Die Liebe gleichet dem AprilBald Frost, bald fröhliche Strahlen,Bald Blüten im Herzen, in Thalen,Bald stürmisch und bald still;Bald heimliches Ringen und Sehnen,Bald Wolken, Regen und Thränen,Im ewigen Schwanken und Wähnen,Wer weiß, was werden will.
Die beiden Engel O kennst du, Herz, die beiden Schwesterengel,Herabgestiegen aus dem Himmelreich:Stillsegnend Freundschaft mit dem Lilienstengel,Entzündend Liebe mit dem Rosenzweig?Schwarzlockig ist die Liebe, feurig glühend,Schön wie der Lenz, der hastig sprossen will;Die Freundschaft blond, in sanftern Farben blühend,Und wie die Sommernacht so mild und still;Die Lieb´ ein brausend Meer, wo im GewimmelVieltausendfältig Wog´ an Woge schlägt;Freundschaft ein tiefer Bergsee, der den HimmelKlar widerspiegelnd in den Fluten trägt.Die Liebe bricht herein wie Wetterblitzen,Die Freundschaft kommt wie dämmernd Mondenlicht;Die Liebe will erwerben und besitzen,Die Freundschaft opfert, doch sie fordert nicht.Doch dreimal selig, dreimal hoch zu preisenDas Herz, wo beide freundlich eingekehrt,Und wo die Glut der Rose nicht dem leisenGeheimnisvollen Blühn der Lilie wehrt!
O Sommerfrühe blau und hold!Es trieft der Wald von Sonnengold,in Blumen steht die Wiese;die Rosen blühen rot und weiß,und durch die Fluren wandelt leis,ein Hauch vom Paradise.
Minne hält, das wilde Kind,Einen Brauch, wie blind sie fahre,Daß ihr vierundzwanzig JahreLieber stets als vierzig sind;Altersfrost und graue HaareTreiben sie zur Flucht geschwind.Bei des Herzens RosenfestGilt vor aller Weisheit SchätzenSelig Stammeln, süßes Schwätzen,Lipp´ auf Lippe stumm gepreßt;Geist wird nie den Mund ersetzen,Der sich feurig küssen läßt.Was verstrickte denn so jähEinst das junge Herz Isolden,Daß sie sich mit ihrem HoldenGlühend stürzt´ in Schmach und Weh?Tristans Locken wallten golden,König Markes weiß wie Schnee.Darum setze dich zur Wehr,Glänzt in´s alternde GemütheDir der Schönheit Strahl, und hüteDich vor nichtigem Begehr;Minneglück will Jugendblüte,Und du änderst´s nimmermehr.
Am zerfall´nen BurggemäuerUeber´m schwarzen FichtenhagGlüht´s noch einmal auf wie Feuer,Und versunken ist der Tag.Schauernd rühren sich die Wipfel,Drunten schwillt der Rhein mit Macht,Und vom Thal empor zum GipfelSteigt wie ein Gespenst die Nacht.Da befällt ein heimlich GrausenMir im Dunkeln Herz und Sinn:»Steine bröckeln, Wellen brausen,Und wie bald bist du dahin!«
Das ist der Bildung Fluch, darin wir leben,Daß ihr das Beste untergeht im Vielen;Mit jedem Elemente will sie spielenUnd wagt sich keinem voll dahinzugeben.Kaum winkt ihr rechts ein Kranz, darnach zu streben,So reizt ein neuer sie, nach links zu schielen;Von Zweck zu Zweck gelockt, von Ziel zu Zielen,Als Falter schwärmt sie, statt als Aar zu schweben.Getaucht in alles und von nichts durchdrungen,Preist sie sich reich, wenn folgsam jedem StoßeEin Maß buntscheckigen Wissens sie erschwungen.Was Wunder, wenn bis heut aus ihrem SchoßeNur Schwaches, Halbes, Einzelnes entsprungen!Denn in sich ganz und einfach ist das Große.
Herr, den ich tief im Herzen trage,Sei du mit mir!Du Gnadenhort in Glück und Klage,Sei du mit mir!Behüte mich am Born der FreudeVor Übermut!Und wenn ich an mir selbst verzage,Sei du mit mir!Dein Segen ist wie Tau den Reben,Schwach bin ich sonst;Doch daß ich kühn das Höchste wage,Sei du mit mir!O du mein Trost, du meine Stärke,Mein Sonnenlicht!Bis an das Ende meiner TageVerlaß mich nicht!
Sieh, das ist es, was auf ErdenJung dich hält zu jeder Frist,Daß du ewig bleibst im Werden,Wie die Welt im Wandeln ist.Was dich rührt im HerzensgrundeEinmal kommt´s und nimmer so;Drum ergreife kühn die Stunde,Heute weine, heut´ sei froh!Gieb dem Glück dich voll und innig,Trag´ es, wenn der Schmerz dich preßt,Aber nimmer eigensinnigIhren Schatten halte fest.Heiter senke, was vergangen,In den Abgrund jeder Nacht!Soll der Tag dich frisch empfangen,Sei getreu doch neu erwacht.Frei dich wandelnd und entfaltend,Wie die Lilie wächst im Feld,Wachse fort und nie veraltendBlüht und klingt für dich die Welt.
Es ist das Glück ein flüchtig Ding,Und war´s zu allen Tagen;Und jagtest du um der Erde Ring,Du möchtest es nicht erjagen.Leg´ dich lieber ins Gras voll DuftUnd singe deine Lieder;Plötzlich vielleicht aus blauer LuftFällt es auf dich hernieder.Aber dann pack´ es und halt´ es festUnd plaudre nicht viel dazwischen;Wenn du zu lang´ es warten läßt,Möcht´ es dir wieder entwischen.
Ich blick in mein Herz und ich blick in die Welt,Bis von schwimmenden Auge die Träne mir fällt,Wohl leuchtet die Ferne mit goldenem Licht,Doch hält mich der Nord, ich erreiche sie nicht.O die Schranken so eng und die Welt so weit,Und so flüchtig die Zeit, so flüchtig die Zeit.Ich weiß ein Land, wo aus sonnigem GrünUm versunkene Tempel die Trauben glühn,Wo die purpurne Woge das Ufer beschäumtUnd von kommenden Sängern der Lorbeer träumt.Fern lockt es und winkt dem verlangenden Sinn,Und ich kann nicht hin, ich kann nicht hin.O hätt´ ich Flügel durch Blau der Luft,Wie wollt ich baden im Sonnenduft!Doch umsonst! Und Stunde auf Stunde entflieht,Vertraure die Jugend, begrabe das Lied.O die Schranken so eng und die Welt so weit,Und so flüchtig die Zeit, so flüchtig die Zeit.