Ich will den Schatten einziger Geschicke Groß an den Boden der Gedichte legen, Der jungen Helden ungeheure Blicke Und andre Götter, die den Sinn bewegen: Dann sollst du über ihren Rand dich neigen Und völlig hingegeben jenen Werken Spät nur dein gleitend Bild darin bemerken Mit einem wundervoll erschrocknen Schweigen.
Trübem Dunst entquillt die Sonne,Zähen grauen Wolkenfetzen . . .Häßlich ist mein Boot geworden,Alt und morsch mit wirren Netzen.Gleichgetöntes WellenplätschernSchlägt den Kiel (er schaukelt träge),Und die Flut mit Schaum und FleckenZeichnet noch die Spur der Wege.Ferne vor dem trüben HimmelSchweben graziöse Schatten– Helles Lachen schallt herüber –,Gleiten Gondeln flink, die glatten.Fackeln haben sie und FlötenUnd auf Polstern: Blumen, Frauen . . .Langsam tauchen sie mir unterIn dem Dunst, dem schweren, grauen . . .Stürme schlafen dort im Dunst:Kämen sie noch heute abendZiehend auf die glatte Öde,Wellentreibend, brausend, labend!
Und wie wir uns ersehen,Tief eins ins andre gehen,Es bleibt doch nicht bestehen:So wenig wie ein Kuß.Es bleibt um Brust und WangenNichts von so viel Verlangen,Kein Zeichen bleibet hangenAuch von so vielem Glück.Und trügest du ein Zeichen,Ein purpurrotes Zeichen,Es müßte auch verbleichen,Es ginge auch dahin!
PsychePsyche, my soulEdgar Poe... und Psyche, meine Seele, sah mich anVon unterdrücktem Weinen blaß und bebendUnd sagte leise: »Herr, ich möchte sterben,Ich bin zum Sterben müde und mich friert.«O Psyche, Psyche, meine kleine Seele,Sei still, ich will dir einen Trank bereiten,Der warmes Leben strömt durch alle Glieder.Mit gutem warmem Wein will ich dich tränken,Mit glühendem sprühendem Saft des lebendigenFunkelnden, dunkelnden, rauschend unbändigen,Quellenden, schwellenden, lachenden Lebens,Mit Farben und Garben des trunkenen Bebens:Mit sehnender Seele von weinenden Liedern,Mit Ballspiel und Grazie von tanzenden Gliedern,Mit jauchzender Schönheit von sonnigem WehenHellrollender Stürme auf schwarzgrünen Seen,Mit Gärten, wo Rosen und Efeu verwildern,Mit blassen Frauen und leuchtenden Bildern,Mit fremden Ländern, mit violettenGelbleuchtenden Wolken und Rosenbetten,Mit heißen Rubinen, grüngoldenen RingenUnd allen prunkenden duftenden Dingen.Und Psyche, meine Seele, sah mich anUnd sagte traurig: »Alle diese DingeSind schal und trüb und tot. Das Leben hatNicht Glanz und Duft. Ich bin es müde, Herr.«Ich sagte: Noch weiß ich wohl eine Welt,Wenn dir die lebendige nicht gefällt.Mit wunderbar nie vernommenen WortenReiß ich dir auf der Träume Pforten:Mit goldenglühenden, süßen lauenWie duftendes Tanzen von lachenden Frauen,Mit monddurchsickerten nächtig webendenWie fiebernde Blumenkelche bebenden,Mit grünen, rieselnden, kühlen, feuchtenWie rieselndes grünes Meeresleuchten,Mit trunken tanzenden, dunklen, schwülenWie dunkelglühender Geigen Wühlen,Mit wilden, wehenden, irren und wirrenWie großer nächtiger Vögel Schwirren,Mit schnellen und gellenden, heißen und grellenWie metallener Flüsse grellblinkende Wellen ...Mit vielerlei solchen verzauberten WortenWerf ich dir auf der Träume Pforten:Den goldenen Garten mit