O nie in eitlem Hochmuth sprich es aus,Daß Dieser oder Jener nichts bedeute;Mit deinem letzten Urtheil halte Haus:Denn nicht so leicht ergründest du die Leute.In Jedem schlummert eine sond´re Kraft,Vielleicht noch von ihm selber unbeachtet,Die plötzlich sich emporhebt, geisterhaft,Und nimmer duldet, daß man sie verachtet.Und so geschieht es, daß oft Weisheit sprichtAus Solchen, die wie Thoren stets erschienen,Daß heil´ger Muth aus schwachen Seelen bricht –Du aber stehst sodann beschämt vor ihnen.Das heißt, wenn du nicht ganz verhärtet bistUnd fähig noch, in Reue zu entbrennen;Wer vor der Wahrheit gerne sich verschließt,Wird sie zuletzt auch gar nicht mehr erkennen.
Frühe schon aus leisem Schlummer Stört mich auf der wache Kummer, Und mit stumm getrag´ner Pein Schreit´ ich in den Tag hinein. Immer schwerer das Vollbringen, Immer selt´ner das Gelingen, Und es schwindet die Geduld – Und ich fühl´ die eig´ne Schuld. Fühl´ es mit geheimem Beben: Uferlos verrinnt mein Leben In ein Meer von Qual und Noth – Komm´, o komme, Tod!
Lächelt nur wissensstolzVon euren BücherhekatombenUnd euren Kathedern herab,Wenn der Dichter singt:Selig sind die Armen im Geiste!Ja, selig sind sie –Selig wie Kinder,Die, halb noch an nährender Mutterbrust,Halb schon die ersten Schritte tun,Von Blumen und Faltern gelenktUnd vom Zwitschern des Vogels,Aber verschüchtert sogleichVor jedem rauschenden LufthauchZurück sich flüchten in die schützende Hut.Nur Nächstes im Auge,Greifen sie nach dem Nächsten nur –Und so leben sie hinGute und böse Tage,Harmlos, als müßt´ es so sein,Nur das eigene Wohl und Weh bedenkend.Inzwischen schreitet an ihnen vorüber die ZeitUnd reißt die AhnungslosenWie im Traum mit sich fort.Und wenn sie dann plötzlichErwachen bei unsanftem Ruck,Blicken sie auf und fragen in rührender Unschuld: was ist? –Ja, was ist!? Ihr andernKönnt es ihnen sagen:Denn ihr wißt es.Dann horchen sie aufUnd stehen beschämt –Und klug wie zuvor.Sie begreifen nichts,Sie lernen nichts,Und fremd bleibt ihnen alles,Was ihr preist als die höchsten Triumphe der Menschheit.Aber dafür auchBleibt ihnen erspart die letzte Erkenntnis:Die Erkenntnis der eigenen NichtigkeitUnd das öde BewußtseinVon des ewigen Einerlei trostloser Wiederkehr.
Wie lieb´ ich es, an SonntagnachmittagenAllein zu sitzen im vertrauten Zimmer;Durchs Fenster bricht der Sonne heller Schimmer,Das Buch vergoldend, das ich aufgeschlagen.Die Straßen; es rollen keine Wagen;Des Marktes Lärm verstummt, als wär´s auf immer,Und all des Sonntagsstaates bunter Flimmer,Er ward hinaus in Wald Flur getragen.Verlassen fühlt sich, wer zurückgeblieben,Und manches schöne Auge blickt verdrossen,Und manche Wünsche unerfüllt zerstieben.Es ruht das Leben, wie in sich zerflossen;Doch still erfüllt sich auch geheimes Lieben,Und einsam wird des Geistes Glück genossen.