Nun bist du, Seele, wieder deinem TraumUnd deiner Sehnsucht selig hingegeben.In holdem Feuer glühend fühlst du kaum,Daß Schatten alle Bilder sind, die um dich leben.Denn nächtelang war deine Kammer leer.Nun grüßen dich, wie über Nacht die ZeichenDes jungen Frühlings durch die Fenster her,Die neuen Schauer, die durch deine Seele streichen.Und weißt doch: niemals wird Erfüllung seinDen Schwachen, die ihr Blut dem Traum verpfänden,Und höhnend schlägt das Schicksal Krug und WeinDen ewig Dürstenden aus hochgehobnen Händen.
Nur eines noch:viel Stille um sich her wie weiche Decken schlagen,Irgendwo im Alltag versinken, in Gewöhnlichkeit,seine Sehnsucht in die Enge bürgerlicher Stuben tragen,Hingebückt, ins Dunkel gekniet, nicht anders sein wollen,geschränkt und gestillt, von Tag und Nacht überblüht,heimgekehrt von ReisenIns Metaphysische – Licht sanfter Augen über sich,weit, tief ins Herz geglänzt,den Rest von irrem Himmelsdurst zu speisen –Kühlung Wehendes, Musik vieler gewöhnlicher Stimmen,die sich so wie Wurzeln stiller Birkenstark ins Blut dir schlagen,Vorbei die umtaumelten Fanfaren,die in Abenteuer und Ermattung tragen,Morgens erwachen, seine Arbeit wissen, sein Tagewerk,festbezirkt, stumm aller Lockung,Keine Ausflüge mehr ins Wolkige,nur im Nächsten noch sich finden, einfach wie ein Kind,das weint und lacht,Aus seinen Träumen fliehen, Helle auf sich richten,jedem Kleinsten sich verweben,Aufgefrischt wie vom Bad, ins Leben eingeblüht,dunkel dem großen Dasein hingegeben.
Ich sah Kinder in langem Zug, paarweis geordnet, vor einem Armenspeisehaus stehen.Sie warteten, wortkarg und müde, bis die Reihe an sie käme, zur Abendmahlzeit zu gehen.Sie waren verdreckt und zerlumpt und drückten sich an die Häuserwände.Kleine Mädchen preßten um blasse Säuglinge die versagenden Hände.Sie standen hungrig und verschüchtert zwischen den aufgehenden Lichtern,Manche trugen dunkle Mäler auf den schmächtigen Gesichtern.Ihr Anzug roch nach Keller, lichtscheuen Stuben, Schelten und Darben,Ihre Körper trugen von Entbehrung und früher Arbeitsfron die Narben.Sie warteten: gleich wären die andern fertig, dann würde man sie in den großen Saal treten lassen,Ihnen Brot und Gemüse vorsetzen und die Abendsuppe in den blechernen Tassen.Oh, und dann würde Müdigkeit kommen und ihre verkrümmten Glieder aufschnüren,Und Nacht und guter Schlaf sie zu Schaukelpferden und Zinnsoldaten und in wundersame Puppenstuben führen.
Der Schnellzug tastet sich und stößt die Dunkelheit entlang.Kein Stern will vor. Die ganze Welt ist nur ein enger, nachtumschienter Minengang,Darein zuweilen Förderstellen blauen Lichtes jähe Horizonte reißen: FeuerkreisVon Kugellampen, Dächern, Schloten, dampfend, strömend .. nur sekundenweis ...Und wieder alles schwarz. Als führen wir ins Eingeweid der Nacht zur Schicht.Nun taumeln Lichter her ... verirrt, trostlos vereinsamt ... mehr ... und sammeln sich ... und werden dicht.Gerippe grauer Häuserfronten liegen bloß, im Zwielicht bleichend, tot - etwas muß kommen ... o, ich fühl es schwerIm Hirn. Eine Beklemmung singt im Blut. Dann dröhnt der Boden plötzlich wie ein Meer:Wir fliegen, aufgehoben, königlich durch nachtentrissne Luft, hoch übern Strom. O Biegung der Millionen Lichter, stumme Wacht,Vor deren blitzender Parade schwer die Wasser abwärts rollen. Endloses Spalier, zum Gruß gestellt bei Nacht!Wie Fackeln stürmend! Freudiges! Salut von Schiffen über blauer See! Bestirntes Fest!Wimmelnd, mit hellen Augen hingedrängt! Bis wo die Stadt mit letzten Häusern ihren Gast entläßt.Und dann die langen Einsamkeiten. Nackte Ufer. Stille. Nacht. Besinnung. Einkehr. Kommunion. Und Glut und Drang.
