Es ist nicht Selbstsucht und nicht Eitelkeit,Was sehnend mir das Herz gradüber trägt;Was mir die kühngeschwungene Brücke schlägt,Ist wohl der Stolz, der mich vom Staub befreit.Sie ist so eng, die grüne Erdenzeit,Unendlich aber, was den Geist bewegt!Wie wenig ist´s, was ihr im Busen hegt,Da ihr so satt hier, so vergnüglich seid!
Tut auf den Ring und zieht ihn weit und weiter Durch tausend Boten über Berg und Tal! Bald glüht der Bund und flammet stets und heiter Den Völkern all ein friedlich Feuermal. Was schlecht ist, soll zerrinnen, Die Lüge nicht gewinnen! Ein furchtlos Herz und offene Bruderhand Gewinnt den Sieg im alten Heimatland!
Welch lustiger Wald um das hohe Schloßhat sich zusammengefunden,Ein grünes bewegliches Nadelgehölz,Von keiner Wurzel gebunden!Anstatt der warmen Sonne scheintDas Rauschgold durch die Wipfel;Hier backt man Kuchen, dort brät man Wurst,Das Räuchlein zieht um die Gipfel.Es ist ein fröhliches Leben im Wald,Das Volk erfüllet die Räume;Die nie mit Tränen ein Reis gepflanzt,Die fällen am frohsten die Bäume.Der eine kauft ein bescheidnes GewächsZu überreichen Geschenken,Der andre einen gewaltigen Strauch,Drei Nüsse daran zu henken.Dort feilscht um ein winziges KieferleinEin Weib mit scharfen Waffen;Der dünne Silberling soll zugleichDen Baum und die Früchte verschaffen.Mit rosiger Nase schleppt der LakaiDie schwere Tanne von hinnen;Das Zöfchen trägt ein Leiterchen nach,Zu ersteigen die grünen Zinnen.Und kommt die Nacht, so singt der WaldUnd wiegt sich im Gaslichtscheine;Bang führt die ärmste Mutter ihr KindVorüber am Zauberhaine.Einst sah ich einen Weihnachtsbaum:Im düsteren BergesbanneStand reifbezuckert auf dem Gratdie alte Wettertanne.Und zwischen den Ästen waren schönDie Sterne aufgegangen;Am untersten Ast sah man entsetztDie alte Wendel hangen.Hell schien der Mond ihr ins Gesicht,Das festlich still verkläret;Weil auf der Welt sie nichts besaß,Hatt´ sie sich selbst bescheret.
Arm in Arm und Kron´ an Krone steht der Eichenwald verschlungen,Heut hat er bei guter Laune mir sein altes Lied gesungen.Fern am Rande fing ein junges Bäumchen an sich sacht zu wiegen,Und dann ging es immer weiter an ein Sausen, an ein Biegen;Kam es her in mächt´gem Zuge, schwoll es an zu breiten Wogen,Hoch sich durch die Wipfel wälzend kam die Sturmesflut gezogen.Und nun sang und pfiff es graulich in den Kronen, in den Lüften,Und dazwischen knarrt´ und dröhnt´ es unten in den Wurzelgrüften.Manchmal schwang die höchste Eiche gellend ihren Schaft alleine,Donnernder erscholl nur immer drauf der Chor vom ganzen Haine!Einer wilden Meeresbrandung hat das schöne Spiel geglichen;Alles Laub war weißlich schimmernd nach Nordosten hingestrichen.Also streicht die alte Geige Pan der Alte laut und leise,Unterrichtend seine Wälder in der alten Weltenweise.In den sieben Tönen schweift er unerschöpflich auf und nieder,In den sieben alten Tönen, die umfassen alle Lieder.Und es lauschen still die jungen Dichter und die jungen Finken,Kauernd in den dunklen Büschen sie die Melodien trinken.
Die ersten Veilchen waren schonErwacht im stillen Tal;Ein Bettelpack stellt´ seinen ThronIn´s Feld zum ersten Mal.Der Alte auf dem Rücken lag,Das Weib, das wusch am See;Bestaubt und unrein schmolz im HagDas letzte Häuflein Schnee.Der Vollmond warf den SilberscheinDem Bettler in die Hand,Bestreut´ der Frau mit EdelsteinDie Lumpen, die sie wand;Ein linder West blies in die GlutVon einem Dorngeflecht,Drauf kocht´ in Bettelmannes HutEin sündengrauer Hecht.Da kam der kleine Betteljung´,Vor Hunger schwach und matt,Doch glühend in BegeisterungVom Streifen durch die Stadt,Hielt eine Hyazinthe darIn dunkelblauer Luft;Dicht drängte sich der Kelchlein Schar,Und selig war der Duft. Der Vater rief: Wohl hast du mirViel Pfennige gebracht?Der Knabe rief: O sehet hierDer Blume Zauberpracht!Ich schlich zum goldnen Gittertor,So oft ich ging, zurück,Bedacht nur, aus dem WunderflorZu stehlen mir dies Glück!O sehet nur, ich werde toll,Die Glöcklein alle an!Ihr Duft, so fremd und wundervoll,Hat mir es angetan!O schlaget nicht mich armen Wicht,Laßt euren Stecken ruh´n!Ich will ja nichts, mich hungert nicht,Ich will´s nicht wieder tun!O wehe mir geschlagnem Tropf!Brach nun der Alte aus,Mein Kind kommt mit verrücktem Kopf,Anstatt mit Brot nach Haus!Du Taugenichts, du TagediebUnd deiner Eltern Schmach!Und rüstig langt er Hieb auf HiebDem armen Jungen nach.Im Zorn fraß er den Hecht, noch eh Der gar gesotten war,Schmiß weit die Gräte in den SeeUnd stülpt´ den Filz auf´s Haar.Die Mutter schmält´ mit sanftem WortDen mißgeratnen Sohn,Der warf die Blume zitternd fortUnd hinkte still davon.Es perlte seiner Tränen Fluß,Er legte sich ins GrasUnd zog aus seinem wunden FußEin Stücklein scharfes Glas.Der Gott der Taugenichtse riefDer guten Nachtigall,Daß sie dem Kind ein Liedchen pfiffZum Schlaf mit süßem Schall.
