Ich sehe oft um Mitternacht,wenn ich mein Werk getanund niemand mehr im Hause wacht,die Stern´ am Himmel an.Sie gehn da, hin und her zerstreut,als Lämmer auf der Flur;in Rudeln auch und aufgereihtwie Perlen an der Schnur;und funkeln alle weit und breit,und funkeln rein und schön;ich seh die große Herrlichkeitund kann mich satt nicht sehn,dann saget unterm Himmelszeltmein Herz mir in der Brust:"Es gibt was Bess´res in der Welt,als all ihr Schmerz und Lust."Ich werf mich auf mein Lager hinund liege lange wachund suche es in meinem Sinnund sehne mich darnach.
Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön! So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie nicht sehn.
Jeden Morgen in meinem Gartenöffnen neue Blüten sich dem Tag.Überall ein heimliches Erwarten, das nun länger nicht mehr zögern magDie Lenzgestalt der Natur ist doch wunderschön,wenn der Dornbusch blüht und die Erdemit Gras und Blumen prangert.
Ich sah einst einen Knaben zartBei einer Seifenblase stehen;Er lächelte nach Knaben ArtUnd konnte sich nicht satt dran sehen,Und freute sich der lieblichen Gestalt,Und ihrer wunderschönen Farben,Die Grün in Rot und Rot in Gelb erstarben,Und hüpfte fröhlich auf - doch baldZersprang vor ihm die Wunderblase,Und eine bittre Trän lief über seine Nase.Der Himmel weit und breit ist ewig jung und schön,Jenseit des Monds ist alles unvergänglich;Die Siebenstern und ihre Brüder stehnJahrtausende schon, überschwenglichIn ihrer Herrlichkeit! und trotzen Tod und Sterben,Und sagen Hui zum Verderben,Hier unterm Mond Natur ist anders gar,Ein brütend Saatfeld für den Tag der Garben;Da wanket alles immerdar,Und wandelt sich, und spielt mit Farben,Mit Wasserblasen wunderbar.Die armen Menschen traun -Und raufen sich das Haar.
Ich war erst sechzehn Sommer alt,Unschuldig und nichts weiter,Und kannte nichts als unsern Wald,Als Blumen, Gras und Kräuter. Da kam ein fremder Jüngling her;Ich hatt´ ihn nicht verschriebenUnd wußte nicht, wohin noch her;Der kam und sprach von Lieben. Er hatte schönes, langes HaarUm seinen Nacken wehen;Und einen Nacken, als das war,Hab´ ich noch nie gesehen. Sein Auge, himmelblau und klar!Schien freundlich was zu flehen;So blau und freundlich als das war,Hab´ ich noch keins gesehen. Sein Gesicht wie Milch und Blut!Ich hab´s nie so gesehen;Auch, was er sagte, war sehr gut,Nur konnt´ ich´s nicht verstehen. Er ging mir allenthalben nachUnd drückte mir die Hände,Und sagte immer Oh und AchUnd küßte sie behende. Ich sah ihn einmal freundlich anUnd fragte, was er meinte;Da fiel der junge, schöne MannMir um den Hals und weinte. Das hatte niemand noch getan,Doch war´s mir nicht zuwider,Und meine beiden Augen sahnIn meinen Busen nieder. Ich sagt´ ihm nicht ein einzig Wort,Als ob ich´s übelnähme,Kein einzig´, und – er flohe fort;Wenn er doch wiederkäme!
Schlaf, süßer Knabe, süß und mild! Du deines Vaters Ebenbild! Das bist du; zwar dein Vater spricht, Du habest seine Nase nicht. Nur eben itzo war er hier Und sah dir ins Gesicht, Und sprach: »Viel hat er zwar von mir, Doch meine Nase nicht.« Mich dünkt es selbst, sie ist zu klein, Doch muß es seine Nase sein; Denn wenn´s nicht seine Nase wär, Wo hättest du denn die Nase her? Schlaf, Knabe, was dein Vater spricht, Spricht er wohl nur im Scherz; Hab immer seine Nase nicht, Und habe nur sein Herz!
Empfangen und genähretVom Weibe wunderbar,Kömmt er. sieht und höretUnd nimmt des Trugs nicht wahr;Gelüstet und begehret,Und bringt sein Tränlein dar;Verachtet und verehret,Hat Freude und Gefahr;Glaubt, zweifelt, wähnt und lehret,Hält nichts und alles wahr;Erbauet und zerstöretUnd quält sich immerdar;Schläft, wachet, wächst und zehret,Trägt braun und graues Haar.Und alles dieses währet,Wenns hoch kömmt, achtzig Jahr.Dann legt er sich zu seinen Vätern nieder,Und kömmt nimmer wieder
War einst ein Riese GoliathGar ein gefährlich Mann!Er hatte Tressen auf dem HutMit einem Klunker dran,Und einen Rock von Drap d´argentUnd alles so nach advenant.An seinen Schnurrbart sah man nurMit Gräsen und mit Graus,Und dabei sah er von NaturPur wie der – aus.Sein Sarras war, man glaubt es kaum,So groß schier als ein Weberbaum.Er hatte Knochen wie ein Gaul,Und eine freche Stirn,Und ein entsetzlich großes Maul,Und nur ein kleines Hirn;Gab jedem einen Rippenstoß,Und flunkerte und prahlte groß.So kam er alle Tage her,Und sprach Israel Hohn."Wer ist der Mann? Wer wagt´s mit mir?Sei Vater oder Sohn,Er komme her der Lumpenhund,Ich bax ´n nieder auf den Grund.«Da kam in seinem SchäferrockEin Jüngling zart und fein;Er hatte nichts als seinen Stock,Als Schleuder und den Stein,Und sprach: "Du hast viel Stolz und Wehr,Ich komm im Namen Gottes her."Und damit schleudert´ er auf ihn,Und traf die Stirne gar;Da fiel der große Esel hinSo lang und dick er war.Und David haut´ in guter RuhIhm nun den Kopf noch ab dazu.Trau nicht auf deinen Tressenhut,Noch auf den Klunker dran!Ein großes Maul es auch nicht tut:Das lern vom langen Mann;Und von dem kleinen lerne wohl:Wie man mit Ehren fechten soll.
Der Mensch lebt und bestehetnur eine kleine Zeit,und alle Welt vergehetmit ihrer Herrlichkeit.Es ist nur Einer ewig und an allen Endenund wir in seinen Händen.