"Hast du das Schloß gesehen,Das hohe Schloß am Meer?Golden und rosig wehenDie Wolken drüber her.Es möchte sich niederneigenIn die spiegelklare Flut;Es möchte streben und steigenIn der Abendwolken Glut.""Wohl hab ich es gesehen,Das hohe Schloß am Meer,Und den Mond darüber stehen,Und Nebel weit umher.""Der Wind und des Meeres WallenGaben sie frischen Klang?Vernahmst du aus hohen HallenSaiten und Festgesang?""Die Winde, die Wogen alleLagen in tiefer Ruh´,Einem Klagelied aus der HalleHört´ ich mit Thränen zu.Sahest du oben gehenDen König und sein Gemahl?Der roten Mäntel Wehen,Der goldnen Kronen Strahl?Führten sie nicht mit WonneEine schöne Jungfrau dar,Herrlich wie eine Sonne,Strahlend im goldnen Haar?""Wohl sah ich die Eltern beide,Ohne der Kronen Licht,Im schwarzen Trauerkleide;Die Jungfrau sah ich nicht."
Ich hatt´ einen Kameraden,Einen bessern find´st du nit.Die Trommel schlug zum Streite,Er ging an meiner SeiteIn gleichem Schritt und Tritt.Eine Kugel kam geflogen,Gilt sie mir oder gilt sie dir?Ihn hat sie weggerissen,Er liegt mir vor den Füßen,Als wär´s ein Stück von mir.Will mir die Hand noch reichen,Derweil ich eben lad.Kann dir die Hand nicht geben,Bleib du im ew´gen LebenMein guter Kamerad!
Was ist das für ein durstig Jahr!Die Kehle lechzet immerdar,Die Leber dorrt mir ein.Ich bin ein Fisch auf trocknem Sand,Ich bin ein trocknes Ackerland,O schafft mir Wein, schafft Wein!
Um Mitternacht, auf pfadlos weitem Meer,Wann alle Lichter längst im Schiff erloschen,Wann auch am Himmel nirgends glänzt ein Stern,Dann glüht ein Lämpchen noch auf dem Verdeck,Ein Docht, vor Windesungestüm verwahrt,Und hält dem Steuermann die Nadel hell,Die ihm untrüglich seine Richtung weist.Ja! wenn wir´s hüten, führt durch jedes DunkelEin Licht uns, stille brennend in der Brust.
Es stand in alten Zeiten ein Schloß, so hoch und hehr,Weit glänzt´ es über die Lande bis an das blaue Meer,Und rings von duft´gen Gärten ein blütenreicher Kranz,Drin sprangen frische Brunnen in Regenbogenglanz. Dort saß ein stolzer König, an Land und Siegen reich,Er saß auf seinem Throne so finster und so bleich;Denn was er sinnt, ist Schrecken, und was er blickt, ist Wut,Und was er spricht, ist Geißel, und was er schreibt, ist Blut.Einst zog nach diesem Schlosse ein edles Sängerpaar,Der ein´ in goldnen Locken, der andre grau von Haar;Der Alte mit der Harfe, der saß auf schmuckem Roß,Es schritt ihm frisch zur Seite der blühende Genoß.Der Alte sprach zum Jungen: "Nun sei bereit, mein Sohn!Denk unsrer tiefsten Lieder, stimm an den vollsten Ton!Nimm alle Kraft zusammen, die Lust und auch den Schmerz!Es gilt uns heut, zu rühren des Königs steinern Herz."Schon stehn die beiden Sänger im hohen Säulensaal,Und auf dem Throne sitzen der König und sein Gemahl;Der König furchtbar prächtig, wie blut´ger Nordlichtschein,Die Königin süß und milde, als blickte Vollmond drein.Da schlug der Greis die Saiten, er schlug sie wundervoll,Daß reicher, immer reicher der Klang zum Ohre schwoll,Dann strömte himmlisch helle des Jünglings Stimme vor,Des Alten Sang dazwischen wie dumpfer Geisterchor.Sie singen von Lenz und Liebe, von sel´ger goldner Zeit,Von Freiheit, Männerwürde, von Treu und Heiligkeit;Sie singen von allem Süßen, was Menschenbrust durchbebt,Sie singen von allem Hohen, was Menschenherz erhebt.Die Höflingsschar im Kreise