Wer da zu früh die Gunst der Welt erfahrenUnd ihres Beifalls Übermaß errungen,Der wird sofort, von Hochmut rasch durchdrungen,Die menschliche Gemeinheit offenbaren.Schon auf dem Gipfel wird er sich gewahren,Gewappnet, wie dem Haupt des Zeus entsprungen;Verachten wird er dreist der Wahrheit Zungen,Ungnädig sein – auch gegen Schmeichlerscharen.Er fühlt sich, und die höchste selbst der KronenVermag ihm keine Demut einzuflößen:Daß er sie trägt, soll euch, nicht ihn belohnen.Blickt doch nur hin nach euren Ruhmesgrößen,Wie sie da rings als schnöde Götzen tronen,Zum Dank euch weisend ihre Hinterblößen.
Ein Fremdling bist du,Ein seltsamer Fremdling, o meine Seele,In diesem Erdengetriebe.Ringsum qualmt Selbstsucht und Hoffart zum Himmel,Laster und Torheit wuchern in üppiger BlüteUnd lustig schießen empor die tauben Halme der Eitelkeit.Und siehe: die Welt erträgt es!Sie erträgt es nicht bloß,Sie opfert der Selbstsucht,Beugt sich der Hoffart,Mästet Torheit und LasterUnd schmeichelt der Eitelkeit.Aber wehe dir, arme Seele,Wenn zu Tage tritt,Daß auch du staubgeboren,Und einmal dich betreten lässestauf menschlicher ArtUnd menschlicher Schwäche.Da geifert´s sogleich in der Runde!Da predigt die Selbstsucht Entsagung,Die Hoffart Demut,Das Laster Tugend –Und Torheit und EitelkeitHaben für dich ein Lächeln des Hohnes . . .Fürwahr ein Fremdling bist du,Ein seltsamer Fremdling, o meine Seele,In diesem Erdengetriebe.
Weh´ dem, der da sein eignes Tun zu richtenBegonnen hat! Dann zählt er zu den KrankenUnd schaudernd fühlt er keimen den Gedanken:Sich selbst erkennen, heißt sich selbst vernichten.Denn auf sein Wesen muß er stumm verzichten,Und wie die liebsten Hoffnungen ihm sanken,Lebt er dahin in haltlos ödem SchwankenUnd wünscht den Tod herbei, die Qual zu schlichten.Darum frohlockt nicht so beim Weiterschreiten!Das Dasein ist ein großes Sichbesinnen –Und ein Erkennen jeder Sieg im Streiten.Die Menschheit wird sich selber nicht entrinnen,Denn ob sie scheinbar auch nach außen leiten:Die Fäden führen doch zuletzt nach innen.
Ja, der Winter ging zur Neige,holder Frühling kommt herbei,Lieblich schwanken Birkenzweige,und es glänzt das rote Ei.Schimmernd wehn die Kirchenfahnenbei der Glocken Feierklang,und auf oft betretnen Bahnennimmt der Umzug seinen Gang.Nach dem dumpfen Grabchoraletönt das Auferstehungslied,und empor im Himmelsstrahleschwebt er, der am Kreuz verschied.So zum schönsten der Symbolewird das frohe Osterfest,daß der Mensch sich Glauben hole,wenn ihn Mut und Kraft verläßt.Jedes Herz, das Leid getroffen,fühlt von Anfang sich durchweht,daß sein Sehnen und sein Hoffenimmer wieder aufersteht.
Wer einmal einen tiefen Schmerz erlitten,Ist nicht mehr jung. Bis dahin war er´s,Und hätte silberweiß sein Haar bereitsDen tiefgebeugten Scheitel ihm umglänzt.Wer zählt die Jahre, wenn er glücklich ist?Er lebt und weiß nicht, daß er lebt.Der Schmerz erst ist die Grenze, wo wir weinendZurück und schaudernd vorwärts blicken.
In meinem Leben gab es böse Jahre –Wie jene aus der Bibel waren´s sieben –Da hat mich ein Verhängniß umgetrieben,Ich wandelte – und lag doch auf der Bahre.Nicht ein Erinnern, das ich voll bewahreAus jener Zeit, wo, ohne Frucht geblieben,Mein Geist in ödem Denken sich zerrieben,Und Gram und Sorge bleichten meine Haare!Gleich schwerem Traum zerfloß ihr dunkles Walten,Und auf vernarbte Wunden kann ich zeigen,Kaum wissend mehr, von wem ich sie erhalten.Nur manchmal, einzeln und in wirrem Reigen,Auftauchen schattenhafte Mahngestalten:Männer und Frau´n, die wie aus Gräbern steigen.
Strahlend im heitersten Blau steht die Sonne;Aber früh noch ist es im LenzUnd eisige Lüfte hauchen nochVon den Bergen herüber,Wo hartnäckig der Winter sich fest gefrorenIn tannenumdunkelten Klüften.Dennoch vom erstarrten BlachfeldSchwingt sich mit kämpfendem FlügelDie Lerche empor,Hin und her geschleudert vom Sturm,Aber die jauchzende Brust umfunkeltVom ewigen Licht –Schwing´ dich ihr nach, du mein geflügeltes Lied!
Freilich, freilich, alles eitel,Alles Trug und Schein –Ach, wie bald ergraut der Scheitel,Und du stehst allein!Deine Hoffnungen und TatenHat die Zeit gefällt,Und du siehest neue SaatenOhne dich bestellt.Und du fragst zuletzt mit Grollen:Hab´ ich nur gelebt,Um der rauhen Hand zu zollen,Die die Gräber gräbt?