Ein´ festen Sitz hab´ ich veracht´t,Fuhr unstät durch´s Revier,Da fand ich sonder VorbedachtEin lobesam Quartier.Doch wie ich in der Ruhe SchoßSänftlich zu sitzen wäh´n,Da bricht ein Donnerwetter los!Muß wieder wandern geh´n.All´ Jahr wächst eine and´re Pflanz Im Garten, als vorher!Das Leben wär´ ein Narrentanz!Wenn´s nicht so ernsthaft wär´!
Das ist im Leben häßlich eingerichtet, Daß bei den Rosen gleich die Dornen stehn, Und was das arme Herz auch sehnt und dichtet, Zum Schlusse kommt das Voneinandergehn. In deinen Augen hab´ ich einst gelesen, Es blitzte drin von Lieb´ und Glück ein Schein: Behüt´ dich Gott! es wär´ zu schön gewesen, Behüt´ dich Gott, es hat nicht sollen sein! – Leid, Neid und Haß, auch ich hab´ sie empfunden, Ein sturmgeprüfter müder Wandersmann. Ich träumt´ von Frieden dann und stillen Stunden, Da führte mich der Weg zu dir hinan. In deinen Armen wollt´ ich ganz genesen, Zum Danke dir mein junges Leben weihn: Behüt´ dich Gott! es wär´ zu schön gewesen, Behüt´ dich Gott, es hat nicht sollen sein! –Die Wolken fliehn, der Wind saust durch die Blätter, Ein Regenschauer zieht durch Wald und Feld, Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter, Grau wie der Himmel steht vor mir die Welt. Doch wend´ es sich zum Guten oder Bösen, Du schlanke Maid, in Treuen denk´ ich dein! Behüt´ dich Gott! es wär´ zu schön gewesen, Behüt´ dich Gott, es hat nicht sollen sein! –
Die Blicke scharf wie der junge Aar, Das Herz von Hoffnung umflogen, So bin ich dereinst mit reisiger Schar In den Kampf der Geister gezogen. Die Fahne hoch, gradaus den Speer – Da wichen der Feinde Reihen; O Reiterspaß, dem fliehenden Heer Die breiten Rücken zu bläuen!Doch kamen auch wir an jenes End´, Zu wissen, daß nichts wir wissen! Da hab´ ich langsam mein Roß gewend´t Und mich des Schweigens beflissen.Zu stolz zum Glauben – bin ich gemach In die Felskluft niedergestiegen; Die Welt da draußen ist oberflach, Der Kern muß tiefer liegen.Nun freut mich mein alt Gewaffen nicht mehr, Verspinnwebt liegt´s in der Ecken; Doch soll drum kein hochweiser Herr Als wehrlosen Mann mich necken:Noch reicht ein Blick, das Eulenpack Und die Fledermaus zu verjagen, Noch reicht ein alter Eselskinnback, Den Philisterschwarm zu erschlagen!
Vorbei ist die Zeit, wo der Mensch noch nicht Den Erdball unsicher machte, Wo der Urwald unter dem Vollgewicht Des Mammutfußtritts erkrachte. Vergeblich spähst du in unserm Revier Nach dem Löwen, dem Wüstensohne; Es ist zu bedenken: wir leben allhier In sehr gemäßigter Zone.In Leben und Dichtung gehört das Feld Nicht dem Großen und Ungemeinen; Und immer schwächlicher wird die Welt, Noch kommen die Kleinsten der Kleinen.Sind wir Katzen verstummt, so singt die Maus, Dann schnürt auch die ihren Bündel; Zuletzt jubiliert noch in Saus und Braus Das Infusorien-Gesindel. (einzellige Wimperntierchen)
Römisch Recht, gedenk ich deiner, Liegts wie Alpdruck auf dem Herzen, Liegt´s wie Mühlstein mir im Magen, Ist der Kopf wie brettvernagelt! ... Sind verdammt wir immerdar, den Großen Knochen zu benagen, den als Abfall ihres Mahles uns die Römer hingeworfen? Soll nicht aus der deutschen Erde Eignen Rechtes Blum´ entsprossen, Waldes duftig, schlicht, kein üppig Wuchernd Schlinggewächs des Südens? Traurig Los der Epigonen! Müssen sitzen, müssen schwitzen, Hin und her die Fäden zerren, eines wüstverschlungnen Knäuels, Gibts´s kein Schwert und andre Lösung?
O die Menschen tun uns unrecht, Und den Dank such´ ich vergebens, Sie verkennen ganz die feinern Saiten unsers Katzenlebens. Und wenn einer schwer und schwankend Niederfällt in seiner Kammer, Und ihn morgens Kopfweh quälet, Nennt er´s einen Katzenjammer.Katzenjammer, o Injurie! Wir miauen zart im Stillen, Nur die Menschen hör´ ich oftmals Graunhaft durch die Straßen brüllen.Ja, sie tun uns bitter unrecht, Und was weiß ihr rohes Herze Von dem wahren, tiefen, schweren, Ungeheuren Katzenschmerze?
