Der du die Wälder färbst,Sonniger, milder Herbst,Schöner als RosenblühnDünkt mir dein sanftes Glühn.Nimmermehr Sturm und Drang,Nimmermehr Sehnsuchtsklang;Leise nur atmest duTiefer Erfüllung Ruh.Aber vernehmbar auchKlaget ein scheuer Hauch,Der durch die Blätter weht,Daß es zu Ende geht.
Willst du die Leiden dieser Erde,Der Menschheit Jammer ganz versteh´n,Mußt du mit scheuer GramgebärdeEin Kind im stillen weinen seh´n;Ein Kind, das eben fortgewichenAus fröhlicher Gespielen KreisUnd nun, vom ersten Schmerz beschlichen,In Tränen ausbricht, stumm und heiß.Du weißt nicht, was das kleine WesenSo rauh und plötzlich angefaßt –Doch ist´s in seinem Blick zu lesen,Wie es schon fühlt des Daseins Last.Wie es sich bang und immer bängerZurück schon in sein Innres zieht,Weil es Bedränger auf BedrängerMit leisem Schaudern kommen sieht.Willst du die Leiden dieser Erde,Der Menschheit Jammer ganz versteh´n:Mußt du mit scheuer GramgebärdeEin Kind im stillen weinen seh´n.
Wie lieb´ ich euch,Leise schwankende Pappeln,Die ihr gesammelten WuchsesZum Himmel aufstrebt!Freilich wohlErreicht ihr ihn nicht –Aber hoch empor ragt ihrüber niedres Gestrüpp nicht bloßUnd den verkrüppelten Fruchtbaum:Auch die mächtige Eiche,Die schattenspendende LindeLaßt ihr unter euch.Und mit ihnenDie dumpfen Wohnungen der Menschen,Deren kurzer Blick, dem Nützlichen zugewandt,Nur selten an euch, den Nutzlosen,Empor sich hebt,Indes ihr,Weithin überschauend die Landschaft,Selig einsam die Häupter wiegetIm ewigen Äther.
Weh´ dem, der da sein eignes Tun zu richtenBegonnen hat! Dann zählt er zu den KrankenUnd schaudernd fühlt er keimen den Gedanken:Sich selbst erkennen, heißt sich selbst vernichten.Denn auf sein Wesen muß er stumm verzichten,Und wie die liebsten Hoffnungen ihm sanken,Lebt er dahin in haltlos ödem SchwankenUnd wünscht den Tod herbei, die Qual zu schlichten.Darum frohlockt nicht so beim Weiterschreiten!Das Dasein ist ein großes Sichbesinnen –Und ein Erkennen jeder Sieg im Streiten.Die Menschheit wird sich selber nicht entrinnen,Denn ob sie scheinbar auch nach außen leiten:Die Fäden führen doch zuletzt nach innen.
Strahlend im heitersten Blau steht die Sonne;Aber früh noch ist es im LenzUnd eisige Lüfte hauchen nochVon den Bergen herüber,Wo hartnäckig der Winter sich fest gefrorenIn tannenumdunkelten Klüften.Dennoch vom erstarrten BlachfeldSchwingt sich mit kämpfendem FlügelDie Lerche empor,Hin und her geschleudert vom Sturm,Aber die jauchzende Brust umfunkeltVom ewigen Licht –Schwing´ dich ihr nach, du mein geflügeltes Lied!
Wer da zu früh die Gunst der Welt erfahrenUnd ihres Beifalls Übermaß errungen,Der wird sofort, von Hochmut rasch durchdrungen,Die menschliche Gemeinheit offenbaren.Schon auf dem Gipfel wird er sich gewahren,Gewappnet, wie dem Haupt des Zeus entsprungen;Verachten wird er dreist der Wahrheit Zungen,Ungnädig sein – auch gegen Schmeichlerscharen.Er fühlt sich, und die höchste selbst der KronenVermag ihm keine Demut einzuflößen:Daß er sie trägt, soll euch, nicht ihn belohnen.Blickt doch nur hin nach euren Ruhmesgrößen,Wie sie da rings als schnöde Götzen tronen,Zum Dank euch weisend ihre Hinterblößen.
Schon blicken rote WipfelAus fahlem Laub hervor,Leis´ um der Berge GipfelWallt lichter Nebelflor.Schon folgt dem SchnitterreigenDes Jägers rascher Schuß –Doch reift´s noch an den ZweigenIm letzten Sonnenkuß.Bald nahen frohe Hände,Sie schütteln Ast um Ast,Sie brechen vom GeländeDer Trauben süße Last.Denn so ist´s allerwegen:Daß für des Sommers FleißMit köstlich reichem SegenDer Herbst zu lohnen weiß.Doch was ist dir beschieden,Der du die Zeit verträumt,Der du, zu sä´n hienieden,Zu pflanzen hast versäumt?Da du im FrühlingshaucheNach Rosen nur gesucht:So pflück´ vom dorn´gen StraucheDir jetzt die herbe Frucht.
Es ist des Menschen Fluch und sein Verhängnis,Daß seine Fehler sicher wirkend schreitenUnd, offenkundig rings, ihm gleich bereitenJedweden Schmerz und jegliche Bedrängnis.Sein Bestes aber lebt wie im GefängnisUnd seine Tugenden sind Heimlichkeiten;Er selber muß sie zweifelnd oft bestreiten,Rauh überlassen seiner Herzensbängnis.Denn diese Welt, so rasch im Schulderkennen,So gern bereit, werktätig sich zu zeigen,Sobald es gilt, ein Schandmal aufzubrennen:Sie hüllt sich allsogleich in starres Schweigen,Soll sie ein echt Verdienst beim Namen nennenUnd einem hohen Wollen sich verneigen.
Schelte man doch nicht den Dichter,Wenn auch er zuweilen sinkt,Und wie anderes GelichterAus des Lebens Pfütze trinkt.Reiner nur in Gegensätzen,Heller tönt empor sein Lied;Nimmer weiß das Licht zu schätzen, Wer das Dunkel stets vermied.Wie ihn auch sein Wipfel kröne,Wurzelt doch in Nacht und Stamm –Und der Lilie keusche SchöneBlühet aus des Teiches Schlamm!
Ein Fremdling bist du,Ein seltsamer Fremdling, o meine Seele,In diesem Erdengetriebe.Ringsum qualmt Selbstsucht und Hoffart zum Himmel,Laster und Torheit wuchern in üppiger BlüteUnd lustig schießen empor die tauben Halme der Eitelkeit.Und siehe: die Welt erträgt es!Sie erträgt es nicht bloß,Sie opfert der Selbstsucht,Beugt sich der Hoffart,Mästet Torheit und LasterUnd schmeichelt der Eitelkeit.Aber wehe dir, arme Seele,Wenn zu Tage tritt,Daß auch du staubgeboren,Und einmal dich betreten lässestauf menschlicher ArtUnd menschlicher Schwäche.Da geifert´s sogleich in der Runde!Da predigt die Selbstsucht Entsagung,Die Hoffart Demut,Das Laster Tugend –Und Torheit und EitelkeitHaben für dich ein Lächeln des Hohnes . . .Fürwahr ein Fremdling bist du,Ein seltsamer Fremdling, o meine Seele,In diesem Erdengetriebe.