I.Die Blüten schlafen am BaumeIn schwüler, flüsternder Nacht,Sie trinken in duftigem TraumeDie flimmernde, feuchte Pracht.Sie trinken den lauen Regen,Den glitzernden Mondenschein,Sie zittern dem Licht entgegen,Sie saugen es taumelnd ein:Sie sprengen die schweigende HülleUnd gleiten berauscht durch die LuftUnd sterben an der FülleVon Glut und Glanz und Duft.Das war die Nacht der Träume,Der Liebe schwül gärende Nacht,Da sind mit den Knospen der BäumeAuch meine Lieder erwacht.Sie sprengten die schweigende HülleUnd glitten berauscht durch die LuftUnd starben an der FülleVon Glut und Glanz und Duft.
Wenn endlich Juli würde anstatt März,Nichts hielte mich, ich nähme einen Rand, Zu Pferd, zu Wagen oder mit der Bahn Käm ich hinaus ins schöne Hügelland.Da stünden Gruppen großer Bäume nah, Platanen, Rüster, Ahorn oder Eiche: Wie lang ists, daß ich keine solchen sah!Da stiege ich vom Pferde oder riefe Dem Kutscher: Halt! und ginge ohne Ziel Nach vorwärts in des Sommerlandes Tiefe.Und unter solchen Bäumen ruht ich aus; In deren Wipfel wäre Tag und Nacht Zugleich, und nicht so wie in diesem Haus,Wo Tage manchmal öd sind wie die Nacht Und Nächte fahl und lauernd wie der Tag. Dort wäre Alles Leben, Glanz und Pracht.Und aus dem Schatten in des Abendlichts Beglückung tret ich, und ein Hauch weht hin, Doch nirgend flüsterts: »Alles dies ist nichts.«Das Tal wird dunkel. und wo Häuser sind, Sind Lichter, und das Dunkel weht mich an, Doch nicht vom Sterben spricht der nächtige Wind.Ich gehe übern Friedhof hin und sehe Nur Blumen sich im letzten Scheine wiegen, Von gar nichts anderm fühl ich eine Nähe.Und zwischen Haselsträuchern, die schon düstern, Fließt Wasser hin, und wie ein Kind, so lausch ich Und höre kein »Dies ist vergeblich« flüstern!Da ziehe ich mich hurtig aus und springe Hinein, und wie ich dann den Kopf erhebe, Ist Mond, indes ich mit dem Bächlein ringe.Halb heb ich mich aus der eiskalten Welle, Und einen glatten Kieselstein ins Land Weit schleudernd, steh ich in der Mondeshelle.Und auf das mondbeglänzte Sommerland Fällt weit ein Schatten: dieser, der so traurig Hier nickt, hier hinterm Kissen an der Wand?So trüb und traurig, der halb aufrecht kauert Vor Tag und böse in das Frühlicht starrt Und weiß, daß auf uns beide etwas lauert?Er, den der böse Wind in diesem März So quält, daß er die Nächte nie sich legt, Gekrampft die schwarzen Hände auf sein Herz?Ach, wo ist Juli und das Sommerland!
»Was rinnen dir die Tränen,Die Tränen stumm und heißDurch deine feinen Finger,Die Finger fein und weiß?«Mein Schleier ist zerrissenUnd wehet doch kein WindUnd bin doch nirgends gangenNiemals, wo Dornen sind ...Die Glocken haben heuteSo sonderbaren Klang,Gott weiß, warum ich weine,Mir ist zum Sterben bang.
Und wie wir uns ersehen,Tief eins ins andre gehen,Es bleibt doch nicht bestehen:So wenig wie ein Kuß.Es bleibt um Brust und WangenNichts von so viel Verlangen,Kein Zeichen bleibet hangenAuch von so vielem Glück.Und trügest du ein Zeichen,Ein purpurrotes Zeichen,Es müßte auch verbleichen,Es ginge auch dahin!
Reicher im goldnen Haus,Fühlst du kein Schauern?Dringt nicht ein StimmgebrausDumpf durch die Mauern?Die da draußen frierend lungern,Dich zu berauschen, müssen sie hungern,Ihre gierigen Blicke suchen dich,Ihre blassen Lippen verfluchen dich,Und ihr Hirn mit dumpfem dröhnendem Schlag,Das schmiedet, das schmiedet den kommenden Tag.
Hörtest du denn nicht hinein,Daß Musik das Haus umschlich?Nacht war schwer und ohne Schein,Doch der sanft auf hartem SteinLag und spielte, das war ich.Was ich konnte, sprach ich aus:»Liebste Du, mein Alles Du!«Oestlich brach ein Licht heraus,Schwerer Tag trieb mich nach HausUnd mein Mund ist wieder zu.
Die Liebste sprach: "Ich halt dich nicht,du hast mir nichts geschworen.Die Menschen soll man halten nicht,sind nicht zur Treu geboren.Ziehe deine Straßen hin, mein Freund,beschau dir Land um Land,in vielen Betten ruh dich ausviel Frauen nimm bei der Hand.Wo dir der Wein zu sauer ist,da trink du Malvasier,und wenn mein Mund dir süßer ist,so komm nur wieder zu mir!"
Ich kann so gut verstehen, die ungetreuen Frauen,So gut, mir ist, als könnt ich in ihre Seelen schauen.Ich seh um ihre Stirnen die stumme Klage schweben,Die Qual am langen, leeren, am lebenleeren Leben.Ich seh in ihren Augen die Lust, sich aufzugeben,Im Unergründlichen, Verbotenen zu bebenDie Lust am Spiel, die Lust, das Letzte einzusetzen,Die Lust am Sieg und Rausch, am Trügen und Verletzen.Ich seh ihr Lächeln und die heimlichen, die Tränen,Das rätselhafte Suchen, das ruhelose Sehnen.Ich fühle, wie sies drängt zu törichten Entschlüssen,Wie sie ihre Augen schließen und sich quälen müssen;Wie sie für jedes Morgen ein jedes Heut begraben,Und wie sie nicht verstehen, wenn sie getötet haben.
Jede Seele, sie durchwandelt der Geschöpfe Stufenleiter:Formentauschend, rein und reiner, immer höher, hell und heiter,Lebt sie fort im Wurm, im Frosche, im Vampir, im niedern Sklaven,Dann im Tänzer, im Poet, im Trunkenbold, im edlen Streiter ...Sehet: eine gleiche Reihe Seelenhüllen, TruggestaltenMuß der Dichtergeist durchwandeln, stets verklärter, stets befreiter:Und er war im Werden Gaukler, war Vampir und war Brahmane,Leere Formen läßt er leblos und strebt höher, wahrer, weiter ...Aber wissend seines Werdens, hat er werdend auch erschaffen:Hat Gestalten nachgebildet der durchlaufnen Wesensleiter:Den Vampir, den niedern Sklaven, Gaukler, Trunkenbold und Streiter.
Wir sind aus solchem Zeug wie das zu Träumen, Und Träume schlagen so die Augen auf, Wie kleine Kinder unter Kirschenbäumen, Aus deren Krone den blassgoldnen Lauf Der Vollmond anhebt durch die grosse Nacht. Nicht anders tauchen unsre Träume auf. Sind da und leben, wie ein Kind, das lacht, Nicht minder gross im Auf- und Niederschweben Als Vollmond, aus Baumkronen aufgewacht. Das Innerste ist offen ihrem Weben, Wie Geisterhände im versperrten Raum Sind sie in uns und haben immer Leben. Und drei sind eins: ein Mensch, ein Ding, ein Traum.