Liebe berauscht, sagt man.Liebe ernüchtert, sagt man.Liebe läßt klar sehen, sagt man.Liebe macht blind.Liebe verdirbt.Liebe veredelt.Liebe stärkt.Liebe schwächt.Liebe bringt Pein,und Liebe bringt Glück.Wo, wer ist jener Sagtman?Liebe macht gar nichts, erwidere ich ihm.Wir machen die Liebe zu dem, was sie uns wird.
Nun ist der Lenz gekommen,Nun blühen alle Wiesen,Nun herrschen Glanz und FreudeAuf Erden weit und breit;Nur meine böse Herrin,Sie keift und zetert immerNoch wie in der betrübtenUnd kalten Winterzeit!Wenn ich am frühen MorgenMit aufgewachtem HerzenIm Garten grab´ und singe,Die Welt mir freundlich blickt,Wirft sie mir aus dem FensterDie ungefügten Worte,Daß rasch in meiner KehleDas kleine Lied erstickt.Und wenn mein VielgeliebterAm Hag vorüber wandeltUnd ein paar warme BlickeMir in die Seele warf,Höhnt sie am Mittagsmahle,Daß ich am untern EndeDas Auge nicht erhebenUnd mich nicht rühren darf.Daß hungernd ich, mit Thränen,Das Essen stehen lassenUnd mich hinweg muß wendenVoll Scham und voll Verdruß,Und weinend im VerborgnenDie Rinde harten BrotesMit all´ den harten RedenHinunter würgen muß.Sogar wenn ich am SonntagWill in die Kirche gehen,Und mir ein armes BändchenAm Hals nicht übel steht,Vergiftet sie mir neidischMit ungerechtem TadelDie wochenmüde Seele,Das tröstliche Gebet.Mag selber sie nur beten,Daß ihre eignen KinderNicht einmal dienen müssen,Wenn ihr das Glück entschwandUnd sie als arme MutterWird um die Häuser schleichen,Wo jene sind geschlagenVon böser Herrenhand!
Welch lustiger Wald um das hohe Schloßhat sich zusammengefunden,Ein grünes bewegliches Nadelgehölz,Von keiner Wurzel gebunden!Anstatt der warmen Sonne scheintDas Rauschgold durch die Wipfel;Hier backt man Kuchen, dort brät man Wurst,Das Räuchlein zieht um die Gipfel.Es ist ein fröhliches Leben im Wald,Das Volk erfüllet die Räume;Die nie mit Tränen ein Reis gepflanzt,Die fällen am frohsten die Bäume.Der eine kauft ein bescheidnes GewächsZu überreichen Geschenken,Der andre einen gewaltigen Strauch,Drei Nüsse daran zu henken.Dort feilscht um ein winziges KieferleinEin Weib mit scharfen Waffen;Der dünne Silberling soll zugleichDen Baum und die Früchte verschaffen.Mit rosiger Nase schleppt der LakaiDie schwere Tanne von hinnen;Das Zöfchen trägt ein Leiterchen nach,Zu ersteigen die grünen Zinnen.Und kommt die Nacht, so singt der WaldUnd wiegt sich im Gaslichtscheine;Bang führt die ärmste Mutter ihr KindVorüber am Zauberhaine.Einst sah ich einen Weihnachtsbaum:Im düsteren BergesbanneStand reifbezuckert auf dem Gratdie alte Wettertanne.Und zwischen den Ästen waren schönDie Sterne aufgegangen;Am untersten Ast sah man entsetztDie alte Wendel hangen.Hell schien der Mond ihr ins Gesicht,Das festlich still verkläret;Weil auf der Welt sie nichts besaß,Hatt´ sie sich selbst bescheret.
Der Winter ist eine ehrliche Haut,Ein alter Poldrian;Wie zornig er mir ins Auge schaut,Blick ich ihn wiederum an!Sein Blut ist kühl und starr wie Eis,Doch nie seine Treue wankt;Wie oft hab ich mich nächtlicherweisMit ihm herumgezankt!Da rüttelt er mir am GartentorUnd stampft auf den Beeten herum,Er schimpft mich einen sanguinischen Tor,Leichtgläubig und herzlich dumm!Viel Hoffnungen zieh ich in Scherben aufAm kalten Sternenschein,Da ist er besonders versessen draufUnd stürmt auf sie herein.Ich balge mich immer, so gut ich kann,Um jedes grüne Reis;Er aber entrupft sie, der harte Mann,Den Scherben büschelweis.Doch die mir der Alte stehenläßt,Die sind erprobt und gefeit!Die sind gelenzet und frühlingsfestUnd der Erfüllung geweiht!
