Der Abend spricht mit lindem Schmeichelwort die Gassen In Schlummer und der Süße alter Wiegenlieder, Die Dämmerung hat breit mit hüllendem Gefieder Ein Riesenvogel sich auf blaue Firste hingelassen. Nun hat das Dunkel von den Fenstern allen Glanz gerissen, Die eben noch beströmt wie veilchenfarbne Spiegel standen, Die Häuser sind im Grau, durch das die ersten Lichter branden Wie Rümpfe großer Schiffe, die im Meer die Nachtsignale hissen. In späten Himmel tauchen Türme zart und ohne Schwere, Die Ufer hütend, die im Schoß der kühlen Schatten schlafen, Nun schwimmt die Nacht auf dunkel starrender Galeere Mit schwarzem Segel lautlos in den lichtgepflügten Hafen.
In dieser Märznacht trat ich spät aus meinem Haus.Die Straßen waren aufgewühlt von Lenzgeruch und grünem Saatregen.Winde schlugen an. Durch die verstörte Häusersenkung ging ich weit hinausBis zu dem unbedecktem Wall und spürte: meinem Herzen schwoll ein neuer Takt entgegen. In jedem Lufthauch war ein junges Werden ausgespannt.Ich lauschte, wie die starken Wirbel mir im Blute rollten.Schon dehnte sich bereitet Acker. In den Horizonten eingebranntWar schon die Bläue hoher Morgenstunden, die ins Weite führen sollten.Die Schleusen knirschten. Abenteuer brach aus allen Fernen.Überm Kanal, den junge Ausfahrtwinde wellten, wuchsen helle Bahnen,In deren Licht ich trieb. Schicksal stand wartend in umwehten Sternen.In meinem Herzen lag ein Stürmen wie von aufgerollten Fahnen.Zum Letzten, Segnenden. Zum Zeugungsfest. Zur Wollust. Zum Gebet. Zum Meer. Zum Untergang.
Nur eines noch:viel Stille um sich her wie weiche Decken schlagen,Irgendwo im Alltag versinken, in Gewöhnlichkeit,seine Sehnsucht in die Enge bürgerlicher Stuben tragen,Hingebückt, ins Dunkel gekniet, nicht anders sein wollen,geschränkt und gestillt, von Tag und Nacht überblüht,heimgekehrt von ReisenIns Metaphysische – Licht sanfter Augen über sich,weit, tief ins Herz geglänzt,den Rest von irrem Himmelsdurst zu speisen –Kühlung Wehendes, Musik vieler gewöhnlicher Stimmen,die sich so wie Wurzeln stiller Birkenstark ins Blut dir schlagen,Vorbei die umtaumelten Fanfaren,die in Abenteuer und Ermattung tragen,Morgens erwachen, seine Arbeit wissen, sein Tagewerk,festbezirkt, stumm aller Lockung,Keine Ausflüge mehr ins Wolkige,nur im Nächsten noch sich finden, einfach wie ein Kind,das weint und lacht,Aus seinen Träumen fliehen, Helle auf sich richten,jedem Kleinsten sich verweben,Aufgefrischt wie vom Bad, ins Leben eingeblüht,dunkel dem großen Dasein hingegeben.
Die kupferrote Sonne im Versinken Hängt zwischen Höhlen scharf gezackter Zweige In harter Glut der strahlenlosen Neige, Die feuchte Luft scheint allen Glanz zu trinken. Die grauen Wolken, aufgeschwellt von Regen, Mit langen Schleppen, die am Boden schleifen, Und lau umströmt von schwachen Lilastreifen, Ergießen dünnes Licht auf allen Wegen. Nur in der Bäume enggedrängten Gruppen, Die steil wie Inseln aus den grünen Matten Des Parkes steigen, lagern dichtre Schatten, Hinsinkend von den braunen Hügelkuppen.
Flut, die in Nebeln steigt.Flut, die versinkt.O Glück: das große Wasser,das mein Leben überschwemmte, sinkt, ertrinkt.Schon wollen Hügel vor. Schon bricht gesänftigtaus geklärten Strudeln Fels und Land.Bald wehen Birkenwimpelüber windgesträhltem Strand.O langes Dunkel.Stumme Fahrten zwischen Wolke, Nacht und Meer.Nun wird die Erde neu.Nun gibt der Himmel aller Formen zarten Umriß her.Herzlicht von Sonne,das sich noch auf gelben Wellen bäumt –Bald kommt die Stunde,wo dein Gold in grünen Frühlingsmulden schäumt –Schon tanzt im Feuerbogen,den der Morgen übern Himmel schlägt,Die Taube,die im Mund das Ölblatt der Verheißung trägt.
Die letzten müden Liebesworte irren Wie Abendfalter, die mit schweren Flügen In Dämmerung und Träumen sich verwirren. Und trunken niedersinkend ist´s, als trügen Ein zartes Leuchten sie um Deine Wangen Und Sänftigung zu Deinen Atemzügen. Ich seh´ das Glück an Deinen Lippen hangen Wie eine Blüte, warmer Nacht entsprungen – Indes ich dumpf, in namenlosem Bangen, Dem Gang der Stunden lausche, die verschlungen Zu dunklen Ketten in das Leere gleiten, Vom harten Glockenschlag der Nacht umklungen. Ich hör im Takt ihr endlos gleiches Schreiten Auf heißem Lager sinnlos aufgerichtet, Hinhorchend in die nachtbeschwerten Weiten, Die schon der erste Schein der Frühe lichtet.
Träume der blassen und umglühten Stunden sinkt wieder ihr in lindem Abendwehn aus goldgenetzter Wolken dunklem Schoß wie Sommerregen duftend auf mein Land? Ihr locktet früh das Kind zu Zaubergärten verwunschnen Schlössern stillen grünen Seen und brauner Wurzel quoll aus trübem Schacht gehöhlter Felsen unermeßnes Gold. Dann gingt ihr hin und euer leichtes Bild zerfloß und zitterte nur traumhaft fern wie leuchtend durch die Nächte warmer Schein in dämmerweichen Sommerlüften hängt. Nun tönt mir eure Stimme süß vertraut wie einem Kind das sich im Wald verlor der Glocken Läuten still vom Abendwind durch welken Glanz der Tale hingeweht.
Du über deren Lippen leis in lindenFrühsommernächten trunkne Worte schweben:Nun will ich deinen jungen Leib umwindenund deiner Seele süße Last entbindenund aller Träume wundervolles Webenin Märchenaugen rätselhaft gespiegeltwie Lilien sich zu dunklen Wassern neigen –Schon fühl ich schwankend in gelöstem Reigenaus Purpurschächten zauberkühn entriegeltein Fremdes Ahnungsvolles wirkend steigen –Einem MädchenSchon trägt vom jungen Morgenwind gezogendas goldne Schiff uns auf geklärten Wellenzu neuem Meer. Schon sehen wir im hellenDunstflor der Fernen weiß vom Gischt umflogendie blauen Inselkuppen ladend schwellengestreift von früher Sonne scheuem Scheinin warmem Kranz die sanften grünen Buchten –Schon steigen wir durch Tal und feuchte Schluchtenund schauen strahlend über schwarzem Haindie Wundergärten die wir sehnend suchten –und betten uns in goldne Blüten ein.