Noch ahnt man kaum der Sonne Licht,noch sind die Morgenglocken nichtim finstern Tal erklungen.Wie still des Tales weiter Raum!Die Vögel zwitschern nur im Traum,kein Sang hat sich erschwungen.Ich hab´ mich längst ins Feld gemachtund habe schon dies Lied erdachtund hab´ es laut gesungen.
Wohl blühet jedem JahreSein Frühling mild und licht,Auch jener große, klare,Getrost, er fehlt dir nicht!Er ist dir noch beschiedenAm Ziele deiner Bahn;Du ahntest ihn hinieden,Und droben bricht er an.
Es zogen drei Burschen wohl über den Rhein,Bei einer Frau Wirtin, da kehrten sie ein:"Frau Wirtin, hat Sie gut Bier und Wein?Wo hat Sie Ihr schönes Töchterlein?""Mein Bier und Wein ist frisch und klar.Mein Töchterlein liegt auf der Totenbahr´."Und als sie traten zur Kammer hinein,Da lag sie in einem schwarzen Schrein.Der erste, der schlug den Schleier zurückUnd schaute sie an mit traurigem Blick:"Ach, lebtest du noch, du schöne Maid!Ich würde dich lieben von ´dieser Zeit."Der zweite deckte den Schleier zuUnd kehrte sich ab und weinte dazu:"Adi, daß du liegst auf der Totenbahr´!Ich hab´ diich geliebet so manches Jahr."Der dritte hüb ihn wieder sogleichUnd küßte sie an den Mund so bleich:"Dich liebt´ ich immer, dich lieb´ ich noch heut Und werde dich lieben in Ewigkeit."
Da fliegt, als wir im Felde gehen, ein Sommerfaden über Land, ein leicht und licht Gespinst der Feen, und knüpft von mir zu dir ein Band. Ich nehm ihn für ein günstig Zeichen, ein Zeichen, wie die Lieb es braucht. O Hoffnungen der Hoffnungsreichen, aus Duft gewebt, von Luft zerhaucht!
Ich tret´ in deinen Garten;Wo, Süße, weilst du heut?Nur Schmetterlinge flatternDurch diese Einsamkeit.Doch wie in bunter FülleHier deine Beete stehn!Und mit den BlumendüftenDie Weste mich umwehn!Ich fühle dich mir nahe,Die Einsamkeit belebt;Wie über seinen WeltenDer Unsichtbare schwebt.
Solche Düfte sind mein Leben, Die verscheuchen all mein Leid: Blühen auf dem Berg die Reben, Blüht im Thale das Getreid. Donnern werden bald die Tennen, Bald die Mühlen rauschend gehn, Und wenn die sich müde rennen, Werden sich die Keltern dehn. Gute Wirtin vieler Zecher! So gefällt mir´s flink und frisch; Kommst du mit dem Wein im Becher, Liegt das Brot schon auf den Tisch.
"Hast du das Schloß gesehen,Das hohe Schloß am Meer?Golden und rosig wehenDie Wolken drüber her.Es möchte sich niederneigenIn die spiegelklare Flut;Es möchte streben und steigenIn der Abendwolken Glut.""Wohl hab ich es gesehen,Das hohe Schloß am Meer,Und den Mond darüber stehen,Und Nebel weit umher.""Der Wind und des Meeres WallenGaben sie frischen Klang?Vernahmst du aus hohen HallenSaiten und Festgesang?""Die Winde, die Wogen alleLagen in tiefer Ruh´,Einem Klagelied aus der HalleHört´ ich mit Thränen zu.Sahest du oben gehenDen König und sein Gemahl?Der roten Mäntel Wehen,Der goldnen Kronen Strahl?Führten sie nicht mit WonneEine schöne Jungfrau dar,Herrlich wie eine Sonne,Strahlend im goldnen Haar?""Wohl sah ich die Eltern beide,Ohne der Kronen Licht,Im schwarzen Trauerkleide;Die Jungfrau sah ich nicht."
Ein trüber Wintermorgen war´s,Als wollt´ es gar nicht tagen,Und eine dumpfe Glocke wardIm Nebel angeschlagen.Und als die dumpfe Glocke bald,Die einzige, verklungen,Da ward ein heisres Grabeslied,Ein einz´ger Vers gesungen.Es war ein armer, alter Mann,Der lang gewankt am Stabe,Trüb, klanglos, wie sein Lebensweg,So war sein Weg zum Grabe.Nun höret er in lichten HöhnDer Engel Chöre singenUnd einen schönen, vollen KlangDurch alle Welten schwingen.
Der Knecht hat erstochen den edlen Herrn,Der Knecht wär selber ein Ritter gern.Er hat ihn erstochen im dunklen HainUnd den Leib versenket im tiefen Rhein. Hat angelegt die Rüstung blank,Auf des Herren Roß sich geschwungen frank.Und als er sprengen will über die Brück,Da stutzet das Roß und bäumt sich zurück.Und als er die güldnen Sporen ihm gab,Da schleudert´s ihn wild in den Strom hinab.Mit Arm, mit Fuß er rudert und ringt,Der schwere Panzer ihn niederzwingt.
Auf den Wald und auf die Wiese, Mit dem ersten Morgengrau, Träuft ein Quell vom Paradiese, Leiser, frischer Maientau; Was den Mai zum Heiligtume Jeder süßen Wonne schafft, Schmelz der Blätter, Glanz der Blume, Würz und Duft, ist seine Kraft. Wenn den Tau die Muschel trinket, Wird in ihr ein Perlenstrauß; Wenn er in den Eichstamm sinket, Werden Honigbienen draus; Wenn der Vogel auf dem Reise Kaum damit den Schnabel netzt, Lernet er die helle Weise, Die den ernsten Wald ergetzt. Mit dem Tau der Maienglocken Wascht die Jungfrau ihr Gesicht, Badet sie die goldnen Locken, Und sie glänzt von Himmelslicht; Selbst ein Auge, rot geweinet, Labt sich mit den Tropfen gern,Bis ihm freundlich niederscheinet, Taugetränkt, der Morgenstern. Sink denn auch auf mich hernieder, Balsam du für jeden Schmerz! Netz auch mir die Augenlider! Tränke mir mein dürstend Herz! Gib mir Jugend, Sangeswonne, Himmlischer Gebilde Schau, Stärke mir den Blick zur Sonne, Leiser, frischer Maientau!