Mein Auge hat als Malerin dem SchreinDes Herzens deinem Bild den Platz gegeben,Mein Busen schließt es gleich dem Rahmen ein,Um kunstgerecht des Malers Werk zu heben.Und durch den Künstler kannst du nur die StelleErspähen, der dein Bildnis ward vertraut;Es hängt noch stets in meines Herzens Zelle,Das Fenster sich aus deinen Augen baut.Sieh wie die Augen freundlich sich vereinen;Meins malte dich, und deines ward dafürZu meines Busens Fenster, durch das scheinenDie Sonnenstrahlen lustig hin zu dir.Eins fehlt dem Auge nur, sein Wert zu schmücken:Es malt die Form, das Herz bleibt fremd den Blicken.
Das Mägdlein saß singend am Feigenbaum früh,Sing Weide, grüne Weide!Die Hand auf dem Busen, das Haupt auf dem Knie,Sing Weide, Weide, Weide!Das Bächlein, es murmelt und stimmet mit ein;Sing Weide, grüne Weide!Heiß rollt ihr die Trän und erweicht das Gestein;Sing Weide, Weide, Weide!Von Weiden all flecht ich mir nun den Kranz –Sing Weide, grüne Weide!O scheltet ihn nicht, sein Zorn ist mir recht –Sing Weide, Weide, Weide!Ich nannt ihn du Falscher! Was sagt er dazu?Sing Weide, grüne Weide!Seh ich nach den Mädeln, nach den Buben sieh du!Sing Weide, Weide, Weide!
Wie viel verschiedne Weg´ in eine Stadt,Wie viele frische Ström´ in einen See,Wie viele Linien in den MittelpunktAn einer Sonnenuhr zusammenlaufen:So, erst im Gang, kann tausendfaches WirkenZu einem Zweck gedeihn, wohl durchgeführt.
Wenn rot und weiß die Mädchen blühn,Hat Sünde nie ein Zeichen;Sonst macht ein Fehltritt sie erglühn,Die Furcht wie Schnee erbleichen,Was Schuld sei oder Schrecken nur,Wer möcht es unterscheiden,Wenn ihre Wange von NaturDie Farbe trägt der beiden?
Halt´, was du verheiß´st,verschweig, was du weißt,hab´ mehr, als du leih´st,sei wachsam im Geist,so find´st du den Steinder Weisen allein.
Und setzten Weiber sich zur WehrAus Frömmigkeit – es scheint nur so!Für sie gibt´s keinen Himmel mehr,Wenn Jugendlust und Schönheit floh –Ja, thät das Küssen es allein:Es würd´ ein Weib das andre frein!
Wenn ich den Stundenschlag der Uhr vernehme,und seh den Tag in schwarze Nacht versinken,wenn ich ein Veilchen am Verwelken sehe,und silberweiß aus schwarzen Locken blinken,wenn hohe Bäume jetzt kein Blatt mehr tragen,die vor der Hitze noch das Vieh bewahrt,und Sommers Grün, in Garben weggetragen,wird nun mit weißen Stoppeln aufgebahrt:Wo bleibt dann deine Schönheit, frag ich mich:Du wirst in der Verschwendung untergehn!Läßt Süß das Süß, und Schön das Schön im Stich,so wird es sterbend andre wachsen sehn.Was kann der Sichel Zeit denn widerstehn?Nur eigen Blut, das bleibt, mußt du schon gehn.
Die Demuth ist der jungen Ehrsucht Leiter;Wer sie hinanklimmt, kehrt den Blick ihr zu,Doch hat er erst die höchste Spross´ erreicht,Dann kehret er der Leiter seinen Rücken,Schaut himmelan, verschmäht die niedern Tritte,Die ihn hinaufgebracht.
Sind echte Seelen innerlich vereint,Trennt nichts sie. Der hat lieben nie gelernt,Der Wechsel findend, wechselt; sich entfernt.Wenn sich der andre zu entfernen scheint.Nein, Liebe ist ein festgefügtes Mal,Von Sturm und Wogen ewig unversehrt;Irrendem Boot ein Richtstern, dessen WertErhaben über Maß, Begriff und Zahl.Der Liebende ist nicht der Narr der Zeit,Wenn süßer Wangen Reiz auch welken mag.Er wandelt sich nicht mit dem Stundenschlag,Er lebt im Schicksalslicht der Ewigkeit.Ist Irtum dies, so fällt, was ich je schrieb,Und niemals sprach ein Mensch: Ich hab dich lieb.