Dir zürnen, daß du mich verlassen? –Beim Himmel, nein! wie sollt´ ich das?War´s deine Schuld, mich nicht zu fassen?Verdient ein blinder Irrthum Haß?Besäße dein Gemüth die Schwingen,Zu schweben auf des meinen Spur,Dann ließest du mich dir entringenMit deinem eignen Leben nur!Wen also hätt´ ich anzuklagen ?Dich, daß dein Herz so schwach und klein?Davon kannst du die Schuld nicht tragen!Wie du´s empfangen, blieb es dein.Fahr hin! als der Vergebung BlütheRankt sich der Wunsch noch himmelan,Daß Gott fortan dein Glück behüte,Weil´s meine Liebe nicht mehr kann.
Wiesengrund und Bergeshöh Liegen wie begraben,Auf dem schimmernd weißen SchneeTummeln sich die Raben.Mag die Sonne auch ihr LichtFernehin entsenden,Es erquickt und wärmet nicht,Kann nur schmerzlich blenden.Dicht vor meinem Fenster stehtEine schlanke Linde,Mit Demanten übersä´tStöhnet sie im Winde.An die Scheiben pocht sie leis´,Leis´ wie Glöckchen läuten;Was sie sagen will, ich weißMir es wohl zu deuten.Arme Linde! Tag und NachtScheinst du mir zu klagen:»Dürft ich doch, statt todter Pracht,Wieder Blüthen tragen!«
Ich hoffte einst auf schöne TageUnd lauschte mit erschloß´ner BrustDer mährchenhaften WundersageVon ewig heitrer Liebeslust.In jugendfrohem ÜbermutheGlaubt´ ich von jedem Glück und Gute,Daß es mir zugewiesen sei –Es ist vorbei!Und als der fromme Wahn entschwunden,Da fleht´ ich, stolz auf meine Qual:Bleibt ewig offen, meine Wunden,Als unvergänglich Liebesmahl.Und mußten Freud und Glück verwehen,So soll mein heil´ger Schmerz bestehen,Daß Eines doch unsterblich sei –Es ist vorbei!
Wenn des Winters starrer TraumBerg und Flur mit Schnee bedecket,Jeder dürre Zweig am BaumJammernd sich gen Himmel strecket:Kannst du da begreifen, sag Wie nach wen´gen MondesneigenDer jetzt frosterstarrte HagEinen Blüthenflor wird zeigen?Doch du weißt, der lichte TrostNaht auf unsichtbaren WegenUnd im rauhen WinterfrostLächelst du dem Lenz entgegen.Und so kann, so kann auch ichNicht begreifen und nicht fassen,Wie in meiner Seele sichNoch ein Glück wird ziehen lassen.Doch ich weiß: zur Wonne geht,Wer da wallt auf Dornenbahnen,Und durch meinen Winter wehtEin tief selig Frühlingsahnen!
Nenne dich nicht einsam!Nein, du bist es nicht,Da uns ja gemeinsamLeid und Lieb verpflicht!Daß in PurpurscheinenBlüh´ dein welker Kranz,Leiht mein Herz dir seinenAbendsonnenglanz.
Was dir zumeist am Herzen nagt? O prüfe dich! du wirst gestehen, Das Leid nicht ist´s, das dir geschehen, Und nicht die Sorge, die dich plagt. Du könntest sie zur Not vergessen, Doch nimmermehr das Traumbild dessen Was dein Geschick dir streng versagt. Nur dieses, und nur dies allein, Steht immerdar vor deinen Augen, Es darf dir Kraft und Mut entsaugen, Zerrütten dir dein innerst Sein; O Thorheit! Thorheit, unermessen! Für Güter, die du nie besessen, Erträgst du des Verlustes Pein!
Mir ist als legten leiseSich Nebel um mich her,Vom bunten MenschenkreiseMich scheidend mehr und mehr.Erinnerungen sind es,Aus Lust und Leid gewebt,Die man, will´s ein gelindesGeschick, mit mir begräbt!Mir ist, als brauste, grollteUm mich ein Ocean,Den ich, wie gern ich wollteNicht überbrücken kann.Dieß Meer, deß banger KlageDie Seele träumend lauscht,Es sind die fernen Tage,Die an mir hingerauscht!Vereinsamt im Gewühle,Das rastlos drängt und schafft,Vergangenheit! wie fühleIch mich in deiner Haft!Erschöpft vom Lebensstreite,Den Wunsch auf nichts gestellt,Ein dunkler Schatten gleiteIch durch die blüh´nde Welt!
Du schiltst, daß ich mein Leben verträumt,Statt froh es zu genießen?Daß ich die Blumen zu pflücken versäumt,Die rings am Wege sprießen?So sprechend dünkst du dich klug, wie klug!Daß Bessres du erkoren,Indess an Wahn und Täuschung und TrugIch Jahr um Jahr verloren.Glaub mir! es hielt mich des Traumes MachtSo ehern nicht umschlungen,Daß ich nicht manchmal plötzlich erwachtAus seinen Dämmerungen.Doch sieh! da schien mir all euer GlückNur Glitzern flücht´gen Schaumes,Und, Schön´res suchend, floh ich zurückIns gold´ne Reich des Traumes!
Ihr nennt mich stolz? Wer hat mich so gemacht?Ihr selbst, die mich betrogen und verrathen!Die Regung, die ihr schmäht, ist erst erwacht,Als ich mein Thun verglich mit euern Thaten!Ihr nennt mich stolz? O wüßtet ihr wie gernUnd freudenvoll der starre Stolz verschwände,Vor einem Menschen, der, ein lichter Stern,Hoch über mir und meinem Wesen stände. –
Wähne nicht, daß in dem Weltgewühle,Je ein Herz so wie das Deine fühle,Daß ein andres folge Deiner Spur.Wähne nicht, in sehnendem Umschlingen,Andrer Herzen also durchzudringen,Daß sie mit dem Deinen eines nur. Einsam bist du, ob die bunte Menge,Lobend oder tadelnd Dich umdränge,Einsam in dem Kampf wie in der Ruh.Einsam, bei der Freunde Scheinerbarmen,Einsam selbst in Deines Liebsten Armen,Denn sie alle sind nur sie, nicht Du. Lerne drum, aus ihrem Kreis verschwinden,Dich in Deiner eigenen Brust zurechtzufinden,Lerne Du, Dein eigener Freund zu sein!Alle Schwüre, die sie Dir versprechen,Unwillkürlich werden sie sie brechen.Deines Lebens Losung heißt: Allein!