Nun in dieser FrühlingszeitIst mein Herz ein klarer See,Drin versank das letzte Leid,Draus verflüchtigt sich das Weh.Spielend meine Seele ruht,Von der Sonne überhaucht,Und mit Lieb´ umschließt die Flut,Was sich in dieselbe taucht.Aber auf dem Grunde sprühtUeberdies ein Quell hervor,Welcher heiß und perlend glühtDurch die stille Flut empor.Und im Quelle badest du,Eine Nix´ mit goldnem Haar;Oben deckt den Zauber zuDas Gewässer tief und klar.
Den Wäldern ist zu Füßen tiefDas dürre Laub geblieben;Am Himmel steht ein ScheidebriefIns Abendrot geschrieben.Die Wasser glänzen still und kühl,Ein Herbst ist drin ertrunken;Mir ist ein schauernd GrabgefühlIns warme Herz gesunken.Du schöne Welt! muß ich wohl baldIn diese Blätter sinken,Daß andres Herz und andrer WaldDie Lebenslüfte trinken?Wenn du für dieses Herzens RaumEin Beßres weißt zu finden,Laß mich aus deinem LebenstraumRasch und auf ewig schwinden!
Siehst du den Stern im fernsten Blau?Der flimmernd fast erbleicht?Sein Licht braucht eine Ewigkeit,Bis es dein Aug´ erreicht.Vielleicht vor tausend Jahren schonZu Asche stob der Stern;Und doch steht dort sein milder ScheinNoch immer still und fern.Dem Wesen solchen Scheines gleicht,Der ist und doch nicht ist,O Lieb, dein anmutvolles Sein,Wenn du gestorben bist.
Nun ist der Lenz gekommen,Nun blühen alle Wiesen,Nun herrschen Glanz und FreudeAuf Erden weit und breit;Nur meine böse Herrin,Sie keift und zetert immerNoch wie in der betrübtenUnd kalten Winterzeit!Wenn ich am frühen MorgenMit aufgewachtem HerzenIm Garten grab´ und singe,Die Welt mir freundlich blickt,Wirft sie mir aus dem FensterDie ungefügten Worte,Daß rasch in meiner KehleDas kleine Lied erstickt.Und wenn mein VielgeliebterAm Hag vorüber wandeltUnd ein paar warme BlickeMir in die Seele warf,Höhnt sie am Mittagsmahle,Daß ich am untern EndeDas Auge nicht erhebenUnd mich nicht rühren darf.Daß hungernd ich, mit Thränen,Das Essen stehen lassenUnd mich hinweg muß wendenVoll Scham und voll Verdruß,Und weinend im VerborgnenDie Rinde harten BrotesMit all´ den harten RedenHinunter würgen muß.Sogar wenn ich am SonntagWill in die Kirche gehen,Und mir ein armes BändchenAm Hals nicht übel steht,Vergiftet sie mir neidischMit ungerechtem TadelDie wochenmüde Seele,Das tröstliche Gebet.Mag selber sie nur beten,Daß ihre eignen KinderNicht einmal dienen müssen,Wenn ihr das Glück entschwandUnd sie als arme MutterWird um die Häuser schleichen,Wo jene sind geschlagenVon böser Herrenhand!
Willst du, o Herz, ein gutes Ziel erreichen,mußt du in eigner Angel schwebend ruhn;ein Tor versucht zu gehn in fremden Schuhn,nur mit sich selbst kann sich der Mann vergleichen!Ein Tor, der aus des Nachbars Kinderstreichensich Trost nimmt für das eigne schwache Tun,der immer um sich späht und lauscht und nunsich einen Weg bestimmt nach falschen Zeichen!Tu frei und offen, was du nicht willst lassen,doch wandle streng auf selbstbeschränkten Wegen –und lerne früh, nur deine Fehler hassen!Und ruhig geh den anderen entgegen;kannst du dein Ich nur fest zusammenfassen,wird deine Kraft die fremde Kraft erregen.