Zögernd leiseIn des Dunkels nächt´ger StilleSind wir hier;Und den Finger sanft gekrümmt,Leise, leise,Pochen wirAn des Liebchens Kammertür.Doch nun steigend,Schwellend, schwellend, hebendMit vereinter Stimme, Laut Rufen aus wir hochvertraut;Schlaf du nicht,Wenn der Neigung Stimme spricht!Sucht´ ein Weiser nah und ferneMenschen einst mit der Laterne;Wieviel seltner dann als GoldMenschen, uns geneigt und hold?Drum, wenn Freundschaft, Liebe sprichtFreundin, Liebchen, schlaf du nicht!Aber was in allen ReichenWär´ dem Schlummer zu vergleichen?Drum statt Worten und statt GabenSollst du nun auch Ruhe haben.Noch ein Grüßchen, noch ein Wort,Es verstummt die frohe Weise,Leise, leise,Schleichen wir uns, ja, schleichen wir uns wieder fort.(vertont von Franz Schubert)
Schon bin ich müd zu reisen,Wär´s doch damit am Rand,Vor Hören und vor SehenVergeht mir der Verstand.So willst Du denn nach Hause?O nein! Nur nicht nach Haus!Dort stirbt des Lebens LebenIm Einerlei mir aus.Wo also willst Du weilen?Wo findest Du die Statt?O Mensch, der nur zwei FremdenUnd keine Heimat hat.
Johannisbeer ist süße Frucht,Doch süßer klingt: »Ribisel«;Der Deutsche sagt: "Ein hübsches Gesicht!"Der Wiener: "A hübsch Gfriesel!"Die deutschen Jungfraun zieren sichSpröd-ernsten Wesens, strengens;Die Wienerin hält sich den Mann vom Leib,Und lacht und sagt: "Jetzt gengens!"Und wenn er dringend wird und sprichtVon seinem gebrochen Herzen,Dann schaut sie ihm ernsthaft ins Gesicht:"Sonst habens keine Schmerzen?"Und will er die Pistole garNach Brust und Stirne richten,Da nimmt sie ihn freundlich bei der Hand:"Gehns, machens keine Gschichten!"
Der Halbmond glänzet am Himmel,Und es ist neblicht und kalt.Gegrüßt sei du Halber dort oben,Wie du, bin ich Einer der halb.Halb gut, halb übel geboren,Und dürftig in beider Gestalt,Mein Gutes ohne Würde,Das Böse ohne Gewalt.Halb schmeckt´ ich die Freuden des Lebens,Nichts ganz als meine Reu´;Die ersten Bissen genossen,Schien Alles mir einerlei.Halb gab ich mich hin den Musen,Und sie erhörten mich halb;Halb auf der Hälfte des LebensEntflohn sie und ließen mich alt.Und also sitz´ ich verdrossen,Doch läßt die Zersplitterung nach;Die leere Hälfte der SeeleVerdrängt die noch volle gemach.
Man sage nicht, das Schwerste sei die Tat,Da hilft der Mut, der Augenblick, die Regung:Das Schwerste dieser Welt ist der Entschluß.Mit eins die tausend Fäden zu zerreißen,An denen Zufall und Gewohnheit führt,Und aus dem Kreise dunkler Fügung treten,Sein eig´ner Schöpfer, zeichnen sich sein Los,Das ist´s, wogegen alles sich empört,Was in dem Menschen eignet dieser ErdeUnd aus Vergang´nem eine Zukunft baut.
Ich fühle wohl meine Sünden,Die alten, wohl gar auch neue,Doch wenn ich die Wahrheit gestehen soll,So fehlt mir die rechte Reue.Nicht, als wär´ gar so hoch mein Sinn,Ist´s, was uns trennt unendlich,Vielmehr nur, daß ich ehrlich bin,Macht mich euch unverständlich.
Will eine Meinung dich gewinnen,Und fällt die Wahl, wie öfter, schwer,So frag, willst du dich recht besinnen,Nur nach dem Was, dem Wie, dem Wer.Das Was? es gälte wohl das Meiste,Doch rein zu lösen ist es nie,Zumal bei aufgeregtem Geiste;Dann geh du weiter auf das Wie?Durch welche Mittel sich behaupteDie Meinung auf dem Weg zum Ziel?Und sind es schlechte, unerlaubte,So hast du schon gewonnen viel.Doch oft verschafft sich auch das RechteNur durch Gewalt den schweren Sieg;Man ist nicht wählig im Gefechte,Denk´ nur als Beispiel an den Krieg.Dann bleibt das Wer? als letzte Frage,Als Leitstern zur Entscheidung dir;Wer deiner Meinung Fahne trage,Und wer sich schaare unter ihr?Sind´s Menschen, die du sonst wohl meidest,Dienstbar dem Wahn, dem Trug, dem Lohn, –Indem du von den Schlechten scheidest,Hast du dich auch entschieden schon.
Wenn man dich Engel nennt,Will´s so der Brauch,Daß du´s an Schönheit bist,Seh´ ich wohl auch;Magst´s auch an Güte sein,Gib und gewähr!Nur nicht an HeiligkeitBitt´ ich gar sehr.Siehst du der SaatenWallenden Streif?Blond sind die AehrenUnd sie sind reif;Blond wie dein Häuptchen–´s ist an der Zeit,Schon hält der SchnitterDie Waffe bereit.
Das Unmögliche wollen,das Undenkbare denkenund das Unsägliche sagen,haben stets gleiche Früchte getragen:Du mußt, wenn die Träume sich scheiden,zuletzt das Unleidliche leiden.
Augen! meiner Hoffnung Sterne,Dioskuren meiner Fahrt,Schimmert nicht so hell und feurig!Denn das kündet, sagt man, Sturm.Und so ist es auch: – er naht schon,Denn ich fühl´s an meinem Beben,Meinem Schwindeln, meinem Schwanken,Daß die Wellen schon empört.Überzieht sich noch der Himmel,Jener Himmel, wo ihr leuchtet,O dann rettet mich kein Gott!