Wie liegt die Welt so stille,Als hätt´ ein heil´ger WilleSie fest mit Schlaf umhegt;Die weißen Nebel steigen, Der Wind schläft in den Zweigen,Kein Blättchen sich mehr regt.Auf dunklen HimmelswogenKommt nun die Nacht gezogenIn ihrem goldnen Kahn,Ich steh´ in meinem Garten,Als sollt ich wen erwarten –Und geh´ doch Niemand an!
Bräunliche Heide im Sonnenduft,Wandervögel in blauer Luft,Und eine Welle, die weit vom FlußSich in das träumende Land verirrtUnd nun im Sande verrinnen muß. –Während der Zug vorüber schwirrt,Prägt sich das seltsame Bildchen mir ein,Um mich dann später heimlich zu fragen:"Was bist du Andres, als solch eine Welle,Die von des Ufers sicherer SchwelleRuhlose Sehnsucht ins Weite getragen?"
Aus Schleiern des MorgensHebt sich der Tag.Noch hängt an der Wimperdie blitzende Thräne,Noch huschen die Wölkchen,Gleich ängstlichen Träumen,Über die strahlende Kinderstirn –Aber jubelnd über sein LebenWill sich die ewige Sonne schon heben,Küßt ihm den ScheitelIn segnender Liebe,Weckt ihm die Sehnsucht,Die knospende aufUnd zieht seinen ersten,Zagenden Schritten,Ein leuchtender HeroldDer Schönheit, vorauf!
Der Himmel ist so blaß geworden,Die weißen Wolken künden Schnee,Das Bächlein singt ein Lied vom SterbenUnd schleicht sich müde durch den Klee.Am Zaune flattern welke Ranken,Wie lange noch, dann ist´s so still,Daß sich in diesem großen SchweigenKaum noch die Sehnsucht regen will.
Arme Seele, die sich selbst verzehrt!Sehnsucht, die ins Leben möchte greifenUnd dem blühenden doch angstvoll wehrt –Arme Hand, die an dem goldnen ReifenHeimlich dreht, weil sie das Glück begehrt,Und doch nicht vermag, ihn abzustreifen –Augen, die dem Lichte abgekehrt,Ruhelos durch Nacht und Dunkel schweifen –Jene Weisheit, die »Entsagung« lehrt,Werdet ihr die bittre je begreifen?
Wie regt des Abendsverliebter Hauchso sanft die Wellenund Busch und Strauch,drückt weiche Faltenin mein Gewandund hebt mir schmeichelnddas Gürtelband.Ein Gruß ... ein Seufzer ...ein heimlich Wehn –ward nicht gesprochen,ist nichts geschehn,und dennoch weiß ichzu dieser Frist,daß meine Stunde gekommen ist ...Durch meine Seele ein Ahnen geht,daß auf der Schwelle die Liebe steht.
In hoher Luft die Möwe ziehtAuf einsam stolzen Wegen,Sie wirft mit todesmuth’ger BrustDem Sturme sich entgegen.Er rüttelt sie, er zerrt an ihrIn grausam wildem Spiele –Sie weicht ihm nicht, sie ringt sich durch,Gradaus, gradaus zum Ziele.O laß mich wie die Möwe sein,Wie auch der Sturm mich quäle,Nach hohem Ziel, durch Kampf und Not:Gradaus, gradaus, o Seele!
Wo die Zweige am dichtesten hangen,die Wege am tiefsten verschneit,da ist um die Dämmerzeitim Walde das Christkind gegangen.Es mußte sich wacker plagen,denn einen riesigen Sackhat´s meilenweit huckepackauf den schmächtigen Schultern getragen.Zwei spielende Häschen saßengeduckt am schneeigen Rain.Die traf solch blendender Schein,daß sie das Spielen vergaßen.Doch das Eichhorn hob schnuppernd die Ohrenund suchte die halbe Nacht,ob das Christkind von all seiner Prachtnicht ein einziges Nüßchen verloren.
Einsamkeit, ernsthafte Frau,Tratest einst still in mein Zimmer,Ach, und ich wollte dich nimmer,Grüßte dich finster und rauh.Nicktest nur milde dazu,Ließest dich doch nicht verjagen,Mußte dich eben ertragen,Sangest mich heimlich zur Ruh.Sieh, und nun weiß ich genau:Wolltest du heut von mir scheiden,Würde ich tief darunter leiden,Einsamkeit, ernsthafte Frau.