Wie ein Verlorner an verlaßner KüsteSeh ich verzweifelnd um mich her und weine:Wo ist ein Blick, der glänzte wie der deine?Wo ist ein Mund, der wie der deine küßte?Und wenn ich hoffte selbst, und wenn ich wüßte,Daß günstig lächelte mir mehr als eine,Ich blickte kaum nach ihr empor zum ScheineMit Augen, wie die Augen einer Büste.Wenn bis ans Ziel des irdischen BestrebensNie deines Anblicks wieder ich mich freue,Noch der Erwidrung meines Liebeslebens,Sei ohne Sorgen wegen meiner Treue:Mich lockt ein neuer Liebesreiz vergebens,Die ew´ge Schönheit ist das ewig Neue.
Mein Herz ist zerrissen, du liebst mich nicht!Du ließest mich wissen, du liebst mich nicht!Wiewohl ich dir flehend und werbend erschien,Und liebebeflissen, du liebst mich nicht!Du hast es gesprochen, mit Worten gesagt,Mit allzu gewissen, du liebst mich nicht!So soll ich die Sterne, so soll ich den Mond,Die Sonne vermissen? du liebst mich nicht!Was blüht mir die Rose? was blüht der Jasmin?Was blühn die Narzissen? du liebst mich nicht!
Einmal will ich, das versprech ich, ohne Liebgekose leben,Wenn die Blumen hier im Garten nach den Tafeln Mose leben,Hör ich abends auf den Straßen einen Vogel, eine Flöte,Sag ich bei mir selbst: Es möge dieser Virtuose leben!Freund! es ist der Lenz gekommen, unsre Wege sind verschieden:Lebe wie die keusche Lilie, laß mich wie die Rose leben!Weil auf dieser harten Erde mancher Stoß und Schlag zu dulden,Wolle keiner, wie die zarte, weichliche Mimose leben!Laßt mich euren Rat vernehmen, was das Beste sei von zweien:Weise leben, lose reden? Weise reden, lose leben?Wollt ihr mich durchaus verkennen, tut es immerhin, denn immerWerd ich, ob ich lächle drüber, oder mich erbose, leben!
Geduld, du kleine KnospeIm lieben stillen Wald,Es ist noch viel zu frostig,Es ist noch viel zu bald. Noch geh ich dich vorüber,Doch merk ich mir den Platz,Und kommt heran der Frühling,So hol ich dich, mein Schatz.
Was soll dies kindliche Verzagen,dies eitle Wünschen ohne Halt?Da du der Welt nicht kannst entsagen,erobre sie dir mit Gewalt!Und könntest du dich auch entfernen,es triebe Sehnsucht dich zurück;denn hör´, die Menschen lieben lernen,es ist das einzig wahre Glück.
Oft, wenn wir lang im Dunkel schweifenDurch eine tiefverhüllte Nacht,Dann werden uns die PurpurstreifenAurorens plötzlich angefacht. Verzweifle keiner an den Wegen,Die das Verhängnis mächtig geht,Sie bringen uns dem Glück entgegen,Das wunderbar am Ziele steht. Und hat dich Mißgeschick betroffen,Und hat dich mancher Schmerz verletzt,Hör dennoch nimmer auf zu hoffen,Und die Erfüllung naht zuletzt. Es quälen uns so manche Plagen,Eh´ uns der Götter Gunst beglückt,Wir müssen manche Dornen tragen,Eh´ uns der Kranz der Freude schmückt. So wechselt´s in den ird´schen Dingen,Das ist der Fluch der flücht´gen Zeit,Und will ich morgen fröhlich singen,So muß ich kläglich weinen heut. Zwar kommt Erhörung oft geschrittenMit ihrer himmlischen Gewalt,Doch dann erst hört sie unsre Bitten,Wenn unsre Bitten lang verhallt.
Wer die Schönheit angeschaut mit Augen,Ist dem Tode schon anheimgegeben,Wird für keinen Dienst auf Erden taugen,Und doch wird er vor dem Tode beben,Wer die Schönheit angeschaut mit Augen!Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe,Denn ein Tor nur kann auf Erden hoffen,Zu genügen einem solchen Triebe:Wen der Pfeil des Schönen je getroffen,Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe!Ach, er möchte wie ein Quell versiechen,Jedem Hauch der Luft ein Gift entsaugenUnd den Tod aus jeder Blume riechen:Wer die Schönheit angeschaut mit Augen,Ach, er möchte wie ein Quell versiechen!
Wer wußte je das Leben recht zu fassen,Wer hat die Hälfte nicht davon verlorenIm Traum, im Fieber, im Gespräch mit Toren,In Liebesqual, im leeren Zeitverprassen?Ja, der sogar, der ruhig und gelassen,Mit dem Bewußtsein, was er soll, geboren,Frühzeitig einen Lebensgang erkoren,Muß vor des Lebens Widerspruch erblassen.Denn jeder hofft doch, daß das Glück ihm lache,Allein das Glück, wenn´s wirklich kommt, ertragen,Ist keines Menschen, wäre Gottes Sache.Auch kommt es nie, wir wünschen bloß und wagen:Dem Schläfer fällt es nimmermehr vom Dache,Und auch der Läufer wird es nicht erjagen.