In Kapellen mit schrägen Gewölben, zerfallnen Verließen und Scheiben flammrot wie Mohn und wie Perlen grün und Marmoraltären über verwitterten Fliesen sah ich die Nächte wie goldne Gewässer verblühn:der schlaffe Rauch zerstäubt aus geschwungnen Fialen hing noch wie Nebel schwankend in starrender Luft, auf Scharlachgewirken die bernsteinschillernden Schalen schwammen wie Meergrundwunder im bläulichen Duft.In dämmrigen Nischen die alten süßen Madonnen lächelten müd und wonnig aus goldrundem Schrein, Rieselnde Träume hielten mich rankend umsponnen, säuselnde Lieder sangen mich selig ein.Des wirbelnden Frühlings leise girrendes Locken· der Sommernächte Duftrausch weckte mich nicht: Blaß aus Fernen läuteten weiße Glocken . . .Grün aus Kuppeln sickerte goldiges Licht . . .
Träume der blassen und umglühten Stunden sinkt wieder ihr in lindem Abendwehn aus goldgenetzter Wolken dunklem Schoß wie Sommerregen duftend auf mein Land? Ihr locktet früh das Kind zu Zaubergärten verwunschnen Schlössern stillen grünen Seen und brauner Wurzel quoll aus trübem Schacht gehöhlter Felsen unermeßnes Gold. Dann gingt ihr hin und euer leichtes Bild zerfloß und zitterte nur traumhaft fern wie leuchtend durch die Nächte warmer Schein in dämmerweichen Sommerlüften hängt. Nun tönt mir eure Stimme süß vertraut wie einem Kind das sich im Wald verlor der Glocken Läuten still vom Abendwind durch welken Glanz der Tale hingeweht.
Der Sommermittag lastet auf den weißen Terrassen und den schlanken Marmortreppen die Gitter und die goldnen Kuppeln gleißen leis knirscht der Kies. Vom müden Garten schleppen sich Rosendüfte her – wo längs der Hecken der schlaffe Wind entschlief in roten Matten und geisternd strahlen zwischen Laubverstecken die Götterbilder über laue Schatten. Die Efeulauben flimmern. Schwäne wiegen und spiegeln sich in grundlos grünen Weihern und große fremde Sonnenfalter fliegen traumhaft und schillernd zwischen Düfteschleiern.
Tag will herauf.Nacht wehrt nicht mehr dem Licht.O Morgenwinde,die den Geist in ungestüme Meere treiben!Schon brechen Vorstadtbahnenfauchend in den GartenDer Frühe. Bald sind Straßen, Brückenwieder von Gewühl und Lärm versperrt –O jetzt ins Stille flüchten! Eng im Zug der Weiber,der sich übern Treppengang zur Messe zerrt,In Kirchenwinkel knien!O, alles von sich tun, und nur in Demutauf das Wunder der Verheißung warten!O Nacht der Kathedralen!Inbrunst eingelernter Kinderworte!Gestammel unverstandner Litanein, indes die Seelenin die Sanftmut alter Heiligenbilder schauen ...O Engelsgruß der Gnade ...ungekannt im Chor der Gläubigen stehnund harren, daß die PforteAufspringe, und ein Schein uns krönewie vom Haar von unsrer lieben Frauen.
Die alten Brunnen rauschten wie im Traum durch fernen Hall vertrauter Abendglocken und flossen weich ins Dunkel das den Duft nachtschwüler Gärten die ich spät durchwandert still atmend trug. Nun tut sich dämmernd auf vom schwanken Frühlicht hingetürmt umwölbt von Felsenstürzen purpurtiefen Schluchten der letzten Fahrten letzte Ruhestatt: Mit schwarzem Strom die goldig dunkle Trift. Die kalten Eisenstufen schreit ich leicht die leise klirrenden ins Tal daraus nicht Rückkehr ist. Nun bette mich in blauen Schatten blütenloses Land traumstarre Flut! Schon rührt dein schwerer Hauch mich schauernd an. Schon überweht ein Glanz mich Trunknen hell wie einer Gottheit Bild aus blitzendem Gewölk. Schon trübt und wirrt des Lebens Spiegel fern sich wie ein Traum der flatternd zwischen Tag und Dämmer lischt.
Sonnenaufgänge sing´ ich und Sonnenuntergänge: Aufgang und Untergang ist das Leben – Aber einmal dämmern Tage, Da die Nacht in graue Gräber fiel, Ewig Sonnenleuchten über alle Welten flutet: Einmal – und ich lausche in die Nacht, Und mir ist, der fahle Dämmer trägt Wie ein zitternd Ahnen fernes Pochen, Abglanz jener tausend Morgenchöre, Die der Welten hehrstes Fest umbrausen, Und ich grüße aus dem Zwang der Nacht Künftiger Zeiten junge Morgenröten.