Wenn du zur Arbeit gehst am frühen Morgen, wenn du am Bahnhof stehst mit deinen Sorgen: dann zeigt die Stadt dir asphaltglatt im Menschentrichter Millionen Gesichter: Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider – Was war das? Vielleicht dein Lebensglück... vorbei, verweht, nie wieder.Du gehst dein Leben lang auf tausend Straßen; du siehst auf deinem Gang, die dich vergaßen. Ein Auge winkt, die Seele klingt; du hast´s gefunden, nur für Sekunden... Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider – Was war das? Kein Mensch dreht die Zeit zurück... vorbei, verweht, nie wieder.Du mußt auf deinem Gang durch Städte wandern; siehst einen Pulsschlag lang den fremden Andern. Es kann ein Feind sein, es kann ein Freund sein, es kann im Kampfe dein Genosse sein. Es sieht hinüber und zieht vorüber... Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider – Was war das? Von der großen Menschheit ein Stück! Vorbei, verweht, nie wieder.
Er sitzt wie hinter Glas, das arme Luder,und trippelt ängstlich an des Lebens Rand.Er flieht und sucht und flieht den Menschenbruderund hat den Nebenmenschen nie gekannt.Er strahlte, wenn er grollte,nur Flucht ist sein Verzicht…Er könnte, müßte, sollte –und kann doch nicht.Er dünkt sich klein. Wie eitel ist der Knabe!Er dünkt sich klein. Doch keiner ist ihm groß.Sein starres Ich ist seine ganze Habe;er will kein Schicksal – nur das große Los.Ja, wenn er wollen wollte…!Er hat kein Gleichgewicht.Er könnte, müßte, sollte –und kann doch nicht.Er meint: die böse Welt muß an ihm schuld sein;er projiziert auf sie sein dünnes Weh.Er möchte ganz allein und im Tumult sein:vorn Leipziger Straße – hinten Comer See.Er spürt, wie in ihm sausenddie kranken Nerven schrein.So gibt es hunderttausend –und jeder ist allein.Und kann man – kann man solche Knaben heilen?Man: nein. Sie: ja. Gesund wird nur, wer will.Sie kann ihn lösen, lockern, spalten, heilen –und dann zu sich verhelfen, fest und still.Er ist, vor Faulheit fleißig,der echte Exponentvon 1930das solche Nummern kennt.Wie mancher davon verzückt ist…!Lerne bei Vater Jung:Es fragt sich, wer verrückt ist.Und dann gute Besserung –!
Einmal müssen zwei auseinandergehn;einmal will einer den andern nicht mehr verstehn –einmal gabelt sich jeder Weg - und jeder geht allein –wer ist daran schuld?Es gibt keine Schuld. Es gibt nur den Ablauf der Zeit.Solche Straßen schneiden sich in der Unendlichkeit.Jedes trägt den andern mit sich herum –etwas bleibt immer zurück.Einmal hat es euch zusammengespült,ihr habt euch erhitzt, seid zusammengeschmolzen,und dann erkühlt –Ihr wart euer Kind. Jede Hälfte sinkt nun herab –:ein neuer Mensch.Jeder geht seinem kleinen Schicksal zu.Leben ist Wandlung. Jedes Ich sucht ein Du.Jeder sucht seine Zukunft. Und geht nun mit stockendem Fuß,vorwärtsgerissen vom Willen, ohne Erklärung und ohne Grußin ein fernes Land.
