Fragst du mich, woher die bangeLiebe mir zum Herzen kam,und warum ich ihr nicht langeschon den bittren Stachel nahm? Sprich, warum mit Geisterschnellewohl der Wind die Flügel rührt,und woher die süße Quelledie verborgnen Wasser führt? Banne du auf seine Fährtemir den Wind in vollem Lauf!Halte mit der Zaubergertedu die süßen Quellen auf!
Es graut vom MorgenreifIn Dämmerung das Feld,Da schon ein blasser StreifDen fernen Ost erhellt;Man sieht im Lichte baldDen Morgenstern vergehn,Und doch am FichtenwaldDen vollen Mond noch stehn:So ist mein scheuer Blick,Den schon die Feme drängt,Noch in das SchmerzensglückDer Abschiedsnacht versenkt.Dein blaues Auge steht,Ein dunkler See, vor mir,Dein Kuß, dein Hauch umweht,Dein Flüstern mich noch hier.An deinem Hals begräbtSich weinend mein Gesicht,Und Purpurschwärze webtMir vor dem Auge dicht.Die Sonne kommt; - sie scheuchtDen Traum hinweg im Nu,Und von den Bergen streichtEin Schauer auf mich zu.
Frühling läßt sein blaues BandWieder flattern durch die Lüfte;Süße, wohlbekannte DüfteStreifen ahnungsvoll das Land.Veilchen träumen schon,Wollen balde kommen.-Horch, von fern ein leiser Harfenton!Frühling, ja du bist´s!Dich hab ich vernommen!
Derweil ich schlafend lag,Ein Stündlein wohl vor Tag,Sang vor dem Fenster auf dem BaumEin Schwälblein mir, ich hört´ es kaum,Ein Stündlein wohl vor Tag:Hör an, was ich dir sag´,Dein Schätzlein ich verklag´:Derweil ich dieses singen tu´,Herzt er ein Lieb in guter Ruh´,Ein Stündlein wohl vor Tag.O weh! nicht weiter sag´!O still, nichts hören mag!Flieg ab, flieg ab von meinem Baum!Ach, Lieb´ und Treu´ ist wie ein TraumEin Stündlein wohl vor Tag.
Schön prangt im Silbertau die junge Rose,Den ihr der Morgen in den Busen rollte,Sie blüht als ob sie nie verblühen wollteUnd ahnet nichts vom letzten Blumenlose.Der Adler schwebt hinan ins Grenzenlose,Sein Auge trinkt sich voll von sprühndem Golde;Er ist der Tor nicht, daß er fragen sollte,Ob er das Haupt nicht an die Wölbung stoße.Mag denn der Jugend Blume uns verbleichen,Noch glänzet sie und reizt unwiderstehlich;Wer will zu früh so süßem Trug entsagen?Und Liebe, darf sie nicht dem Adler gleichen?Doch fürchtet sie; auch fürchten ist ihr selig,Denn all ihr Glück, was ist´s? ein endlos Wagen!
Siehe, von allen den Liedern nichteines gilt dir, o Mutter:Dich zu preisen, o glaub´s! bin ich zuarm und zu reich.Ein noch ungesungenes Lied, ruhst dumir im Busen,keinem vernehmbar sonst, mich nurzu trösten bestimmt.Wenn sich das Herz unmutig derWelt abwendet und einsamseines himmlischen Teils bleibendenFrieden bedenkt.
Früh, wann die Hähne krähn,Eh´ die Sternlein verschwinden,Muß ich am Herde stehn,Muß Feuer zünden.Schön ist der Flamme Schein,Es springen die Funken;Ich schaue so drein,In Leid versunken. Plötzlich, da kommt es mir,Treuloser Knabe,Daß ich die Nacht von dirGeträumet habe. Träne auf Träne dannStürzet hernieder;So kommt der Tag heran –O ging´ er wieder!
Um MitternachtBedächtig stieg die Nacht ans Land, Lehnt träumend an der Berge Wand; Ihr Auge sieht die goldne Waage nun Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn.Und kecker rauschen die Quellen hervor,Sie singen der Mutter, der Nacht, ins OhrVom Tage,Vom heute gewesenen Tage.Das uralt alte Schlummerlied Sie achtet´s nicht, sie ist es müd´;Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch,Der flücht´gen Stunden gleichgeschwungnes Joch.Doch immer behalten die Quellen das Wort,Es singen die Wasser im Schlafe noch fortVom Tage,Vom heute gewesenen Tage.
So ist die Lieb´! So ist die Lieb´!Mit Küssen nicht zu stillen:Wer ist der Tor und will ein Siebmit eitel Wasser füllen?Und schöpfst du an die tausend Jahr,und küssest ewig, ewig gar,du tust ihr nie zu Willen. Die Lieb´, die Lieb´ hat alle Stundneu wunderlich Gelüsten;wir bissen uns die Lippen wund,da wir uns heute küßten,das Mädchen hielt in guter Ruh,wie´s Lämmlein unterm Messer;ihr Auge bat: Nur immer zu,je weher, desto besser! So ist die Lieb´ und war auch so,wie lang es Liebe gibt,und anders war Herr Salomo,der Weise, nicht verliebt.
Zum NeujahrMit einem Taschenkalender An tausend Wünsche, federleicht, Wird sich kein Gott noch Engel kehren, Ja, wenn es so viel Flüche wären, Dem Teufel wären sie zu seicht. Doch wenn ein Freund in Lieb und Treu Dem andern den Kalender segnet, So steht ein guter Geist dabei. Du denkst an mich, was Liebes dir begegnet, Ob dir´s auch ohne das beschieden sei.