Wende dich, du kleiner Stern,Erde! wo ich lebe,Daß mein Aug´, der Sonne fern,Sternenwärts sich hebe! Heilig ist die Sternenzeit,Öffnet alle Grüfte;Strahlende UnsterblichkeitWandelt durch die Lüfte.Mag die Sonne nun bislangAndern Zonen scheinen,Hier fühl´ ich ZusammenhangMit dem All´ und Einen!Hohe Lust! im dunkeln Tal,Selber ungesehen,Durch den majestät´schen SaalAtmend mitzugehen!Schwinge dich, o grünes Rund,In die Morgenröte!Scheidend rückwärts singt mein MundJubelnde Gebete
Fliehendes Jahr, in duftigen SchleiernStreifend an abendrötlichen WeihernWallest du deine Bahn;Siehst mich am kühlen Waldsee stehen,Wo an herbstlichen UferhöhenZieht entlang ein stummer Schwan.Still und einsam schwingt er die FlügelTauchet in den Wasserspiegel,Hebt den Hals empor und lauscht;Taucht zum andern Male nieder,Richtet sich auf und lauschet wieder,Wie´s im flüsternden Schilfe rauscht.Und in seinem Tun und LassenWill´s mich wie ein Traum erfassen,Als ob´s meine Seele wär:,Die verwundert über das Leben,Über das Hin- und Widerschweben, Lugt´ und lauschte hin und her.Atme nur in vollen ZügenDieses friedliche GenügenEinsam auf der stillen Flur!Und hast du dich klar empfunden,Mögen enden deine Stunden,Wie zerfließt die Schwanenspur!
Augen, meine lieben Fensterlein,Gebt mir schon so lange holden Schein,Lasset freundlich Bild um Bild herein:Einmal werdet ihr verdunkelt sein!Fallen einst die müden Lider zu,Löscht ihr aus, dann hat die Seele Ruh;Tastend streift sie ab die Wanderschuh,Legt sich auch in ihre finstre Truh.Noch zwei Fünklein sieht sie glimmend stehnWie zwei Sternlein, innerlich zu sehn,Bis sie schwanken und dann auch vergehn,Wie von eines Falters Flügelwehn.Doch noch wandl ich auf dem Abendfeld,Nur dem sinkenden Gestirn gesellt;Trinkt, o Augen, was die Wimper hält,Von dem goldnen Überfluß der Welt!
Des Berges alte Wangen sindVon Maiensonne beschienen;Sie lächeln unter Quellenglanz,Die Schilfe, die Farren ergrünen.Die Kröte springt aus dem Kieselstein,Ein Hirt hat ihn zerschlagen;Sie schaut verdrossen die Scherben an,Und sie beginnt zu sagen:»Viel tausend Jahre bin ich altSamt diesem Futterale!Es schob vom hohen FelsgebirgAllmählich mit mir zu Tale.Doch manchmal in der Wasser SturzSind wir gewaltig gesprungen;Dann hat´s um meine dunkle KlausurGesungen und geklungen.Und wie mir ist – ich weiß es nicht,Noch was ich getrieben indessen;Ich hab im mindesten nichts gelerntUnd hatte nicht viel zu vergessen.Ein warmer Regen, ein grünes KrautNur konnten mir behagen;Sie liegen mir fort und fort im SinnAus fernen Jugendtagen.So hab ich ein langweilig StückUnsterblichkeit erworben;Hätt ich getrunken lebendige Luft,Längst wär ich vernünftig gestorben.«
Spinnen waren mir auch zuwiderAll meine jungen Jahre,Ließen sich von der Decke niederIn die Scheitelhaare.Saßen verdächtig in den EckenOder rannten, mich zu erschreckenÜber Tischgefild und Hände,Und das Töten nahm kein Ende.Erst als schon die Haare grauten,Begann ich sie zu schonen.Mit den ruhig AngeschautenBrüderlich zu wohnen;Jetzt mit ihren kleinen Sorgen,Halten sie sich still geborgen,Läßt sich einmal eine sehen,Lassen wir uns weislich gehen.Hätt´ ich nun ein Kind, ein kleines,In väterlichen Ehren,Recht ein liebliches und feines,Würd´ ichs mutig lehrenSpinnen mit den Händchen fassenUnd sie freundlich zu entlassen;Früher lernt´ es Friede halten,Als es mir gelang, dem Alten!
Es ist ein stiller Regentag,So weich, so ernst, und doch so klar,Wo durch den Dämmer brechen magDie Sonne weiß und sonderbar.Ein wunderliches Zwielicht spieltBeschaulich über Berg und Tal;Natur, halb warm und halb verkühlt,Sie lächelt noch und weint zumal.Die Hoffnung, das VerlorenseinSind gleicher Stärke in mir wach;Die Lebenslust, die Todespein,Sie ziehn auf meinem Herzen Schach.Ich aber, mein bewußtes Ich,Beschau´ das Spiel in stiller Ruh,Und meine Seele rüstet sichZum Kampfe mit dem Schicksal zu.
Willst du nicht dich schließen,Herz, du offnes Haus!Worin Freund´ und FeindeGehen ein und aus?Schau, wie sie verletzenDir das Hausrecht stets!Fühllos auf und nieder,Polternd, lärmend geht´s.Keiner putzt die Schuhe,Keiner sieht sich um,Staubig brechen alleDir ins Heiligtum;Trinken aus den goldnenKelchen des Altars,Schänden Müh´ und SegenDir des ganzen Jahrs:Werfen die PenatenWild vom Herde dir,Pflanzen drauf mit PrahlenIhr entfärbt Panier.Und wenn zu verwüstenNichts sie finden mehr,Lassen sie im ScheidenDich, mein Herz, so leer!Nein! und wenn nun allesStill und tot in dir,O, noch halt dich offen,Offen für und für!Laß die Sonne scheinenHeiß in dich hinein,Stürme dich durchfahrenUnd den Wetterschein!Wenn durch deine KammernSo die Windsbraut zieht,Laß dein Glöcklein stürmen, Schallen Lied um Lied!Denn noch kann´s geschehen,Daß auf irrer FluchtEine treue SeeleBei dir Obdach sucht!
Die Sonne führt durchs MorgentorGoldfunkelnd über den Bergen,Und wie zwei Veilchen im frühen Mai,Zwei blaue Augen klar und frei,Die lachen auf ihren WegenGeöffnet ihr entgegen. Glück auf, mein Liebchen ist erwachtMit purpurroten Wangen!Ihr Fenster glitzert im MorgenstrahlUnd alle Blumen im Garten und TalErwarten sie mit Sehnen,Die Äuglein voller Tränen. Es ist nichts Schöneres in der WeltAls diese grüne Erde,Wenn man darauf ein Schätzlein hat,Das still und innig, früh und spat,Für einen lebt und blühet,Ein heimlich Feuerlein glühet. "Hallo, du später Jägersmann,Was reibst du deine Augen?"Ich hab´ die ganze Nacht geschwärmtUnd mich am Mondenschein gewärmt,Und steige frisch und munterVom hohen Berg herunter. Mein Mädchen durch den Garten gehtUnd singt halblaute Weisen;Mich dünkt, ich kenne der Lieder Ton,Was gilt´s, ich habe sie alle schonHeut nacht dort oben gesungen!Sie sind herübergeklungen.