Sie: Guckst du mir denn immer nach,wo du mich findest?Nimm dein Äuglein doch in acht,daß du nicht erblindest!Er: Gucktest du nicht stets herum,würdest mich nicht sehen,nimm dein Hälschen doch in acht!Wirst es noch verdrehen.
Droben stehet die Kapelle,Schauet still ins Tal hinab.Drunten singt bei Wies´ und Quelle Froh und hell der Hirtenknab.Traurig tönt das Glöcklein nieder, Schauerlich der Leichenchor; Stille sind die frohen Lieder,Und der Knabe lauscht empor.Droben bringt man sie zu Grabe,Die sich freuten in dem Tal;Hirtenknabe, Hirtenknabe!Dir singt man dort auch einmal.
Das ist der Tag des Herrn!Ich bin allein auf weiter Flur;Noch eine Morgenglocke nur!Nun Stille nah und fern!Anbetend knie ich hier!O süßes Grau´n, geheimes Weh´n!Als knieten viele ungeseh´nUnd beteten mit mir!Der Himmel nah und fern,Er ist so klar, so feierlich,So ganz als wollt´ er öffnen sich!Das ist der Tag des Herrn!
Wann im letzten AbendstrahlGoldne Wolkenberge steigenUnd wie Alpen sich erzeigen,Frag´ ich oft mit Thränen:Liegt wohl zwischen jenenMein ersehntes Ruhethal?
Das war mir eine schwere Nacht,Das war ein Traum von langer Dauer;welch weiten Weg hab ich gemachtDurch alle Schrecken, alle Schauer!Der Traum, er führt´ mich an der Hand,Wie den Aeneas die Sibylle,Durch ein avernisch dunkles Land,Durch aller Schreckgestalten Fülle.Was hilft es, daß die Glocke riefUnd mich geweckt zum goldnen Tage,Wenn ich im Innern heimlich tiefSolch eine Hölle in mir trage.
Es zogen drei Burschen wohl über den Rhein,Bei einer Frau Wirtin, da kehrten sie ein:"Frau Wirtin, hat Sie gut Bier und Wein?Wo hat Sie Ihr schönes Töchterlein?""Mein Bier und Wein ist frisch und klar.Mein Töchterlein liegt auf der Totenbahr´."Und als sie traten zur Kammer hinein,Da lag sie in einem schwarzen Schrein.Der erste, der schlug den Schleier zurückUnd schaute sie an mit traurigem Blick:"Ach, lebtest du noch, du schöne Maid!Ich würde dich lieben von ´dieser Zeit."Der zweite deckte den Schleier zuUnd kehrte sich ab und weinte dazu:"Adi, daß du liegst auf der Totenbahr´!Ich hab´ diich geliebet so manches Jahr."Der dritte hüb ihn wieder sogleichUnd küßte sie an den Mund so bleich:"Dich liebt´ ich immer, dich lieb´ ich noch heut Und werde dich lieben in Ewigkeit."
Als Kaiser Rotbart lobesamzum heil´gen Land gezogen kam,da mußt er mit dem frommen Heerdurch ein Gebirge wüst und leer.Daselbst erhub sich große Not,viel Steine gab´s und wenig Brot,und mancher deutsche Reitersmannhat dort den Trunk sich abgetan;den Pferden war´s so schwer im Magen,fast mußte der Reiter die Mähre tragen.Nun war ein Herr aus Schwabenland,von hohem Wuchs und starker Hand,des Rößlein war so krank und schwach,er zog es nur am Zaume nach;er hätt´ es nimmer aufgegeben,und kostet´s ihn das eigne Leben.So blieb er bald ein gutes Stückhinter dem Heereszug zurück;da sprengten plötzlich in die Querfünfzig türkische Ritter daher.Die huben an auf ihn zu schießen,nach ihm zu werfen mit den Spießen.Der wackre Schwabe forcht sich nit,ging seines Weges Schritt vor Schritt,ließ sich den Schild mit Pfeilen spickenund tät nur spöttisch um sich blicken,bis einer, dem die Zeit zu lang,auf ihn den krummen Säbel schwang.Da wallt dem Deutschen auch sein Blut,er trifft des Türken Pferd so gut,er haut ihm ab mit einem Streichdie beiden Vorderfüß´ zugleich.Als er das Tier zu Fall gebracht,da faßt er erst sein Schwert mit Macht,er schwingt es auf des Reiters Kopf,haut durch bis auf den Sattelknopf,haut auch den Sattel noch zu Stückenund tief noch in des Pferdes Rücken;zur Rechten sieht man wie zur Linken,einen halben Türken heruntersinken.Da packt die andern kalter Graus;sie fliehen in alle Welt hinaus,und jedem ist´s, als würd´ ihm mittendurch Kopf und Leib hindurchgeschnitten.Drauf kam des Wegs ´ne Christenschar,die auch zurückgeblieben war;die sahen nun mit gutem Bedacht,was Arbeit unser Held gemacht.Von denen hat´s der Kaiser vernommen.Der ließ den Schwaben vor sich kommen;er sprach: "Sag an, mein Ritter wert!Wer hat dich solche Streich´ gelehrt?"Der Held bedacht sich nicht zu lang:"Die Streiche sind bei uns im Schwang;sie sind bekannt im ganzen Reiche,man nennt sie halt nur Schwabenstreiche.