verlernet jeden Spott,Des Königs trotz´ge Krieger, sie beugen sich vor Gott,Die Königin, zerflossen in Wehmut und in Lust,Sie wirft den Sängern nieder die Rose von ihrer Brust."Ihr habt mein Volk verführet; verlockt ihr nun mein Weib?"Der König schreit es wütend, er bebt am ganzen Leib,Er wirft sein Schwert, das blitzend des Jünglings Brust durchdringt,Draus statt der goldnen Lieder ein Blutstrahl hoch aufspringt.Und wie vom Sturm zerstoben ist all der Hörer Schwarm.Der Jüngling hat verröchelt in seines Meisters Arm,Der schlägt um ihn den Mantel und setzt ihn auf das Roß,Er bind´t ihn aufrecht feste, verläßt mit ihm das Schloß.Doch vor dem hohen Tore, da hält der Sängergreis,Da faßt er seine Harfe, sie, aller Harfen Preis,An einer Marmorsäule, da hat er sie zerschellt,Dann ruft er, daß es schaurig durch Schloß und Gärten gellt:"Weh euch, ihr stolzen Hallen! Nie töne süßer KlangDurch eure Räume wieder, nie Saite noch Gesang,Nein! Seufzer nur und Stöhnen und scheuer Sklavenschritt,Bis euch zu Schutt und Moder der Rachegeist zertritt!Weh euch, ihr duft´gen Gärten im holden Maienlicht!Euch zeig ich dieses Toten entstelltes Angesicht,Daß ihr darob verdorret, daß jeder Quell versiegt,Daß ihr in künft´gen Tagen versteint, verödet liegt.Weh dir, verruchter Mörder! du Fluch des Sängertums!Umsonst sei all dein Ringen nach Kränzen blut´gen Ruhms!Dein Name sei vergessen, in ew´ge Nacht getaucht,Sei wie ein letztes Röcheln in leere Luft verhaucht!"Der Alte hat´s gerufen, der Himmel hat´s gehört.Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört,Noch eine hohe Säule zeugt von verschwundner Pracht,Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht.Und rings statt duft´ger Gärten ein ödes Heideland,Kein Baum verstreuet Schatten, kein Quell durchdringt den Sand,Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch;Versunken und vergessen! Das ist des Sängers Fluch.
Man kann im Wünschen sich vergessen,Man wünschet leicht zum Überfluß,Wir aber wünschen nicht vermessen,Wir wünschen, was man wünschen muß.Denn soll der Mensch im Leibe leben,So brauchet er sein täglich Brot,Und soll er sich zum Geist erheben,So ist ihm seine Freiheit not.
Wolken seh´ ich abendwärtsGanz in reinste Glut getaucht,Wolken ganz in Licht zerhaucht,Die so schwül gedunkelt hatten.Ja, mir sagt mein ahnend Herz:Einst noch werden, ob auch spät,Wenn die Sonne untergeht,Mir verklärt der Seele Schatten.
Singe, wem Gesang gegeben,In dem deutschen Dichterwald!Das ist Freude, das ist Leben,Wenn´s von allen Zweigen schallt. Nicht an wenig stolze NamenIst die Liederkunst gebannt;Ausgestreut ist der SamenÜber alles deutsche Land.Deines vollen Herzens Triebe,Gib sie keck im Klange frei!Säuselnd wandle deine Liebe,Donnernd uns dein Zorn vorbei!Singst du nicht dein ganzes Leben,Sing doch in der Jugend Drang!Nur im Blütemond erhebenNachtigallen ihren Sang.Kann man´s nicht in Bücher binden,Was die Stunden dir verleihn:Gib ein fliegend Blatt den Winden!Muntre Jugend hascht es ein.Fahret wohl, geheime Kunden,Nekromantik, Alchimie!Formeln hält uns nicht gebunden:Unsre Kunst heißt Poesie.Heilig achten wir die Geister,Aber Namen sind uns Dunst;Würdig ehren wir die Meister,Aber frei ist uns die Kunst!Nicht in kalten Marmorsteinen,Nicht in Tempeln, dumpf und tot:In den frischen EichenhainenWebt und rauscht der deutsche Gott.