Nacht, wie bist du lang und bange, Wenn sich auf den müden Mann nicht Mit dem Schatten auch der Schlummer Und der Traum herniedersenkt. Rastlos graben die Gedanken In dem Schutte des vergangnen, Alten Lebens Trümmer wühlen Sie hervor, doch nirgends fröhlich Haftet drauf der Blick, er schaut nur Dunkle, trübgespenst´ge Bilder, Ihnen fehlt des Tages Sonnlicht. Unerquickt dann in die Ferne Schweift der Geist dess´, dem der Schlaf fehlt, Schmiedet Pläne, faßt Entschlüsse, Baut sich stolze, luft´ge Schlösser, Doch wie Fledermäus´ und Eulen Schwirrt um sie der Schwarm der Zweifel Und verscheucht ihm Mut und Hoffnung.
Maimorgengang, o still Entzücken:Der Äther strahlt im reinsten Blau,Und bräutlich will der Wald sich schmückenMit zartem Grün und Silbertau.Mit weichem, träumerischem SchläfernStrömt rings ein lauer Frühlingsduft,Und mit den Faltern und den KäfernDurchfliegt ein Blütenschnee die Luft;Die Halden blühn, die jüngst noch dorrten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Erneut im Licht! so will´s des LebensGesetz, das allen Stoff durchkreist,Ahrimans Winter drohn vergebens,Der Sieg verbleibt dem guten Geist.Sein weltverjüngend MaienwunderWeckt Saft und Farbe, Ton und Klang,Drum schallt von allen Wipfeln munterDer Nachtigallen Lobgesang.Sie jubeln seiner denn in Worten:Sieh´, es ist alles neu geworden.Im Kies verstrüppter UferdämmeSchleicht heut mein Pfad feldaus, waldein,Da spiegeln wilde BirnbaumstämmeMit Ulm´ und Esche sich im Rhein.Auch ihn erfreun des Maien Wonnen,Sein Schuppenvolk taucht wohlig vor,Der Aal kommt schlängelnd sich zu sonnen,Laut plätschernd schnalzt der Hecht empor,Und murmelnd trägt´s die Flut gen Norden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Gekränktes Herz, wozu dein Härmen?Streif ab den fleckendunkeln Rost,Laß dich von diesen Lüften wärmenUnd schöpf´ aus dieser Landschaft Trost!Kein Leid, kein Groll darf allzeit dauern,Es kommt der Tag, da alles grünt,Da Kränkung, Schuld und herbes TrauernIn goldner Sonne Strahl sich sühnt,Auch im Gemüt, wie allerorten,Sieh´, es ist alles neu geworden.Und ruht im kühlen Schoß der ErdeVon allem Schmerz dein sterblich Teil,Getrost, getrost! ein kräftig „Werde!"Beruft dich einst zu bessrem Heil.Aus ird´schen Stoffs und Grams VerzehrungReist unsichtbar ein frischer Keim,Den eines andern Mal VerklärungZur Blüte bringt in anderm Heim.Dort rauscht´s in höheren Akkorden:Sieh´, es ist alles neu geworden.Am Rhein bei Dettenheim, den 1. Mai 1869
Laß die breitgetretnen Plätze, Steig nach unten, klimm nach oben; Reiche Nibelungen-Schätze Liegen rings noch ungehoben. Und du schaust vom Grat der Berge Fernes Meer und Ufer dämmern, Hörst tief unten der Gezwerge Erzgewaltig dumpfes Hämmern.Mannagleich wird dich erquicken Süße, starke Geistesnahrung, Hell vor den gestählten Blicken Glänzt die alte Offenbarung:Wie der gröbste und der feinste Faden sich zu einem Netz schlingt, Wie durchs Größte und das Kleinste Stets das gleiche Weltgesetz dringt.Aber einmal, – schwer Geständnis, – Einmal mußt du doch dich beugen, Und am Ende der Erkenntnis Steht ein ahnungsvolles Schweigen.
Arm wird matter, Stirn wird bleicher, Balde reißt des Lebens Faden, Grabt ein Grab mir auf dem Speicher, Auf der Walstatt meiner Taten! Fester Kämpe, trug die ganze Wucht ich hitzigen Gefechtes: Senkt mich ein mit Schild und Lanze Als den Letzten des Geschlechtes.Als den letzten, – o die Enkel, Nimmer gleichen sie den Vätern, Kennen nicht des Geists Geplänkel, Ehrbar sind sie, steif und ledern.Ledern sind sie und langweilig, Kurz und dünn ist ihr Gedächtnis; Nur sehr wen´ge halten heilig Ihrer Ahnherrn fromm Vermächtnis.Aber einst, in fernen Tagen, Wenn ich längst hinabgesargt bin, Zieht ein nächtlich Katerklagen Zürnend über euren Markt hin.Zürnend klingt euch in die Ohren Hiddigeigeis Geisterwarnung: »Rettet euch, unsel´ge Toren, Vor der Nüchternheit Umgarnung!«