Lieber Gott und Engelein,Laßt mich gut und fromm seinUnd laßt mir mein HemdleinRecht bald werden viel zu klein.Laßt mich immer weiter gehn,Viele gute Menschen sehn,Wie sie aus den Augen sehn,Laßt sogleich mich sie verstehn.Und mit ihnen fort und fortFreuen mich an gutem Ort,Und zur Zeit der EinsamkeitGibt, daß Sternenglanz mich freut.
Mache, daß ich so fest vereinigt werde mit Dir:Wie ein Siegel mit dem Briefe, daß, wenn man das Siegelherunterhaben will, man den Brief mit zerreißen muß;daß, wenn ich von Dir getrennt werden sollte,man uns eben zerreißen müßte,daß uns auch kein Todesbann ewiglich mehr trennen kann.So setze mich einmal auf Dein Herz!So nimm mich auf Deinen Arm!Umfasse mich nicht nur, sondern halte mich!Grabe dich ein! Bleibe hängen!Laß mich nicht wieder los!
I.Die Blüten schlafen am BaumeIn schwüler, flüsternder Nacht,Sie trinken in duftigem TraumeDie flimmernde, feuchte Pracht.Sie trinken den lauen Regen,Den glitzernden Mondenschein,Sie zittern dem Licht entgegen,Sie saugen es taumelnd ein:Sie sprengen die schweigende HülleUnd gleiten berauscht durch die LuftUnd sterben an der FülleVon Glut und Glanz und Duft.Das war die Nacht der Träume,Der Liebe schwül gärende Nacht,Da sind mit den Knospen der BäumeAuch meine Lieder erwacht.Sie sprengten die schweigende HülleUnd glitten berauscht durch die LuftUnd starben an der FülleVon Glut und Glanz und Duft.
Dein Antlitz war mit Träumen ganz beladen.Ich schwieg und sah dich an mit stummem Beben.Wie stieg das auf! Daß ich mich einmal schonIn frühern Nächten völlig hingegebenDem Mond und dem zuviel geliebten Tal,Wo auf den leeren Hängen auseinanderDie magern Bäume standen und dazwischenDie niedern kleinen Nebelwolken gingen,Und durch die Stille hin die immer frischenUnd immer fremden silberweißen WasserDer Fluß hinrauschen ließ, wie stieg das auf!Wie stieg das auf! Denn allen diesen DingenUnd ihrer Schönheit, die unfruchtbar war,Hingab ich mich in großer Sehnsucht ganz,Wie jetzt für das Anschaun von deinem HaarUnd zwischen deinen Lidern diesen Glanz!
Heiligen Mitleids rauschende Wellen,Klingend an jegliches Herze sie schlagen;Worte sind Formeln, die können´s nicht sagen,Können nicht fassen die Geister, die hellen.Frei sind die Seelen, zu jubeln, zu klagen,Ahnungen dämmern und Kräfte erschwellen:Töne den Tönen sich zaubrisch gesellen:Gilt es dem Heute, dem kommenden Tage?Wer will es deuten, – ein gärendes Wühlen,Regellos göttlich, – wer will erlauschenHeldenhaft höchstes und heißestes Fühlen,Feuerlodern und Stromesrauschen . . .Doch es beherrscht das TitanengetriebeBebende Ahnung erlösender Liebe.
Wir wandern stumm, verschüchtert, bang gebücktUnd bergen scheu, was wir im Herzen hegen,Und reden Worte, die uns nicht bewegen,Und tote Dinge preisen wir entzückt.Die Seele ist vergraben und erstickt ...Verfaultes leuchtet fahl auf nächt´gen Wegen ...Und sind wir müde, soll uns Kunst erregen,Bis wir im Rausch der leeren Qual entrückt.Jüngst fiel mein Aug auf Meister Wolframs BuchVom Parcival, und vor mir stand der Fluch,Der vom verlornen Gral herniederklagt:»Unseliger, was hast du nicht gefragt?!«In Mitleid ahnend stumme Qual befreie:Das ist einzig – eine Künstlerweihe!
Wohl mir, mein müder GeistWird wieder Staub,Wird, wie der Weltlauf kreist,Wurzel und Laub;Wird sich des keimenden Daseins freuen,Frühlingstriebe still erneuen,Saftige Früchte zur Erde streuen;Freilich sein spreitendes Dach zu belauben,Wird er andern die Säfte rauben,Andern stehlen Leben und Lust:Wohl mir, er frevelt unbewußt!
Flieg hin, Zeit, du bist meine Magd, Schmück mich, wenn es nächtet, schmück mich, wenn es tagt, Flicht mir mein Haar, spiel mir um den Schuh, Ich bin die Frau, die Magd bist du. Heia!Doch einmal trittst du zornig herein, Die Sterne schießen schiefen Schein, Der Wind durchfährt den hohen Saal, Die Sonn geht aus, das Licht wird fahl, Der Boden gibt einen toten Schein, Da wirst du meine Herrin sein! O weh! Und ich deine Magd, schwach und verzagt, Gott sei´s geklagt!Flieg hin, Zeit! die Zeit ist noch weit! Heia!
Ich kann so gut verstehen, die ungetreuen Frauen,So gut, mir ist, als könnt ich in ihre Seelen schauen.Ich seh um ihre Stirnen die stumme Klage schweben,Die Qual am langen, leeren, am lebenleeren Leben.Ich seh in ihren Augen die Lust, sich aufzugeben,Im Unergründlichen, Verbotenen zu bebenDie Lust am Spiel, die Lust, das Letzte einzusetzen,Die Lust am Sieg und Rausch, am Trügen und Verletzen.Ich seh ihr Lächeln und die heimlichen, die Tränen,Das rätselhafte Suchen, das ruhelose Sehnen.Ich fühle, wie sies drängt zu törichten Entschlüssen,Wie sie ihre Augen schließen und sich quälen müssen;Wie sie für jedes Morgen ein jedes Heut begraben,Und wie sie nicht verstehen, wenn sie getötet haben.
Der wandernde Wind auf den WegenWar angefüllt mit süßem Laut,Der dämmernde rieselnde RegenWar mit Verlangen feucht betaut.Das rinnende rauschende WasserBerauschte verwirrend die StimmenDer Träume, die blasser und blasserIm schwebenden Nebel verschwimmen.Der Wind in den wehenden Weiden,Am Wasser der wandernde Wind,Berauschte die sehnenden Leiden,Die in der Dämmerung sind.Der Weg im dämmernden Wehen,Er führte zu keinem Ziel,Doch war er gut zu gehenIm Regend, der rieselnd fiel.