Der Abend ist mein Buch. Ihm prangendie Deckel purpurn in Damast;ich löse seine goldnen Spangenmit kühlen Händen, ohne Hast.Und lese seine erste Seite,beglückt durch den vertrauten Ton, -und lese leiser seine zweite,und seine dritte träum ich schon.
Du darfst nicht warten,bis Gott zu dir gehtUnd sagt: Ich bin.Ein Gott, der seineStärke eingesteht,Hat keinen Sinn.Du mußt wissen,daß dich Gott durchwehtSeit Anbeginn,Und wenn dein Herz dir glühtund nichts verrät,Dann schafft er darin.
Mag auch die Spiegelung im Teichoft uns verschwimmen:Wisse das Bild.Erst in dem Doppelbereichwerden die Stimmenewig und mild.
Zwei Herzen haben sich gefunden– die Menschen wollen´s nicht verstehn –und die sich innig treu verbunden,sie sollen auseinander gehn!Doch mächtig einen sie die Triebe,man trennt sie, ´s ist des Schicksals Lauf,doch in den Herzen glüht die Liebein Sehnsucht um so mächtger auf.Er ist so bleich – sie sehn´s mit Bangen –und nicht zu ändern ist sein Sinn,es schwanden doch von ihren Wangendie Rosen auch schon längst dahin!Und eines Morgens trug man beide– die Menschen wollen´s nicht verstehn –zur Ruhe nach dem Erdenleide –dorthin, wo still die Kreuze stehn!Dort ruhen selig sie im Friedendes leeren Lebens matt und müd –– geliebt, gehofft, getrennt, geschieden –das ist das alte, alte Lied!
Meine Seele spürt,daß wir Tore tasten.Und sie fragt dich im Rasten:Hast du mich herbeigeführt?Und du lächelst daraufso herrlich und heiterund: bald wandern wir weiter:Tore gehen auf....
Ist dieses Bette nicht wie eine Küste,ein Küstenstreifen nur, darauf wir liegen?Nichts ist gewiß als deine hohen Brüste,die mein Gefühl in Schwindeln überstiegen.Denn diese Nacht, in der so vieles schrie,in der sich Tiere rufen und zerreißen,ist sie uns nicht entsetzlich fremd? Und wie:was draußen langsam anhebt, Tag geheißen,ist das uns denn verständlicher als sie?Man müßte so sich ineinanderlegenwie Blütenblätter um die Staubgefäße:so sehr ist überall das Ungemäßeund häuft sich an und stürzt sich uns entgegen.Doch während wir uns aneinanderdrücken,um nicht zu sehen, wie es ringsum naht,kann es aus dir, kann es aus mir sich zücken:denn unsre Seelen leben von Verrat.
Falle nicht, Gott, aus deinem Gleichgewicht.Auch der liebt und der dein Angesichterkennt im Dunkel, wenn er wie ein Lichtin deinem Atem schwankt, – besitzt dich nicht.Und wenn dich einer in der Nacht erfaßt,so daß du kommen mußt in sein Gebet:Du bist der Gast,der wieder weiter geht.Wer kann dich halten, Gott? Denn du bist dein,von keines Eigentümers Hand gestört,so wie der noch nicht ausgereifte Wein,der immer süßer wird, sich selbst gehört.
Du Dunkelheit, aus der ich stamme ich liebe dich mehr als die Flamme, welche die Welt begrenzt, indem sie glänzt mich nicht so sehr verhinderte am Wachen -für irgend einen Kreis, aus dem heraus kein Wesen von ihr weiß. Aber die Dunkelheit hält alles an sich: Gestalten und Flammen, Tiere und mich, wie sie´s errafft, Menschen und Mächte - Und es kann sein: eine große Kraft rührt sich in meiner Nachbarschaft. Ich glaube an Nächte.
Wir sind ganz angstallein,haben nur aneinander Halt,jedes Wort wird wie ein Waldvor unserm Wandern sein.Unser Wille ist nur der Wind,der uns drängt und dreht;weil wir selber die Sehnsucht sind,die in Blüten steht.
Wir wissen nichts von diesem Hingehn, dasnicht mit uns teilt. Wir haben keinen Grund,Bewunderung und Liebe oder Haßdem Tod zu zeigen, den ein Maskenmundtragischer Klage wunderlich entstellt.Noch ist die Welt voll Rollen, die wir spielen.Solang wir sorgen, ob wir auch gefielen,spielt auch der Tod, obwohl er nicht gefällt.Doch als du gingst, da brach in diese Bühneein Streifen Wirklichkeit durch jenen Spalt,durch den du hingingst: Grün wirklicher Grüne,wirklicher Sonnenschein, wirklicher Wald.Wir spielen weiter. Bang und schwer Erlernteshersagend und Gebärden dann und wannaufhebend; aber dein von uns entferntes,aus unserm Stück entrücktes Dasein kannuns manchmal überkommen, wie ein Wissenvon jener Wirklichkeit sich niedersenkend,sodaß wir eine Weile hingerissendas Leben spielen, nicht an Beifall denkend.