Was steht der nord´schen Fechter ScharHoch auf des Meeres Bord?Was will in seinem grauen HaarDer blinde König dort?Er ruft, in bittrem HarmeAuf seinen Stab gelehnt,Daß überm MeeresarmeDas Eiland widertönt:"Gib, Räuber, aus dem FelsverließDie Tochter mir zurück!Ihr Harfenspiel, ihr Lied, so süß,War meines Alters Glück.Vom Tanz auf grünem StrandeHast du sie weggeraubt;Dir ist es ewig Schande,Mir beugt´s das graue Haupt."Da trifft aus seiner Kluft hervorDer Räuber, groß und wild,Er schwingt sein Hünenschwert emporUnd schlägt an seinen Schild:"Du hast ja viele Wächter,Warum denn litten´s die?Dir dient so mancher Fechter,Und keiner kämpft um sie?"Noch stehn die Fechter alle stumm,Tritt keiner aus den Reihn,Der blinde König kehrt sich um:"Bin ich denn ganz allein?"Da faßt des Vaters RechteSein junger Sohn so warm:"Vergönn´ mir´s, daß ich fechte!Wohl fühl´ ich Kraft im Arm.""O Sohn, der Feind ist riesenstark,Ihm hielt noch keiner stand;Und doch, in dir ist edles Mark -Ich fühl´s am Druck der Hand.Nimm hin die alte Klinge!Sie ist der Skalden Preis.Und fällst du, so verschlingeDie Flut mich armen Greis!"Und horch! es schäumet und es rauschtDer Nachen übers Meer;Der blinde König steht und lauscht,Und alles schweigt umher,Bis drüben sich erhobenDer Schild´ und Schwerter SchallUnd Kampfgeschrei und TobenUnd dumpfer Widerhall.Da ruft der Greis so freudig bang:"Sagt an, was ihr erschaut!Mein Schwert, ich kenn´s am guten KlangEs gab so scharfen Laut.""Der Räuber ist gefallen,Er hat den blut´gen Lohn.Heil dir, du Held vor allen,Du starker Königssohn!"Und wieder wird es still umher,Der König steht und lauscht:"Was hör´ ich kommen übers Meer?Es rudert und es rauscht.""Sie kommen angefahren,Dein Sohn mit Schwert und Schild,In sonnehellen HaarenDein Töchterlein Gunild.""Willkommen!" ruft vom hohen SteinDer blinde Greis hinab,"Nun wird mein Alter wonnig seinUnd ehrenvoll mein Grab.Du legst mir, Sohn, zur SeiteDas Schwert von gutem Klang;Gunilde, du Befreite,Singst mir den Grabgesang.
Noch ahnt man kaum der Sonne Licht,noch sind die Morgenglocken nichtim finstern Tal erklungen.Wie still des Tales weiter Raum!Die Vögel zwitschern nur im Traum,kein Sang hat sich erschwungen.Ich hab´ mich längst ins Feld gemachtund habe schon dies Lied erdachtund hab´ es laut gesungen.