Eurer Freund ist die Antwort auf eure Nöte. Er ist das Feld, das ihr mit Liebe besät und mit Dankbarkeit erntet. Und er ist euer Tisch und euer Herd. Denn ihr kommt zu ihm mit eurem Hunger, und ihr sucht euren Frieden bei ihm. Wenn euer Freund frei heraus spricht, fürchtet ihr weder das "Nein" in euren Gedanken, noch haltet ihr mit dem "Ja" zurück. Und wenn er schweigt, hört euer Herz nicht auf, dem seinen zu lauschen;Denn in der Freundschaft werden alle Gedanken, alle Wünsche, alle Erwartungen ohne Worte geboren und geteilt, mit Freude, die keinen Beifall braucht.
Ihr bleibt vereint, wenn die weißen Flügel des Todes eure Tage scheiden. Wahrlich, ihr bleibt vereint selbst im Schweigen von Gottes Gedenken. Doch lasset Raum zwischen eurem Beieinandersein, Und lasset Wind und Himmel tanzen zwischen euch. Liebet einander, doch macht die Liebe nicht zur Fessel: Schaffet eher daraus ein webendes Meer zwischen den Ufern eurer Seelen.Füllet einander den Kelch, doch trinket nicht aus einem Kelche. Gebt einander von eurem Brote, doch esset nicht vom gleichen Laibe. Singet und tanzet zusammen und seid fröhlich, doch lasset jeden von euch allein sein.Gleich wie die Saiten einer Laute allein sind, erbeben sie auch von derselben Musik. Gebet einander eure Herzen, doch nicht in des andern Verwahr. Denn nur die Hand des Lebens vermag eure Herzen zu fassen. Und stehet beieinander, doch nicht zu nahe beieinander: Denn die Säulen des Tempels stehen einzeln, und Eichbaum und Zypresse wachsen nicht im gegenseitigen Schatten.
Und dann sagte ein Gelehrter:"Sprich vom Reden"Und er antwortete und sagte:"Ihr redet dann, wenn ihr aufhört,mit euren Gedanken in Einklang zu sein."Und wenn ihr nicht länger in derAbgeschiedenheit eures Herzens wohnenkönnt, lebt ihr in euren Lippen,und Geräusch ist eine Zerstreuung undein Zeitvertreib.Und in einem Großteil eures Redens wirddas Denken halb ermordet.Denn das Denken ist ein Vogel des Himmels,der in einem Käfig aus Worten zwarvielleicht seine Flügel ausbreitenkann, nicht aber zu fliegen vermag.Es gibt manche unter euch, die ausFurcht vor dem Alleinsein die Gesellschaftdes Geschwätzigen suchen.Die Stille der Einsamkeit läßt ihrnacktes Selbst aufscheinen, und siemöchten entfliehen.Und es gibt jene, die reden und ohneWissen und Absicht eine Wahrheitaussprechen, die sie selbst nichtverstehen.Und es gibt jene, die die Wahrheitin sich tragen, aber diese nichtin Worte fassen.Im Herzen dieser Menschen wohnt derGeist in wogendem Schweigen.Begegnet ihr eurem Freund auf der Straßeoder auf dem Marktplatz, laßt den Geistin euch eure Lippen bewegen und eurerZunge befehlen.Laßt die Stime in eurer Stimme zumOhr seines Ohrs sprechen;Denn seine Seele wird die Wahrheiteures Herzens bewahren, so wie derGeschmack des Wein´s noch im Gedächtnisverbleibt.Wenn die Farbe vergessen ist – und dasGefäß zerbrochen.
Was du für häßlich hältst, ist es nicht das, was du niemals versucht hast zu erreichen und dessen Sinn zu verstehen du niemals wünschtest? Wenn es Häßliches gibt, so sind es die Schuppen auf unseren Augen und das Wachs, das unsere Ohren verstopft. Mein Freund, nenne nichts häßlich außer der Furcht deiner Seele angesichts ihrer eigenen Erinnerungen.
Ich tadelte meine Seele siebenmal.Das erste Mal, als sie versuchte, mich auf Kosten der Schwachen zu erhöhen.Das zweite Mal, als ich vor Verkrüppeltenzu hinken vorgab.Das dritte Mal, als ich, vor die Wahl gestellt,das Leichte dem Schweren vorzog.Das vierte Mal, als ich einen Fehler begingund mich mit den Fehlern der anderen tröstete.Das fünfte Mal, als ich, aus Furcht gefügig geworden,behauptete, groß in der Geduld zu sein.Das sechste Mal, als ich meine Kleider hob,um dem Schmutz des Lebens zu entgehen.Das siebte mal, als ich Gott mit Hymnen priesund meinen Gesang für Tugend hielt.
"Meister, wie verhält es sich mitder Zeit?"Und er antwortete:"Ihr möchtet die Zeit messen, die dochohne Maß ist und unermeßlich.Ihr möchtet euer Handeln und selbstden Lauf eures Geistes nach Stundenund Jahreszeiten ordnen.Aus der Zeit möchtet ihr einen Flußmachen, von dessen Ufer aus ihr, in Muße,dessen Strömen betrachten könnt.Doch das Zeitlose in euch ist sich derZeitlosigkeit des Lebens bewußt.Und wer weiß, dass das Gestern nichtsals die Erinnerung des Heute und dasMorgen das, was das Heute erträumt.Und was in euch singt und gewahrt,wohnt nach wie vor in den Grenzen jenesersten Moments, der die Sterne imWeltraum verstreute.Wer von euch spürt etwa nicht, daßseine Fähigkeit zu lieben unbegrenzt ist?Und dennoch, wer empfindet nicht, daßeben diese Liebe, wenn auch unbegrenzt,doch restlos im Zentrum seines Wesensenthalten ist und sich nicht von Liebes-gedanken zu Liebesgedanken bewegt - nochvon Liebeshandlung zu Liebeshandlung?Und ist etwa Zeit nicht ganz so wie dieLiebe - ungeteilt und raumlos?Aber - wenn ihr schon die Zeit inGedanken nach Jahreszeiten bemessenmüßt, dann möge jede einzelne Jahres-zeit alle übrigen Jahreszeiten umfasssen.Und - das Heute umarme das Vergangenemit Erinnern und das Künftige mitSehnsucht!"