Aus den braunen SchollenSpringt die Saat empor,Grüne Knospen rollenTausendfach hervor.Und es ruft die Sonne:»Fort den blassen Schein!Wieder will ich Wonne,Glut und Leben sein!Wieder wohlig zitternAuf dem blauen Meer,Oder zu GewitternFühren das Wolkenheer!In den FrühlingsregenSieben Farben streunUnd auf Weg und StegenMeinen goldnen Schein!«
Den Wäldern ist zu Füßen tiefDas dürre Laub geblieben;Am Himmel steht ein ScheidebriefIns Abendrot geschrieben.Die Wasser glänzen still und kühl,Ein Herbst ist drin ertrunken;Mir ist ein schauernd GrabgefühlIns warme Herz gesunken.Du schöne Welt! muß ich wohl baldIn diese Blätter sinken,Daß andres Herz und andrer WaldDie Lebenslüfte trinken?Wenn du für dieses Herzens RaumEin Beßres weißt zu finden,Laß mich aus deinem LebenstraumRasch und auf ewig schwinden!
Siehst du den Stern im fernsten Blau?Der flimmernd fast erbleicht?Sein Licht braucht eine Ewigkeit,Bis es dein Aug´ erreicht.Vielleicht vor tausend Jahren schonZu Asche stob der Stern;Und doch steht dort sein milder ScheinNoch immer still und fern.Dem Wesen solchen Scheines gleicht,Der ist und doch nicht ist,O Lieb, dein anmutvolles Sein,Wenn du gestorben bist.
O Erde, du gedrängtes Meer Unzähliger Gräberwogen, Wie viele Schifflein kummerschwer Hast du hinuntergezogen, Hinab in die wellige grünende Flut, Die reglos starrt und doch nie ruht! Ich sah einen Nachen von Tannenholz, Sechs Bretter von Blumen umwunden, Drin lag eine Schifferin bleich und stolz, Sie ist versunken, verschwunden! Die Leichte fuhr so tief hinein, Und oben blieb der schwere Stein! Ich wandle wie Christ auf den Wellen frei, Als die zagenden Jünger ihn riefen; Ich senke mein Herz wie des Lotsen Blei Hinab in die schweigenden Tiefen; Ein schmales Gitter von feinem Gebein, Das liegt dort unten und schließt es ein. Die Trauerweide umhüllt mich dicht, Rings fließt ihr Haar aufs Gelände, Verstrickt mir die Füße mit Kettengewicht Und bindet mir Arme und Hände: Das ist jene Weide von Eis und Glas, Hier steht sie und würgt mich im grünen Gras.
Willst du nicht dich schließen,Herz, du offnes Haus!Worin Freund´ und FeindeGehen ein und aus?Schau, wie sie verletzenDir das Hausrecht stets!Fühllos auf und nieder,Polternd, lärmend geht´s.Keiner putzt die Schuhe,Keiner sieht sich um,Staubig brechen alleDir ins Heiligtum;Trinken aus den goldnenKelchen des Altars,Schänden Müh´ und SegenDir des ganzen Jahrs:Werfen die PenatenWild vom Herde dir,Pflanzen drauf mit PrahlenIhr entfärbt Panier.Und wenn zu verwüstenNichts sie finden mehr,Lassen sie im ScheidenDich, mein Herz, so leer!Nein! und wenn nun allesStill und tot in dir,O, noch halt dich offen,Offen für und für!Laß die Sonne scheinenHeiß in dich hinein,Stürme dich durchfahrenUnd den Wetterschein!Wenn durch deine KammernSo die Windsbraut zieht,Laß dein Glöcklein stürmen, Schallen Lied um Lied!Denn noch kann´s geschehen,Daß auf irrer FluchtEine treue SeeleBei dir Obdach sucht!
Es ist auf Erden keine Nacht,Die nicht noch ihren Schimmer hätte,So groß ist keines Unglücks Macht,Ein Blümlein hängt an seiner Kette!Ist nur das Herz vom rechten Schlage,So baut es sich ein SternenhausUnd schafft die Nacht zum hellen Tage,Wo sonst nur Asche, Schutt und Graus.