Es wird nach einem happy endIm Film jewöhnlich abjeblendt. Man sieht bloß noch in ihre Lippen den Helden seinen Schnurrbart stippen - da hat sie nu den Schentelmen. Na, un denn - ?Denn jehn die beeden brav ins Bett.Na ja ... dißis ja auch janz nett. A manchmal möcht man doch jern wissn: Wat tun se, wenn sie sich nich kissn? Die könn ja doch nich imma penn ... ! Na, un denn - ?Denn säuselt im Kamin der Wind.Denn kricht det junge Paar ´n Kind. Denn kocht sie Milch. Die Milch looft üba. Denn macht er krach. Denn weent sie drüba. Denn wolln sich beede jänzlich trenn ...Na, un denn - ?Denn is det Kind nich uffn Damm.Denn bleihm die beeden doch zesamm. Denn quäln se sich noch manche Jahre. Er will noch wat mit blonde Haare: vorn doof und hinten minorenn ... Na, un denn - ?Denn sind se alt. Der Sohn haut ab.Der Olle macht nu ooch bald schlapp. Vajessen Kuß und Schnurrbartzeit - Ach, Menschenskind, wie liecht det weit! Wie der noch scharf uff Muttern war, det is schon beinah nich mehr wahr ! Der olle Mann denkt so zurück: wat hat er nu von seinen Jlück? Die Ehe war zum jrößten Teile vabrühte Milch und Langeweile.Und darum wird beim happy endim Film jewöhnlich abjeblendt.
Wenn aber Christus, der gesagt hat: "Du sollst nicht töten!"an seinem Kreuz sehen muß, wie sich die Felder blutig röten;wenn die Pfaffen Kanonen und Flugzeuge segnenund in den Feldgottesdiensten beten, daß es Blut möge regnen;und wenn die Vertreter Gottes auf ErdenSoldaten-Hämmel treiben, auf daß sie geschlachtet werden;Und wenn die Glocken läuten: "Mord!" und die Choräle hallen:"Mord! Ihr sollt eure Feinde niederknallen!"Und wenn jemand so verrät den Gottessohn –Das ist keine Schande.Das ist Religion.
Morgens, vom letzten Schlaf ein Stück,nimm mich ein bißchen mit –auf deinem Traumboot zu gleiten ist Glück –Die Zeituhr geht ihren harten Schritt ...pick-pack ...»Sie schläft mit ihm« ist ein gutes Wort.Im Schlaf fließt das Dunkel zusammen.Zwei sind keins. Es knistern die kleinen Flammen,aber dein Atem fächelt sie fort.Ich bin aus der Welt. Ich will nie wieder in sie zurück –jetzt, wo du nicht bist, bist du ganz mein.Morgens, im letzten Schlummer ein Stück,kann ich dein Gefährte sein.
Das Lenzsymptom zeigt sich zuerst beim Hunde,Dann im Kalender und dann in der Luft,Und endlich hüllt auch Fräulein AdelgundeSich in die frischgewaschene Frühlingsluft.Ach ja, der Mensch! Was will er nur vom Lenze?Ist er denn nicht das ganze Jahr in Brunst?Doch seine Triebe kennen keine Grenze –Dies Uhrwerk hat der liebe Gott verhunzt.Der Vorgang ist in jedem Jahr derselbe:Man schwelgt, wo man nur züchtig beten sollt,Und man zerdrückt dem Heiligtum das gelbeGeblümte Kleid – ja, hat das Gott gewollt?Die ganze Fauna treibt es immer wieder:Da ist ein Spitz und eine Pudelmaid –die feine Dame senkt die Augenlider,Der Arbeitsmann hingegen scheint voll Neid.Durch rauh Gebrüll läßt sich das Paar nicht stören,Ein Fußtritt trifft den armen Romeo –Mich deucht, hier sollten zwei sich nicht gehören…Und das geht alle, alle Jahre so.Komm, Mutter, reich mir meine Mandoline,Stell mir den Kaffee auf den Küchentritt. –Schon dröhnt mein Baß: Sabine, bine, bine…Was will man tun? Man macht es schließlich mit.
