Wald von Silber triefen.Es war ein Reif gefallen über Nacht;Der Alte lag erfroren in dem tiefenGebüsch, vom Rausch im Himmel aufgewacht.
Ich hab in kalten WintertagenIn dunkler, hoffnungsarmer ZeitGanz aus dem Sinne dich geschlagenO Trugbild der Unsterblichkeit.Nun, da der Sommer glüht und glänzet,Nun seh ich, daß ich wohlgetan,Aufs neu hab ich das Haupt bekränzet,Im Grabe aber ruht der Wahn.Ich fahre auf dem klaren Strome,Er rinnt mir kühlend durch die Hand,Ich schau hinauf zum Blauen DomeUnd such – kein bessres Vaterland.Nun erst versteh ich, die da blühet,Oh Lilie, deinen stillen Gruß:Ich weiß, wie sehr das Herz auch glühet,Daß ich wie du vergehen muß!Seid mir gegrüßt, ihr holden Rosen;In eures Daseins flücht´gem Glück –Ich wende mich vom SchrankenlosenZu eurer Anmut froh zurück.Zu glühn, zu blühn und ganz zu leben,Das lehret euer Duft und Schein,Und willig dann sich hinzugebenDem ewigen Nimmerwiedersein.
Der Winter ist eine ehrliche Haut,Ein alter Poldrian;Wie zornig er mir ins Auge schaut,Blick ich ihn wiederum an!Sein Blut ist kühl und starr wie Eis,Doch nie seine Treue wankt;Wie oft hab ich mich nächtlicherweisMit ihm herumgezankt!Da rüttelt er mir am GartentorUnd stampft auf den Beeten herum,Er schimpft mich einen sanguinischen Tor,Leichtgläubig und herzlich dumm!Viel Hoffnungen zieh ich in Scherben aufAm kalten Sternenschein,Da ist er besonders versessen draufUnd stürmt auf sie herein.Ich balge mich immer, so gut ich kann,Um jedes grüne Reis;Er aber entrupft sie, der harte Mann,Den Scherben büschelweis.Doch die mir der Alte stehenläßt,Die sind erprobt und gefeit!Die sind gelenzet und frühlingsfestUnd der Erfüllung geweiht!
Die Sonne führt durchs MorgentorGoldfunkelnd über den Bergen,Und wie zwei Veilchen im frühen Mai,Zwei blaue Augen klar und frei,Die lachen auf ihren WegenGeöffnet ihr entgegen. Glück auf, mein Liebchen ist erwachtMit purpurroten Wangen!Ihr Fenster glitzert im MorgenstrahlUnd alle Blumen im Garten und TalErwarten sie mit Sehnen,Die Äuglein voller Tränen. Es ist nichts Schöneres in der WeltAls diese grüne Erde,Wenn man darauf ein Schätzlein hat,Das still und innig, früh und spat,Für einen lebt und blühet,Ein heimlich Feuerlein glühet. "Hallo, du später Jägersmann,Was reibst du deine Augen?"Ich hab´ die ganze Nacht geschwärmtUnd mich am Mondenschein gewärmt,Und steige frisch und munterVom hohen Berg herunter. Mein Mädchen durch den Garten gehtUnd singt halblaute Weisen;Mich dünkt, ich kenne der Lieder Ton,Was gilt´s, ich habe sie alle schonHeut nacht dort oben gesungen!Sie sind herübergeklungen.
Nun haben wir das Blau gewendetUnd frisch dem Tod ins Äug geschaut;Kein Ungewisses Ziel mehr blendet,Doch grüner scheint uns Busch und Kraut,Und wärmer ward´s in unsern Herzen,Es zeugt´s der frohgewordene Mund;Doch unsern Liedern, unsern SchmerzenLiegt auch des Scheidens Ernst zugrund.