Frühe schon aus leisem Schlummer Stört mich auf der wache Kummer, Und mit stumm getrag´ner Pein Schreit´ ich in den Tag hinein. Immer schwerer das Vollbringen, Immer selt´ner das Gelingen, Und es schwindet die Geduld – Und ich fühl´ die eig´ne Schuld. Fühl´ es mit geheimem Beben: Uferlos verrinnt mein Leben In ein Meer von Qual und Noth – Komm´, o komme, Tod!
Schon blicken rote WipfelAus fahlem Laub hervor,Leis´ um der Berge GipfelWallt lichter Nebelflor.Schon folgt dem SchnitterreigenDes Jägers rascher Schuß –Doch reift´s noch an den ZweigenIm letzten Sonnenkuß.Bald nahen frohe Hände,Sie schütteln Ast um Ast,Sie brechen vom GeländeDer Trauben süße Last.Denn so ist´s allerwegen:Daß für des Sommers FleißMit köstlich reichem SegenDer Herbst zu lohnen weiß.Doch was ist dir beschieden,Der du die Zeit verträumt,Der du, zu sä´n hienieden,Zu pflanzen hast versäumt?Da du im FrühlingshaucheNach Rosen nur gesucht:So pflück´ vom dorn´gen StraucheDir jetzt die herbe Frucht.
Wieder mit Flügeln, aus Sternen gewoben,Senkst du herab dich, o heilige Nacht;Was durch Jahrhunderte alles zerstoben –Du noch bewahrst deine leuchtende Pracht.Ging auch der Welt schon der Heiland verloren,Der sich dem Dunkel der Zeiten entrang,Wird er doch immer aufs neue geboren,Nahst du, Geweihte, dem irdischen Drang.Selig durchschauernd kindliche Herzen,Bist du des Glaubens süßester Rest;Fröhlich begangen bei flammenden Kerzen,Bist du das schönste, das menschlichste Fest.Leerend das Füllhorn beglückender Liebe,Schwebst von Geschlecht zu Geschlecht du vertraut –Wo ist die Brust, die verschlossen dir bliebe,Nicht dich begrüßte mit innigstem Laut?Und so klingt heut noch das Wort von der Lippe,Das einst in Bethlehem preisend erklang,Strahlet noch immer die lieblichste Krippe –Tönt aus der Ferne der Hirten Gesang .....Was auch im Sturme der Zeiten zerstoben –Senke herab dich in ewiger Pracht,Leuchtende du, aus Sternen gewoben,Frohe, harzduftende, heilige Nacht!
Jahr um Jahr hab´ ich gerungenUnd erlitten Schmerz um Schmerz;Aber stark und unbezwungenHielt sich mein gequältes Herz.Wie sich auch die Wolken ballten,Wie das Leben sich verschwor –Mit stets reinerem EntfaltenSchwang sich still mein Geist empor.Treu erglühend für das Echte,Hab´ ich fast das Ziel erreicht;Blickt mich an, ihr ew´gen Mächte:Dieser Scheitel ist gebleicht.Und die Flamme meines LebensNeigt sich mählich zum Verglüh´n –Gönnt mir noch den Rest des Strebens,Gönnt mir noch ein letztes Müh´n.Laßt mich noch getrost vollenden,Was ich ernst und fest begann,Und auf sanften GötterhändenTraget mich von hinnen dann! –Also fleh´ ich, von den SchwingenDer Erfüllung leis umweht –Und doch fürchtend, daß mein RingenIm Verhängnis untergeht!
Wie lieb´ ich euch,Leise schwankende Pappeln,Die ihr gesammelten WuchsesZum Himmel aufstrebt!Freilich wohlErreicht ihr ihn nicht –Aber hoch empor ragt ihrüber niedres Gestrüpp nicht bloßUnd den verkrüppelten Fruchtbaum:Auch die mächtige Eiche,Die schattenspendende LindeLaßt ihr unter euch.Und mit ihnenDie dumpfen Wohnungen der Menschen,Deren kurzer Blick, dem Nützlichen zugewandt,Nur selten an euch, den Nutzlosen,Empor sich hebt,Indes ihr,Weithin überschauend die Landschaft,Selig einsam die Häupter wiegetIm ewigen Äther.
Längst, du freundliches Nachtgestirn,Ist dein Geheimnis verweht.Erkenntnisstolz blickt der Knabe schonZu dir empor,Denn verfallen bist du, wie alles jetzt,Der Wissenschaft,Die deine Höhen und Tiefen mißt –Und wer weiß, ob du nicht endlich doch nochErstiegen wirst auf der MünchhausenleiterDer Hypothesen.Dennoch, du alter, treuer Begleiter der Erde,Webt und wirkt dein alter Zauber fort,Wenn du, Aug´ und Herz erfreuend, emportauchstMit dem sanftschimmernden MenschenantlitzUnd seligen Frieden gießestÜber tagmüde Gefilde.Noch immer, wachgeküßt von deinem Strahl,Seufzt Liebe zu dir hinan –Und immer noch, ach! besingen dich Dichter.
Wer mehr, als er verschuldet,Erlitten und erduldet,Der ist zuletzt gefeit;Wie immer er auch wandle,Wie immer er auch handle:Geschlichtet ist der Streit.Denn endlich naht die Stunde,Wo tief im HerzensgrundeDie Frage lauter spricht:Wem ward ein Recht gegeben –Wer wagt es hier im Leben,Zu halten ein Gericht?Ja, was da auch geschehe,Zum Wohl oder zum Wehe,Geschieht´s nicht, weil es muß?»Drum will ich siegreich fallenMit meinen Wunden allen!«Ruft dann der Mensch zum Schluß.Er ruft´s und will nicht haltenZurück mehr die Gewalten,Die man das Schicksal heißt –Und fragt sich nicht mehr bange,Wen er bei UntergangeMit sich zum Orkus reißt!
Das aber nehmt euch einmal zu Verstande:Daß einer nie sein Höchstes kann vollbringen,Wenn nicht ein Gott ihm gnädig löst die Schwingen,Und nicht ein günst´ger Wind ihn treibt vom Strande.Denn nie gedeiht der Baum in dumpfem Sande,Zu Tod sich flattern muß der Aar in Schlingen –Und ernstes Tun kann stets nur halb gelingen,Wenn sich die Mitwelt freut an hohlem Tande.Ja, ob auch eigne Kraft und tiefstes WollenDie Größe hebt aus den gemeinen Gleisen:Des Lebens Mächten muß ein jeder zollen.Drum laßt das Wicht´ge mit dem Finger Weisen,Seht einen Mann ihr schöpfen aus dem Vollen:Ihn selbst nicht – seinen Stern nur mögt ihr preisen.