Erst haben wir davon gesprochen- du hörtest freundlich zu –,ob unsre alten Männerknochensich niemals in den Hörselberg verkrochen ...Und du?Er sagte: "Ach, ich bin ein böses Luder!Die Frauen fehlen mir.Ich fresse jedes Jahr ein halbes Fuder,wild tobt mein Herz, stäubt nur ihr weißer Puder ..."Was klopft denn dir?Er sagte: "Rausch! Nur Rausch vor allen Dingen!Vor dem Verstand verblichschon manche Göttin mit den Strahlenschwingen –Mich packt es jäh, wenn meine Sinne singen ..."Und dich?Ich sagte: "Rausch ist eine schöne Sache,deckt er uns zu.Doch geben sie mir auch die eine wacheSekunde nur, in der ich rauschlos lache ...Und du?Du sprichst kein Wort. Du siehst nur so auf jedenvon uns – und während alles weit verklingt,und während wir voll Männerweisheit reden:blitzt auf in einem dunkeln Garten Edendein sieghafter Instinkt.
Da ist ein Land – ein ganz kleines Land –Japan heißt es mit Namen.Zierlich die Häuser und zierlich der Strand,zierlich die Liliputdamen.Bäume so groß wie Radieschen im Mai.Turm der Pagode so hoch wie ein Ei –Hügel und BergKlein wie ein Zwerg.Trippeln die zarten Gestalten im Moos,fragt man sich: Was mag das sein?In Europa ist alles so groß, so groß –Und in Japan ist alles so klein!Da sitzt die Geisha. Ihr Haar glänzt wie Lack.Leise duftet die Rose.Vor ihr steht plaudernd im strahlenden TagKräftig der junge Matrose.Und er erzählt diesem seidenen KindDavon, wie groß seine Landsleute sind.Straße und SaalPyramidal!Sieh, und die Kleine wundert sich bloß -denkt sich: Wie mag das wohl sein?In Europa ist alles so groß, so groß –Und in Japan ist alles so klein!Da ist ein Wald - ein ganz kleiner Wald –Abendlich dämmern die Stunden.Horch! wie das Vogelgezwitscher verhallt…Geisha und er sind verschwunden.Abendland - Morgenland - Mund an Mund –Welch ein natürlicher Völkerschaftsbund!Tauber, der girrt,Schwalbe, die flirrt.Und eine Geisha streichelt das Moos,in den Augen ein Flämmchen, ein Schein…In Europa ist alles so groß, so groß –Und in Japan ist alles so klein.
Was sie nur wollen –!Da schimpfen sie auf die Ollen,und die sind stickeund überlassen die ganze Musikeden Jungen,Und die machen ein Geschrei!Und es sind alle dabei.Da sieht man ältere Knaben,die schon ihre fünfzig auf dem Buckel haben,in kurzen Hosen umeinanderlaufen;wenn sie schnell gehen, kriegen sie das Schnaufen –aber bloß nicht hinten bleiben!Modern! modern müssen sie schreiben!Nur nicht sein Leben zu Ende leben –jung! jung mußt du dich geben!Bei uns haben sie sonen Bart, der von alleine steht –oder sie kommen gar nicht aus der Pubertät.Was sie nur haben –!Hindert denn einer die jungen Knaben?Hört doch bloß mal: Die junge Generation!Na, da macht doch schon!Es hält euch ja keiner. Als ob uns das nicht frommt,wenn ein neues Talent geloffen kommt.Neunzehn Jahre! Was ist dann das schon?Das ist keine Qualifikation.Ludendorff war auch mal neunzehn Jahr.Jung sein ist gar nichts. Es fragt sich, wers war.Es gibt alte Esel und junge Talente –Geburtsscheine sind keine Argumente.Und wenns nicht klappt: es liegt nicht am Paß.Dann liegts an euch. Könnt ihr was –?Noch nie hat man sich so um Jugend gerissen.Direktoren, Verleger warten servil . . .jeder lauert auf einen fetten Bissen –Speelt man god. Und schreit nicht so viel.Wer was kann, der sei willkommen.Der Rest hat die Jugend zum Vorwand genommen;das sind – wir wollen uns da nicht streiten –verhinderte Talentlosigkeiten.