Zwei Herzen haben sich gefunden– die Menschen wollen´s nicht verstehn –und die sich innig treu verbunden,sie sollen auseinander gehn!Doch mächtig einen sie die Triebe,man trennt sie, ´s ist des Schicksals Lauf,doch in den Herzen glüht die Liebein Sehnsucht um so mächtger auf.Er ist so bleich – sie sehn´s mit Bangen –und nicht zu ändern ist sein Sinn,es schwanden doch von ihren Wangendie Rosen auch schon längst dahin!Und eines Morgens trug man beide– die Menschen wollen´s nicht verstehn –zur Ruhe nach dem Erdenleide –dorthin, wo still die Kreuze stehn!Dort ruhen selig sie im Friedendes leeren Lebens matt und müd –– geliebt, gehofft, getrennt, geschieden –das ist das alte, alte Lied!
Es ist noch Tag auf der Terrasse.Da fühle ich ein neues Freuen:Wenn ich jetzt in den Abend fasse,Ich könnte Gold in jede GasseAus meiner Stille niederstreuen.Ich bin jetzt vor der Welt so weit,Mit ihrem späten Glanz verbrämeIch meine ernste Einsamkeit.Mir ist, als ob mir irgendwerJetzt leise meinen Namen nähme,So zärtlich, daß ich mich nicht schämeUnd weiß, ich brauche keinen mehr.
Bei Tag bist du das Hörensagen, das flüsternd um die Vielen fließt; die Stille nach dem Stundenschlagen, welche sich langsam wieder schließt. Jemehr der Tag mit immer schwächern Gebärden sich nach Abend neigt, jemehr bist du, mein Gott. Es steigt dein Reich wie Rauch aus allen Dächern.
Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden,in welchen meine Sinne sich vertiefen;in ihnen hab ich, wie in alten Briefen,mein täglich Leben schon gelebt gefundenund wie Legende weit und überwunden.Aus ihnen kommt mir Wissen, daß ich Raumzu einem zweiten zeitlos breiten Leben habe.Und manchmal bin ich wie der Baum,der, reif und rauschend, über einem Grabeden Traum erfüllt, den der vergangne Knabe(um den sich seine warmen Wurzeln drängen)verlor in Traurigkeiten und Gesängen.
Aus unendlichen Sehnsüchten steigen endliche Taten wie schwache Fontänen, die sich zeitig und zitternd neigen. Aber, die sich uns sonst verschweigen, unsere fröhlichen Kräfte – zeigen sich in diesen tanzenden Tränen.
Der Abend ist mein Buch. Ihm prangendie Deckel purpurn in Damast;ich löse seine goldnen Spangenmit kühlen Händen, ohne Hast.Und lese seine erste Seite,beglückt durch den vertrauten Ton, -und lese leiser seine zweite,und seine dritte träum ich schon.
Wir wissen nichts von diesem Hingehn, dasnicht mit uns teilt. Wir haben keinen Grund,Bewunderung und Liebe oder Haßdem Tod zu zeigen, den ein Maskenmundtragischer Klage wunderlich entstellt.Noch ist die Welt voll Rollen, die wir spielen.Solang wir sorgen, ob wir auch gefielen,spielt auch der Tod, obwohl er nicht gefällt.Doch als du gingst, da brach in diese Bühneein Streifen Wirklichkeit durch jenen Spalt,durch den du hingingst: Grün wirklicher Grüne,wirklicher Sonnenschein, wirklicher Wald.Wir spielen weiter. Bang und schwer Erlernteshersagend und Gebärden dann und wannaufhebend; aber dein von uns entferntes,aus unserm Stück entrücktes Dasein kannuns manchmal überkommen, wie ein Wissenvon jener Wirklichkeit sich niedersenkend,sodaß wir eine Weile hingerissendas Leben spielen, nicht an Beifall denkend.
Jetzt gehn die Lüfte manchesmal als trügensie unsichtbar ein Schweres welches schwankt.Wir aber müssen uns mit dem begnügenwas sichtbar ist. So sehr es uns verlangthinauszugreifen über Tag und Daseinin jenes Wehen voller Wiederkehr.Wie kann ein Fernes so unendlich nah seinund doch nicht näher kommen? Nicht bis her?Das war schon einmal so. Nur damals wares nicht ein zögerndes im Wind gelöstesVorfrühlingsglück. Vielleicht kann Allergrößtesnicht näher bei uns sein, so wächst das Jahr.So wächst die Seele, wenn die Jahreszeitder Seele steigt. Das alles sind nicht wir.Von Fernem hingerissen sind wir hierund auferzogen und zerstört von weit.
Ich möchte einer werden so wie die,die durch die Nacht mit wilden Pferden fahren,mit Fackeln, die gleich aufgegangnen Haarenin ihres Jagens großem Winde wehn.Vorn möcht´ ich stehen wie in einem Kahne,groß und wie eine Fahne aufgerollt.Dunkel, aber mit einem Helm von Gold,der unruhig glänzt. Und hinter mir gereihtzehn Männer aus derselben Dunkelheitmit Helmen, die wie meiner unstet sind,bald klar wie Glas, bald dunkel, alt und blind.Und einer steht bei mir und bläst uns Raummit der Trompete, welche blitzt und schreit,und bläst uns eine schwarze Einsamkeit,durch die wir rasen wie ein rascher Traum:die Häuser fallen hinter uns ins Knie,die Gassen biegen sich uns schief entgegen,die Plätze weichen aus: wir fassen sie,und unsre Rosse rauschen wie ein Regen.
Ein Gespenst ist noch wie eine Stelle, dran dein Blick mit einem Klange stößt; aber da, an diesem schwarzen Felle wird dein stärkstes Schauen aufgelöst: wie ein Tobender, wenn er in vollsterRaserei ins Schwarze stampft,jählings am benehmenden Gepolster einer Zelle aufhört und verdampft.Alle Blicke, die sie jemals trafen, scheint sie also an sich zu verhehlen,um darüber drohend und verdrossen zuzuschauern und damit zu schlafen. Doch auf einmal kehrt sie, wie geweckt,ihr Gesicht und mitten in das deine: und da triffst du deinen Blick im geelen Amber ihrer runden Augensteine unerwartet wieder: eingeschlossen wie ein ausgestorbenes Insekt.