duftenden AuenIm Abendrot schwimmend, mit lachenden Frauen,Das rauschende violette DunkelMit weißleuchtenden Bäumen und Sterngefunkel,Den flüsternden, braunen, vergessenen TeichMit kreisenden Schwänen und Nebel bleich,Die Gondeln im Dunklen mit seltsamen Lichtern,Schwülduftenden Blumen und blassen Gesichtern,Die Heimat der Winde, die nachts wild wehen,Mit riesigen Schatten auf traurigen Seen,Und das Land von Metall, das in schweigender GlutUnter eisernem grauem Himmel ruht.– – – – – – – – – – – – – – – – – – – –Da sah mich Psyche, meine Seele, anMit bösem Blick und hartem Mund und sprach:»Dann muß ich sterben, wenn du so nichts weißtVon allen Dingen, die das Leben will.«
Wasser stürzt, uns zu verschlingen,Rollt der Fels, uns zu erschlagen,Kommen schon auf starken SchwingenVögel her, uns fortzutragen.Aber unten liegt ein Land,Früchte spiegeln ohne EndeIn den alterslosen Seen.Marmorstirn und BrunnenrandSteigt aus blumigem Gelände,Und die leichten Winde wehn.
Lieben, Hassen, Hoffen, Zagen,Alle Lust und alle Qual,Alles kann ein Herz ertragen,Einmal um das andere Mal.Aber weder Lust noch Schmerzen,Abgestorben auch der Pein,Das ist tödlich deinem HerzenUnd so darfst du mir nicht sein.Mußt dich aus dem Dunkeln heben,Wär es auch um neue Qual,Leben mußt du, liebes Leben,Leben noch dies eine Mal!
Lieber Gott und Engelein,Laßt mich gut und fromm seinUnd laßt mir mein HemdleinRecht bald werden viel zu klein.Laßt mich immer weiter gehn,Viele gute Menschen sehn,Wie sie aus den Augen sehn,Laßt sogleich mich sie verstehn.Und mit ihnen fort und fortFreuen mich an gutem Ort,Und zur Zeit der EinsamkeitGibt, daß Sternenglanz mich freut.
Das längst Gewohnte, das alltäglich Gleiche,Mein Auge adelt mirs zum Zauberreiche:Es singt der Sturm sein grollend Lied für mich,Für mich erglüht die Rose, rauscht die Eiche.Die Sonne spielt auf goldnem FrauenhaarFür mich – und Mondlicht auf dem stillen Teiche.Die Seele les ich aus dem stummen Blick,Und zu mir spricht die Stirn, die schweigend bleiche.Zum Traume sag ich: "Bleib bei mir, sei wahr!"Und zu der Wirklichkeit: "Sei Traum, entweiche!"Das Wort, das Andern Scheidemünze ist,Mir ists der Bilderquell, der flimmernd reiche.Was ich erkenne ist mein Eigentum,Und lieblich locket, was ich nicht erreiche.Der Rausch ist süß, den Geistertrank entflammt,Und süß ist die Erschlaffung auch, die weiche.So tiefe Welten tun sich oft mir auf,Daß ich drein glanzgeblendet, zögernd schleiche,Und einen goldnen Reigen schlingt um michDas längst Gewohnte, das alltäglich Gleiche.
Fühlst Du durch die Winternacht Durch der kalten Sternlein Zittern Durch der Eiskristalle Pracht Wie sie flimmern und zersplittern, Fühlst nicht nahen laue Mahnung, Keimen leise Frühlingsahnung? Drunten schläft der Frühlingsmorgen Quillt in gährenden Gewalten Und, ob heute noch verborgen, Sprengt er rings das Eis in Spalten: Und in wirbelnd lauem Wehen Braust er denen, die´s verstehen. Hörst Du aus der Worte Hall, Wie sie kühn und trotzig klettern Und mit jugendlichem Prall Klirrend eine Welt zerschmettern: Hörst Du nicht die leise Mahnung, Warmen Lebensfrühlings Ahnung?