Im Nachtwind blähn sich leise die Gardinen,Ein Falter wagt den Todesflug ins LichtUnd büßt den Fürwitz. Mit gelassnen MienenSchau ich ihm zu – es ist der Erste nicht,Den dumpfe Sehnsucht in die Gluth getragen,Und der im Sturz den kecken Nacken bricht!Vom Rathhausthurm hör´ ich die Uhren schlagen.Die Töne dringen wuchtig zu mir her,Als wollte jeder einzelne mir sagen:"Thu deine Pflicht – du hast nichts Andres mehr.Ich neige meine Stirn der harten Kunde –Heut´ wird die Last der Einsamkeit mir schwer!Mein Herz begehrt in dieser dunklen StundeNach einem Herzen, das ihm Heimath wär´,Nach einem Wort aus liebem Menschenmunde!
In deinem Arm, an deinem Herzen –O sag´, was hat die Erde noch?Und brächte sie mir tausend SchmerzenNach diesem Tag, ich jauchzte doch!Und gilt es, durch die DunkelheitenDer letzten, großen Nacht zu gehn:Der Schimmer dieser SeligkeitenWird leuchtend überm Wege stehn!
Das Sonnenlicht kommt durch´s Fenster geflogen,Küßt mich und lacht:»Guten Morgen!«»Ach, liebes Licht,Rufe doch nicht,Siehe, die SorgenSchlafen ja noch!Willst du sie wecken,Daß sie mich schrecken?Spät erst hat sie die gütige NachtSingend und schmeichelnd zur Ruhe gebracht.Da hab ich geschlafen und träumte so schön:Von lachenden Kindern, von Sonne und Veilchen ...Willst du nicht noch ein zögerndes WeilchenAn meiner Kammer vorübergehn?«
Die du lächelnd mir entschwindestUnd mit neidisch dichtem FlorDeine weiße Stirn umwindest –That sich dir das graue ThorDer Vergangenheit schon auf?Darfst du nimmer dich mir neigen,Nimmer mir die leichte Hand,Die mein Sorgen hold gebannt,In geheimnisvollem SegenAuf die heißen Augen legen,Süße Freude?O welch grauenhaftes Schweigen –Keine Antwort tönt hernieder!Sorgen, wohl – so nehmt mich wiederUnd zermartert Geist und GliederEurer Beute!
War ich gar so jung und dumm, Wollte gerne wissen: "Warum ist mein Mund so roth?"Sprach der Mai: "Zum Küssen."Als der Nebel schlich durch´s Land, Hab ich fragen müssen: "Warum ist mein Mund so blaß?"Sprach der Herbst: "Vom Küssen."
Und dürft´ ich dich wecken zum SonnenlichtAus Schatten des Todes, ich thät es nicht,Ich sänke nieder an deinem GrabUnd leise raunt ich ein Lied hinab:Schlafe, ach schlafe!O laß in dein traumtiefes KämmerleinKein Fünkchen des schimmernden Licht´s hinein,Denn was die Sonne dir auch verspricht,So hell, so strahlend – sie hält es nicht.Schlafe, ach, schlafe.
Liegt nun so still die weite Welt,Die Nacht geht schwebend durch das Feld,Der Mond lugt durch die Bäume.Da steigts herauf aus tiefem GrundDa flüsterts rings mit süßem Mund,Die Träume sind´s, die Träume.Sie tragen Mohn im gold´nen Haar,Und singend dreht sich Paar um PaarIn wundersamen Reigen –Nur einer steht so ernst bei Seit´,In seinen Augen wohnt das Leid,Auf seiner Stirn das Schweigen.O Traum, der meine Nächte füllt,Der meinen Tag mit Thränen hüllt,Willkommen doch, willkommen!Du bist´s allein, der Treue hält,Da alles And´re mir die WeltGenommen hat, genommen.
Oft denk ich: wenn du bei mir wärestUnd meiner Sehnsucht wilde FlutSich in dein liebes Herz ergösse,Dann wäre Alles, Alles gut!Und schüttle dann die Stirne leiseUnd weiß – es bliebe doch ein Rest,Der auch vom treusten MenschenherzenSich nicht zur Ruhe bringen läßt.
Denkt euch, ich habe das Christkind geseh´n!Es kam aus dem Wald, das Mützchen voll Schnee,mit rotgefrorenem Näschen. Denn es trug einen Sack,der war gar schwer,schleppte und polterte hinter ihm her.Was drin war, möchtet ihr wissen?Ihr Naseweise, ihr Schelmenpack,meint ihr, er wäre offen, der Sack?Zugebunden bis oben hin!Doch war gewiß etwas Schönes drin,es roch so nach Äpfeln und Nüssen!
Wie liegt die Welt so stille,Als hätt´ ein heil´ger WilleSie fest mit Schlaf umhegt;Die weißen Nebel steigen, Der Wind schläft in den Zweigen,Kein Blättchen sich mehr regt.Auf dunklen HimmelswogenKommt nun die Nacht gezogenIn ihrem goldnen Kahn,Ich steh´ in meinem Garten,Als sollt ich wen erwarten –Und geh´ doch Niemand an!